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Warum Elizabeth Warren kaum Chancen hat, Bidens Finanzministerin zu werden

Linke Demokraten sähen Warren oder Bernie Sanders gerne in mächtigen Ministerposten. Dass das schwer wird, liegt nicht nur an den Republikanern.

Es ist gerade zwei Wochen her, dass Joe Biden zum Sieger der US-Wahl erklärt wurde. Doch der Kampf um die Posten im Kabinett des künftigen demokratischen Präsidenten tobt bereits. Seinen Kabinettschef Ron Klain und seinen engeren Kreis im Weißen Haus hat Biden bereits benannt, als nächstes sollen die wichtigsten Minister folgen.

Der linke Flügel der Partei fordert dabei einen Tribut für die Unterstützung des Zentristen Biden im Wahlkampf. In den Vorwahlen kämpften mit den Senatoren Elizabeth Warren und Bernie Sanders zwei Stars des progressiven Flügels um die Nominierung.

Sanders gewann sogar eine Reihe von Vorwahlen gegen Biden, gab aber dennoch im April auf und unterstützte Biden – lange bevor seine Kandidatur hoffnungslos war. Die kurze Vorwahlsaison und die Einheit der Partei halfen Biden, sich früh im Wahljahr auf Trump einzuschießen.

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Nun fordern die Linken als Dank Zugeständnisse von Biden: Bernie Sanders sagte auf CNN, er würde den Posten als Arbeitsminister annehmen, böte Biden ihm diesen an. Elizabeth Warren ließ schon vor der Wahl streuen, dass sie gerne Finanzministerin in einer demokratischen Administration würde: „Sie will es“, zitierte die Nachrichtenseite Politico Ende Oktober zwei Vertraute der Senatorin aus dem liberalen Ostküstenstaat Massachusetts.

Warren wäre eine eindeutig linke Ministerin in einem Haus, das auch Demokraten in vergangenen Administrationen gerne mit Wall-Street-Flüsterern wie Timothy Geithner oder marktliberalen Ökonomen wie Larry Summers besetzten.

Warren besitzt hohe Fachkompetenz

Als Präsidentschaftsbewerberin forderte Warren eine dreiprozentige Vermögenssteuer für Milliardäre, befürwortet ein „Green New Deal“ genanntes Umwelt-Megainvestitionspaket und stimmte als eine von nur 13 Senatoren gegen die Ernennung von Jerome Powell an der Fed-Spitze.

Hohe Fachkompetenz ist Warren nicht abzusprechen. Warren begann ihre politische Karriere als Harvard-Juraprofessorin, die sich für eine Reform des Privatinsolvenzrechts einsetzte.

In der Finanzkrise führte sie einen Ausschuss, der die Auszahlung der Hilfen an Großbanken überwachte und wurde erste Chefin des „Consumer Financial Protection Bureau“ (CFPB), das Verbraucherschutz im Finanzsektor durchsetzen soll.

„Sie ist wahrscheinlich erfahrener im Management einer großen Behörde als jeder andere im Senat“, sagt der Politologe John Cluverius von der University of Massachusetts in Lowell dem „Boston Herald“. Trotzdem gibt Cluverius ihr kaum Chancen, weil der Senat jeden Minister bestätigen muss.

Die 71-Jährige sei für die Republikaner, die aktuell die Mehrheit halten, inakzeptabel „in jedem Amt, das jegliche regulatorische Kompetenz hat.“ Schon als CFPB-Chefin unter Obamas Finanzminister Geithner war sie der Schrecken der Wall Street. Auf das Finanzministerium hätte Warren dann keine Chance.

Gegenstimme aus dem eigenen Lager könnte Nominierung torpedieren

Es sei denn, die Mehrheit im Senat kippt. Mit Siegen in zwei Stichwahlen um die Senatssitze des Bundesstaates Georgia könnten die Demokraten im kommenden Senat, der über Bidens Kandidaten abstimmen wird, noch auf 50 Senatoren kommen. Weil die Vizepräsidentin ein Patt brechen kann, läge die entscheidende Stimme bei Kamala Harris.

Auch dann aber wäre eine Nominierung von Warren oder Sanders riskant. Dass Warren und Sanders als letzten Akt ihrer Senatskarriere für sich selbst stimmen müssten, wäre die kleinste Hürde – auch wenn es mit der Tradition bräche, sich in einem solchen Fall zu enthalten.

