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Diese Startups mussten 2023 bereits Insolvenz anmelden

Gescheiterte Runden und Uneinigkeit unter Investoren: Die Finanzierungsnot treibt Tech-Startups zu Beginn des Jahres in die Insolvenz. - Copyright: Getty Images/ J Studios
Gescheiterte Runden und Uneinigkeit unter Investoren: Die Finanzierungsnot treibt Tech-Startups zu Beginn des Jahres in die Insolvenz. - Copyright: Getty Images/ J Studios

Das Jahr 2023 ist gerade mal 83 Tage alt – für viele deutsche Firmen hätten die ersten drei Monate dabei nicht ungünstiger laufen können. Die Altlasten aus den vergangenen Monaten – die Zurückhaltung bei Investoren, fehlendes Kapital, brüchige Bewertungen und steigende Energiekosten – werden bei Startups nun durch Insolvenzanmeldungen sichtbar.

Damit haben die massenhaften Personalkürzungen bei Tech-Firmen in den vergangenen Wochen wohl nicht gereicht. Laut Statistischem Bundesamt ist die Zahl der Firmenpleiten im Januar im Vergleich zum Vormonat zwar um 3,2 Prozent zurückgegangen. Allerdings gibt die Behörde an, dass der tatsächliche Zeitpunkt des Insolvenzantrags oft etwa drei Monate früher liegt, da die Verfahren erst mit der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts in den Daten erfasst werden.

Somit könnte sich der Trend steigender Geschäftsaufgaben aus den Monaten November und Dezember statistisch gesehen erst einmal weiter fortsetzen. Eine Insolvenzwelle sei laut dem Berufsverband der Insolvenzverwalter dennoch nicht zu befürchten. Eher normalisiere sich das Geschehen im langjährigen Vergleich wieder.

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In der Startup-Szene betreffen die aktuellen Pleiten keine spezifischen Branchen, sondern ziehen sich von Software, über Lebensmittel-Lieferdienste bis hin zu Finanz- und Investmentanbietern. Die Krise hat einige Startups aus Berlin getroffen, aber auch Firmen aus München, Hamburg und Köln mussten Insolvenz anmelden. Wir haben euch die jüngsten Startup-Insolvenzen rausgesucht.

Januar

  • Ruuky: Die Hamburger Neobank, zunächst bekannt unter dem Namen Pockid, wollte mit einer Konto-App für Teenager, den Umgang mit Geld und Erspartem näherbringen. Weshalb andere Banken wie N26 dieses Geschäftsfeld allerdings nicht bespielten, ist auch der Grund, der das Fintech im Januar 2023 in die Insolvenz trieb: Zu geringe Einkünfte und Ausgaben der Kunden, an denen Ruuky mitverdienen konnte. Zwar hatten die Gründer ihr Geschäftsmodell im vergangenen Jahr überarbeitet und die Zielgruppe auf Studienanfänger und Berufseinsteiger erweitert. Neue Features wie Sparpläne und ein News-Feed sollten etwa die Verweildauer bei Ruuky erhöhen. Doch von den Investoren, darunter Cavalry Ventures und Vorwerk Ventures, war niemand bereit, seinen Einsatz zu erhöhen. Bislang hatte das Fintech rund vier Millionen Euro Risikokapital aufgenommen. Ende März wurde Ruuky an die IT-Firma Blau Direkt weiterverkauft.

  • Boom Investments: Exklusive Informationen, über die nur Hedgefonds und Investmentbanken verfügen, wollte das das Berliner Fintech mithilfe von Analyse-Tools an Kleinanleger weitergeben. Gerade mal ein Jahr nach der Gründung meldete Boom Investments allerdings Insolvenz an. Genauere Hintergründe dazu machte das Startup nicht publik.

