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Ein Jahr Corona: Wo Drosten und Co. recht hatten - und wo nicht

Hinterher ist man immer klüger, das gilt besonders bei einer sich rapide entwickelnden Pandemie. Doch wo lagen die Virologen mit ihren bisherigen Einschätzungen zu Covid-19 richtig?

Virologe Christian Drosten und Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf dem Weg zu einer Corona-PK in Berlin im Januar. (Bild: REUTERS/Fabrizio Bensch/Pool)
Virologe Christian Drosten und Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf dem Weg zu einer Corona-PK in Berlin im Januar. (Bild: REUTERS/Fabrizio Bensch/Pool) (Fabrizio Bensch / reuters)

Seit einem Jahr ist das Coronavirus auch in Deutschland angekommen. Seitdem versuchen Experten aus Medizin, Forschung und Politik, das Rennen gegen die Pandemie zu gewinnen. Und können oft doch nur Einschätzungen über die kommenden Entwicklungen abgeben. In der weltweiten Krise sind Virologen plötzlich zu Prominenten geworden. Nach ihrer Expertise entscheidet auch die Politik über Lockerungen und Einschränkungen und durch Podcasts und TV-Auftritte prägen sie das Stimmungsbild in der Bevölkerung maßgeblich mit. Dabei sind ihre Meinungen durchaus konträr. Selbst das inzwischen allgegenwärtige Maskentragen war zu Beginn auch unter Experten umstritten. Blickt man auf die vergangenen zwölf Monate zurück, lässt sich feststellen, in welchen Punkten die Virologen richtig lagen - und in welchen nicht.

Nur eine Grippe oder doch eine Pandemie?

Das Redaktionsnetzwerk Deutschland hat die verschiedenen Phasen der Corona-Pandemie rückblickend betrachtet und sich angeschaut, wie die Prognosen der Experten zum jeweiligen Zeitpunkt aussahen und welche eingetroffen sind. Die Virologen Christian Drosten, Hendrik Streeck und Robert Koch-Institut (RKI)-Präsident Lothar Wieler gehören zu den wichtigsten Stimmen in der Pandemie. Doch auch sie lagen nicht alle von Beginn an richtig in der Einschätzung von Sars-CoV-2.

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Corona: Wie saisonale Effekte auf das Virus wirken

Wieler vermutete Mitte Februar 2020, das Virus würde lediglich eine "schwere Grippewelle" auslösen. Auch andere Fachleute unterschätzen die Auswirkungen und hielten Covid-19 für vergleichbar mit einer gewöhnlichen Influenza. Viele waren überzeugt, dass sich eine Pandemie vermeiden ließe, auch wenn bereits klar war, dass das Virus aus Asien nach Europa und auch nach Deutschland gelangt war. Auch der Bonner Virologe Hendrik Streeck zeigte sich optimistisch, die Welle stoppen zu können und das Virus "komplett einzudämmen". Anders sah es Christian Drosten, der schon früh vor den möglichen Auswirkungen warnte, die auch das Deutsche Gesundheitssystem überlasten würden.

Langer Verzicht oder schnelle "Durchseuchung"?

Als sich das Virus dann ab März in Deutschland verbreitete, war wiederum die Einschätzung zu der richtigen Vorgehensweise durchaus unterschiedlich. Auch wenn die Absage von Großveranstaltungen generell auf Zustimmung bei den Experten stießen, waren andere Maßnahmen wie Schulschließungen unter den Experten umstritten. Auch Drosten hält die Maßnahme damals für verfrüht. Einige Mediziner, wie der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, plädieren für das Prinzip der "Durchseuchung". Drosten prognostiziert in einem Stern-Interview, man werde lange auf "Dinge, die schön sind, aber nicht systemrelevant" verzichten müssen. Damit sollte er recht behalten.

Twitter-Zoff zwischen Böhmermann und Streeck: "Verschwörungstheorie ist doch nicht ihr Niveau"

Doch Hendrik Streeck glaubt nach der relativ glimpflich verlaufenen ersten Welle noch, es könne sein, dass die Sterberate 2020 am Ende nicht höher sei, als in anderen Jahren. Man solle das Virus nicht überschätzen. Wenige Monate später zeigt sich, dass eher die mahnenden Experten richtig lagen und eine zweite Welle im Herbst auf Deutschland zu rollt. Auch die Sterberate ist nach den heutigen Erkenntnissen um mindestens fünf Prozent gestiegen.