Problematischer dagegen: Eine einzige Gegenstimme aus dem eigenen Lager könnte die Nominierung torpedieren. Trotz der seit Jahrzehnten wachsenden Polarisierung haben die Demokraten noch eine Handvoll eher konservative Senatoren, die Vorbehalte gegen ihre linken Kollegen haben.

Und selbst eine erfolgreiche Ernennung von Warren oder Sanders wäre nicht das Ende der Probleme, sondern der Anfang eines ganz neuen, größeren: Gibt ein Senator seinen Sitz auf, ernennt der Gouverneur seines Staates einen Nachfolger. Sowohl Massachusetts als auch Sanders‘ Heimatstaat Vermont, obwohl zutiefst liberal, haben einen republikanischen Gouverneur.

Zwar sind Charlie Baker aus Massachusetts und Phil Scott aus Vermont erklärte Gegner von Donald Trump und weit links von ihrer Parteilinie. Scott stimmte bei der Wahl am 3. November für Joe Biden, Baker gilt sogar selbst als Ministerkandidat unter Biden, der mit moderaten Republikanern im Kabinett Brücken zur Opposition bauen will.

Trotzdem wäre der Druck auf die beiden republikanischen Gouverneure hoch, ihrer Partei mit den Ernennungen für die kritische Anfangszeit einer Biden-Regierung eine Mehrheit im Senat zu verschaffen. Zwar müsste sich ein ernannter Interims-Senator in beiden Staaten binnen Monaten einer Wahl stellen.

Aber auch das wäre keine sichere Sache für die Demokraten: Als im August 2009 mitten im Gesetzgebungsverfahren für Obamas Gesundheitsreform Senator Ted Kennedy starb, verloren die Demokraten seinen Sitz bei der Nachwahl überraschend an einen Republikaner und konnten „Obamacare“ deshalb nur mit Abstrichen durchsetzen. Erst zwei Jahre später gewann eine Demokratin den früheren Sitz des legendären jüngsten Kennedy-Bruders aus Massachusetts zurück: Elizabeth Warren.

Sanders hat bessere Chancen

Damit diese Finanzministerin werden kann, müssten also eine ganze Reihe von Eventualitäten eintreten und die Demokraten das Risiko eingehen, eine hauchdünne Senatsmehrheit selbst aus der Hand zu geben.

Sanders könnte etwas bessere Chancen haben, weil das Arbeitsministerium weniger im Zentrum steht und in der Vergangenheit häufig mit eher linken Köpfen besetzt war. Dennoch: Dass rechte Republikaner über Sanders, den selbst erklärten „demokratischen Sozialisten“, keinen „Confirmation Fight“ lostreten würden, ist fast unvorstellbar.

Ohnehin ist unwahrscheinlich, dass Biden schon mit der Wahl seiner Minister seinen Ruf als als Brückenbauer riskieren will. Nach den Zerrüttungen der Trump-Jahre wird Biden genau ausloten, für welche Kandidaten er sein politisches Kapital einsetzen will und für wen sich ein Kampf mit den Republikanern lohnt.

Die Risiken, die eine Warren- oder Sanders-Nominierung für die Demokraten im Senat bedeuten würden, könnten Biden aber ein gutes Argument geben, um die linken Ikonen bei der Kabinettsbesetzung zu übergehen und ihren Parteiflügel mit inhaltlichen Zugeständnissen zu befrieden oder der Nominierung von Politikern, die bei den Republikanern weniger kontrovers wären.

Trotz des Drucks auf dem linken Flügel gelten als Bidens Favoriten die in Deutschland geborene Zentralbankerin Lael Brainard, Ex-Fed-Chefin Janet Yellen und Roger Ferguson, ein Ex-Zentralbanker, der aktuell im Aufsichtsrat der Google-Mutter Alphabet sitzt. Historisch wären alle drei Ernennungen: Brainard und Yellen wären jeweils die erste Frau im Amt, Ferguson der erste Afro-Amerikaner.

Biden sagte am Donnerstag, er habe seinen Kandidaten bereits ausgewählt und will ihn um Thanksgiving herum, also Mitte bis Ende nächster Woche, bekanntgeben. Es werde jemand sein, der von „allen Teilen der Demokratischen Partei“ akzeptiert werden könne.