  • Fraugster: Das Berliner Startup hat eine KI-basierte Software entwickelt, die Betrug bei Zahlungsvorgängen in E-Commerce-Firmen verhindert und Daten bei Transaktionen in Echtzeit analysiert und speichert. Insgesamt sollen das Unternehmen seit der Gründung im Jahr 2014 rund 20 Millionen Euro Risikokapital eingesammelt haben. Trotz namhafter Investoren, darunter Commerzventures, Earlybird und Speedinvest konnte die Firma keine neue Finanzierungsrunde erfolgreich abschließen. Im Januar 2023 meldete sich Fraugster daher insolvent. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde der Rechtsanwalt Sebastian Laboga bestellt. Dieser wird die Gründer Max Laemmle und Chen Zamir nun bei der Suche nach neuen Kapitalgebern unterstützen.

  • Zenloop: Eigentlich sollte ein Wandeldarlehen von 500.000 Euro der Software-Startup Zenloop im Januar helfen, bis April die Zeit zu überbrücken. Dann sollte die zweite Firma der Flaconi-Gründer Paul Schwarzenholz und Björn Kolbmüller profitabel sein. Nach dem Parfümversand hatten die Studienfreunde ein Tool entwickelt, mit dem Unternehmen ihr Kundenfeedback auswerten können. Die Investoren, darunter die VC Signals, Nauta Capital und Piton Capital, konnten sich jedoch nicht bei der Geldsumme einig werden. Die Folge: Zenloop-Chef Schwarzenholz musste Mitte Januar Insolvenz beantragen. Zuvor hatte er bereits rund 60 Beschäftigte entlassen müssen. Ende März fand das Tech-Unternehmen schließlich einen Käufer.

  • Wunderagent: Das Startup Wunder Agent hilft Kunden dabei, in Immobilien zu investieren und berät bei Anlageschritten, wie der Finanzierung von Wohnhäusern. Zudem übernimmt das Startup Verwaltungsaufgaben, etwa bei der Vermietung von Immobilien und kümmert sich um den Verkauf. im Januar musste die Firma, die 2014 von Matti Biskup und Andre Torkler gegründet wurde, allerdings Insolvenz anmelden. Im Jahr 2021 erzielte Wunder Agent noch einen Gewinn über 150.000 Euro. Fehlendes Kapital und möglicherweise auch die derzeitige Flaute am Immobilienmarkt scheinen das Startup aber unter Druck gesetzt zu haben.

  • Paul Valentine: Das Modeschmuck-Startup Paul Valentine aus Mannheim will mit eleganten Uhren, Halsketten, Ohrringen und funkelnden Ringen aus Edelstahl vor allem die Instagram-affine Zielgruppe ansprechen. Doch die Corona-Jahre haben dem Startup, das die Geschwister Marlene und Paul Franzreb 2015 gegründet haben, zugesetzt: Die Umsätze sanken um acht Millionen bei gleichzeitig hohen Verlusten. Seit 2021 wurden Sanierungsmaßnahmen eingeläutet und ein neues Finanzierungskonzept erstellt. Demnach sollen nun externe Investoren gesucht werden. Dennoch musste das Geschwisterpaar Ende Januar 2023 einen Antrag zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen. Laut dem Insolvenzverwalter Dietmar Haffa gebe es Interessenten, die Anteile an Paul Valentine übernehmen würden.

Februar

  • Avocargo: Ein unkompliziertes App-Ausleih-System von E-Lastenfahrrädern in deutschen Städten – das wollten die Gründer Matti Schurr, Marc Shakory Tabrizi und Loic Pinel im Jahr 2021 von Berlin aus schaffen. Den aufkommenden Trend der Cargobikes nach Corona wollte sich das Trio damit zu Nutze machen und sammelte für Avocargo nach eigener Aussage „mehrere Millionen Euro“ bei Investoren in insgesamt zwei Finanzierungsrunden ein. Nach dem Start der E-Lastenrad-Flotten in Berlin und München, rund 25.000 Ausleihen und eine geplatzten Finanzierungsrunde später folgte Anfang Februar 2023 jedoch der Insolvenzantrag. Aus der geplanten bundesweiten Expansion und lukrativen Lastenfahrrad-Deals mit Geschäftskunden wurde scheinbar nichts.

