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Digitaler Unterricht: In Deutschland funktioniert keine Lernplattform problemlos

Trotz der Erfahrungen aus dem ersten Lockdown hapert es beim digitalen Lernen. Fast die Hälfte der Schulen hat noch immer kein schnelles Internet.

In keinem Bundesland funktioniert die digitale Lehre reibungslos. Foto: dpa
In keinem Bundesland funktioniert die digitale Lehre reibungslos. Foto: dpa

Bis Ende Januar lernen in ganz Deutschland zumindest die Schüler der weiterführenden Schulen nahezu ausschließlich digital, teilweise sogar die Abschlussklassen. Doch trotz der Erfahrung im Frühjahrs-Lockdown und technischer Aufrüstung funktionieren die diversen Schul-Plattformen mehr schlecht als recht.

In Bayern hatte Ministerpräsident Markus Söder seinen Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) bereits im Dezember gemahnt, die Plattform Mebis müsse nächste Woche endlich funktionieren. Piazolo machte sich nun mit der Bitte an die Schüler zum Gespött, sich am kommenden Montag doch bitte nicht alle gleichzeitig einzuloggen. Die Opposition ruft schon nach Rücktritt.

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Piazolo, der auch schon angeregt hat, Lehrer sollten Schüler doch auch einfach „mal anrufen“, gibt sich gelassen: Dass mal etwa nicht so funktioniere, sei ja normal. Seine Parteifreunde fragen derweil, was denn eigentlich die CSU-Digitalministerin Judith Gerlach so treibe.

In Berlin war am Montagmorgen, pünktlich zum Unterrichtsstart, die Onlineplattform Lernraum Berlin zusammengebrochen. Die Probleme mit der Digitalisierung sind offenbar auch ein entscheidender Grund, warum der Regierende Bürgermeister und die Schulsenatorin trotz Pandemie so schnell wie möglich zum Präsenzunterricht zurückwollen.

Zwar hat das Land schon voriges Jahr 50.000 Laptops verteilt. Auf denen könnten „die gelangweilten Schüler ja dann daddeln, während sie warten, dass der Lernraum wieder lädt“, ätzt der Berliner „Tagesspiegel“.

Die Senatsverwaltung hat den Schulen nun versprochen, dass sie zusätzlich bald das System „its learning“ nutzen dürfen, das die Nordländer verwenden. Das in Schleswig-Holstein als „sh.its-learning“ verspottete Programm läuft deutlich besser. Allerdings auch nicht optimal, sodass viele Schulen im Norden wie bundesweit auf den privaten Anbieter IServ umgestiegen sind.

Unterricht in 20-Minuten-Häppchen

Doch auch der hilft nicht, wenn die Server der einzelnen Schulen überlastet sind, hieß es im Hamburger Senat schon vor Weihnachten. Zumindest acht Schulen des Landes hätten noch immer veraltete Serverhardware, die nun durch die vielen Nutzer „bis zur Unbenutzbarkeit verlangsamt“ würden.

Die Folge sind dann Rationierungen: Elternbriefe, wonach die 5. Klasse von 8:00 bis 8:20 Uhr Zugriff hat, die 6. dann bis 8.40 Uhr, die 7. von 8.40 bis 9 Uhr und so weiter. „Bitte teilen Sie Ihren Kindern ihren Log-in-Zeitraum mit“, bittet die Rektorin. Unterricht in 20-Minuten-Häppchen, mehr geht offenbar nicht. „Absurd“ findet das der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger.

Auch in Rheinland-Pfalz stöhnen Schüler, Eltern und Lehrer, weil die vom Land bereitgestellten und empfohlenen Internetplattformen Moodle und Big Blue Button nicht richtig funktionieren. Als zum Schulstart am 4. Januar noch ein Hacker-Angriff dazukam, ging vielerorts gar nichts mehr.

Und es sind nicht nur die Plattformen: Noch immer haben gut die Hälfte der 40.000 Schulen kein schnelles Internet, schätzt Lehrerverbands-Chef Meidinger.

Es gebe aber derzeit ohnehin bundesweit „keine Plattform, die ruckelfrei läuft – auch die vom Bund geförderte Schulcloud des Hasso-Plattner-Instituts nicht“. Und je größer die Länder, desto größer seien die Probleme.

Private Alternativen rufen Datenschützer auf den Plan

Das sei auch nicht verwunderlich, denn „keine der verfügbaren Plattformen war jemals dafür konzipiert, dass gleichzeitig alle Schüler zugreifen“. Bayerns System Mebis sei zwar seit März von 4 auf 36 Server aufgerüstet worden, war aber vor Weihnachten zu Beginn des neuen Lockdowns wieder stundenlang nicht erreichbar, erzählt Meidinger, der bis vor Kurzem ein bayrisches Gymnasium leitete. „Das ist natürlich total nervig für Schüler und Lehrkräfte.“

Außerdem hätten alle staatlichen Schulplattformen „entweder gar kein oder kein vernünftiges Videotool“. Viele Schulen, vielleicht sogar die Mehrheit, seien daher auf private Anbieter oder lokale Lösungen umgestiegen – „allein auf das Programm MS Teams nach unseren Schätzungen mehr als 6000“. Das funktioniert, macht jedoch Probleme mit dem Datenschutz – wenn auch nicht so viele wie Zoom. Manche Datenschützer drohen Schulen daher mit Klagen gegen die Nutzung.

Der Lehrerverband fordert die Bundesländer auf, gemeinsam doch „noch einmal zusammen mit dem Bund einen Anlauf zu unternehmen für eine deutschlandweite Bildungscloud mit einer funktionierenden bundesweiten Lernplattform“. Das würde die einzelnen Länder nicht daran hindern, diese landes- und schulartspezifisch noch sinnvoll zu ergänzen.

„Außerdem müssen Länder und Kommunen den Turbo anwerfen bei der Versorgung der Schulen mit schnellem Internet“, fordert Meidinger. „Das muss jetzt absolute Priorität haben.“

Geld fehlt nicht: Der Bund hatte schon 2018 fünf Milliarden Euro für den Digitalpakt angeboten, der Vertrag mit den Ländern kam dann erst Mitte 2019 zustande. „Ich schätze, seither sind maximal zehn Prozent bewilligt und davon wiederum nur ein Bruchteil an den Schulen angekommen“, sagt Meidinger. Neue offizielle Zahlen gibt es nicht.

Der langsame Abfluss liege aber auch daran, dass der Digitalpakt ein „Bürokratiemonster“ sei: „Erst dauerte es 2019 ein halbes Jahr, bis die Förderrichtlinien der Länder angepasst wurden, dann mussten die Schulen Medienkonzepte vorlegen, die später wieder erlassen wurden, viel musste europaweit ausgeschrieben werden“, berichtet Meidinger.

„Die Kommunen waren auch personell teilweise völlig überfordert. Dazu kommt die typisch deutsche Angst vor Fehleinkäufen – dann lieber nichts bestellen.“ Einige seien allerdings flexibler als andere gewesen: „In Sachsen hat es sehr geholfen, dass das Land kurz entschlossen die Gelder des Bundes vorgestreckt hat.“