Der Virologe Hendrik Streeck, hier zu Gast bei Günther Jauchs Jahresrückblick, ist ebenfalls eine wichtige Stimme in der Einschätzung zur Corona-Lage, auch wenn seine Meinung oft von der seiner Kollegen abweicht. (Bild: Andreas Rentz/Getty Images)
Der Virologe Hendrik Streeck, hier zu Gast bei Günther Jauchs Jahresrückblick, ist ebenfalls eine wichtige Stimme in der Einschätzung zur Corona-Lage, auch wenn seine Meinung oft von der seiner Kollegen abweicht. (Bild: Andreas Rentz/Getty Images) (Andreas Rentz via Getty Images)

Zweifel an der zweiten Welle

Doch der Sommer mit niedrigen Zahlen und zahlreichen Lockerungen bringt zunächst nicht die unter anderem von Drosten befürchteten steigenden Infektionszahlen. Das RKI warnt sogar vor einer zweiten Welle ab Juli, doch sie bleibt zunächst aus. Streeck geht da von kleineren lokalen Ausbrüchen aus, glaubt aber nicht, dass eine zweite Welle kommen wird, auch Drosten hofft in einem Spiegel-Interview, ohne einen zweiten Shutdown auskommen zu können. Nach den Sommerferien mahnt er wieder, man müsse nur auf die Nachbarländer gucken, um zu sehen, was auf Deutschland im Herbst zukomme. Frankreich hat zu diesem Zeitpunkt schon wieder eine sehr hohe Inzidenz. Die Hoffnung auf einen Winter ohne zweite Welle erwies sich als falsch, spätestens nach den Herbstferien steigen die Zahlen wieder exponentiell in ganz Deutschland an.

Der "Lockdown Light" als Fehleinschätzung

Die Reaktion darauf ist nicht ausreichend, der sogenannte "Lockdown-Light" verhindert nicht, dass die Zahlen steigen, obwohl zum Beispiel die Virologin Sandra Ciesek davor gewarnt hatte und härtere Maßnahmen forderte. Doch dagegen stemmen sich nicht nur die Wirtschaft, sondern auch andere Experten. Gassen hält eine pauschale Lockdown-Regelung für "weder zielführend noch umsetzbar." und auch Streeck bevorzugt eine andere Strategie, Ende Oktober halte er einen Shutdown für zu früh, sagt er in der Süddeutschen Zeitung. Stattdessen sollten lieber Risikogruppen gezielt geschützt werden. Doch beide Strategien werden nicht konsequent umgesetzt und die Zahlen steigen bis Weihnachten auf Rekordniveau. Am Ende des Jahres sind 39.000 Menschen an oder mit Corona in Deutschland gestorben, bis jetzt hat sich diese Zahl in den ersten drei Monaten 2021 fast verdoppelt auf knapp unter 75.000.

Bis heute bleiben die Ansichten der Virologen und Medizin-Experten geteilt, wie der beste Umgang mit der Pandemie aussehen könnte. Während sich einige der "Zero Covid" Praxis zugewandt haben, die einen kompletten Lockdown aller Lebensbereiche vorsieht, stehen andere eher für eine graduelle Öffnung und ein "Leben mit dem Virus". Auch Gesundheitsminister Jens Spahn hält "Zero Covid" in Deutschland nicht für umsetzbar.

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Während die Impfungen schleppend vorangehen und sich die Intensivstationen auch dank der Mutationen wieder füllen, hat Deutschland auch in der Dritten Welle noch keine zielführende Strategie entwickeln können. Intensivmediziner fürchten eine zugespitzte Lage spätestens zu Ostern. Auch Drosten warnte jüngst vor einer Situation im April, die mit der vor Weihnachten vergleichbar ist. Bisher lässt sich festhalten, die eher vorsichtigen Mahner unter den Virologen behielten im Rückblick meist recht.

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