  • Yababa: Die Kapital-Krise hat auch den Online-Supermarkt Yababa geschluckt, der Anfang Februar bei Gericht Insolvenz anmelden musste. Dieser hatte mit dem Fokus auf türkischen und arabischen Spezialitäten wie Halal-Fleisch, Baklava und scharfen Gewürzen eine Nische im Quick-Commerce-Markt gefunden. Sogar die Profitabilität soll kurz bevorgestanden haben. Doch zu einer neuen Finanzierungsrunde kam es nicht. Nun liegt die Zukunft Yababas erstmal in den Händen des Insolvenzverwalters Niklas Lütcke.

  • Deutsche Fensterbau: Der hohe Bedarf an Handwerkern hat der Berliner Firma nichts genützt – auch sie mussten sich Anfang des Jahres 2023 insolvent melden. Die Plattform bietet Kunden einen Rundum-Service für die Montage neuer Türen und Fenster. Nach einer telefonischen Beratung schickt das Startup geprüfte Handwerker aus der Umgebung vorbei. Gegründet wurde Deutsche Fensterbau im Jahr 2014 von Ivo Vorrath und Edward Postnikov. Als Investoren hatten die Gründer unter anderem die Beteiligungsgesellschaft Turi Holding, RI Digital Ventures von Verleger Dirk Ippen und der Immobilienverwaltung Raffay sowie den Viessmann-Investmentarm Vito One und STS Ventures aus Köln an Board. Bis Ende 2019 sammelte das Startup rund acht Millionen Euro ein.

  • Naughty Nuts: Das Kölner Food-Startup, das vegane Bio-Nuss-Aufstriche wie Erdnuss, Mandel- und Cashewmus in verschiedenen Varianten, etwa mit Zimt, Espresso, Kakao und Erdbeere anbietet, ist seit Anfang des Jahres insolvent. Die Studienfreunde Benjamin Porten und Lorenz Greiner haben das Startup 2020 gegründet. Mit ihrem Produkt konnten sie einst bekannte Food-Investoren wie das Berliner VC Foodlabs, Bitburger Ventures, Döhler Ventures und namenhafte Business Angels, wie die Just-Spices-Gründer Ole Strohschnieder und Béla Seebach überzeugen. Gemeinsam investierten sie zuletzt eine siebenstellige Summe in Naughty Nuts. Obwohl es die Brotaufstriche in die Supermärkte geschafft haben, reichten die Verkaufszahlen scheinbar nicht, um in die Gewinnzone zu kommen.

  • Banovo: Auch beim Startup Banovo scheiterte das Geschäft nicht am Fachkräftemangel bei Handwerkern, sondern an einer ausbleibenden Finanzierung: Mitte Februar mussten die Gründer Mareike Wächter und Dirk Günther ihr Startup insolvent melden, da die Verhandlungen mit den Gesellschaftern nicht erfolgreich verliefen. Zum Investorenkreis gehörten etwa der Risikokapitalfonds HW Capital des Interhyp-Gründers Robert Haselsteiner sowie Business Angels wie McMakler-Gründer Felix Jahn und Henrich Balse von Check24. Über Banovo können Kunden ihr Badezimmer nach ihren Vorstellungen digital designen lassen. 2022 erwirtschaftete Banovo einen Umsatz von 12,5 Millionen Euro.

  • Sleeperoo: Übernachtungen in Schlafkapseln auf Alpakafarmen, Weingütern und an der Ostsee bietet das Tiny-House-Startup Sleeperoo an. Trotz Buchungen ließen sich die hohen Ausgaben offenbar nicht mehr stemmen. So hat die Gründerin Karen Löhnert ihr Startup Ende Februar insolvent gemeldet, weil ein geplantes Investment nicht zustande kam. Als Insolvenzverwalter wurde Finn Peters von der renommierten Kanzlei Baker Tilly bestellt. Er soll nun bis Mitte März einen Käufer finden, der Sleeperoo weiterführt – und damit die Sommersaison sichert. Bekannt wurde das Startup durch einen Auftritt in der TV-Show „Die Höhle der Löwen“ im Jahr 2018. Investorin Dagmar Wöhrl stieg zunächst in Löhnerts Firma ein, gab ihre Anteile allerdings wenige Monate später zurück: Die Vorstellungen bei der künftigen Ausrichtung des Startups gingen zu weit auseinander. Stattdessen ist inzwischen die norddeutsche Private-Equity-Firma UEBF an Sleeperoo beteiligt.

März

  • Totoli: Nur drei Monate nach dem Launch der Kleinkinder-App Totoli muss Gründer Philipp Hartmann um die Zukunft seines Startups bangen. Zusammen mit Adham El Muntasser und Entwicklerin Steinunn Arnardottir hatte der frühere Pitch-COO zwei Jahre daran gefeilt, eine App zu bauen, in der Kinder kurze Videoclips schauen und Lernspiele spielen können. Eltern können die Bildschirmzeit vorab festlegen, danach schaltet sich die App aus. Doch die Nutzer blieben weitgehend fern – das Abo-Modell ging nicht auf: Im März 2023 musste Hartmann Insolvenz anmelden. Bis zuletzt hatte sich die Tech-Firma noch mit einer siebenstelligen Kapitalspritze durchgeschlagen. Den Betrag hatten Business Angels und VCs, darunter Blueyard Capital aus Berlin und Unternehmer wie Eyeem-Gründer Florian Meissner, 2021 in das Projekt investiert. Der Insolvenzverwalter Philipp Hackländer kümmert sich nun darum, Interessenten für eine Übernahme zu finden. Der Betrieb von Totoli soll zunächst weiter laufen.

  • Alpakas: Alpakas war als Öko-Alternative zum Schnell-Lieferdienst Gorillas angetreten. Das Berliner Startup fuhr Einkäufe in Lastenrädern aus und verpackte seine Einkäufe in Mehrweggläsern. Ein verlustreiches Geschäft, das Investoren nicht länger finanzieren wollten. Weil eine Investmentrunde platze, sah sich Alpakas Ende März gezwungen, Insolvenz anzumelden. Hinter der Berliner Firma stecken Tomy Eitner, Simon Chorzelski und Antony Roczek, die mit ihrem Lieferdienst 2021 an den Start gingen. Geld hat Alpakas von VCs wie Vorwerk Ventures Foodlabs erhalten.

  • Disco Eat: Das Gastro-Startup steckte 2019 schon einmal im Insolvenzverfahren. Damals ging die Firma mit Geld von Rocket Internet an den Start, um Tische in Restaurants außerhalb der Stoßzeiten zu vermitteln. App-Nutzer haben für die Reservierung dann Rabatt erhalten. Mithilfe von 468 Capital und anderen Investoren versuchten es CEO Moritz Heininger erneut – und scheiterte erneut. Im März hat Disco Eat einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt.

  • Quofox: Das Berliner Startup Quofox bietet Firmen gegen Gebühr eine Art Baukasten für Online-Trainings von Mitarbeitenden an. Diese können sich dann über Kursmodule etwa zu Themen wie Arbeitsschutz, Projektmanagement und Programmiersprachen weiterbilden. Eine der prominenten Investorinnen ist Business-Influencerin Tijen Onaran. Weil eine Finanzierungsrunde scheiterte, trat die Quofox-CEO Nele Mletschkowsky Ende März jedoch den Gang zum Amtsgericht an.

  • Knister: Das Münchner Startup Knister hat einen Grill entwickelt, der sich auf dem Fahrradlenker transportieren lässt. Gründerin Carolin Kunert brachte ihr Produkt vor fünf Jahren mithilfe einer Crowdfunding-Kampagne auf den Markt. 2020 holte sie einen Business Angel ins Unternehmen. Ende März 2023 nun die Hiobsbotschaft: Knister muss Insolvenz anmelden.

Dieser Artikel wurde zuerst im Februar veröffentlicht und hier regelmäßig aktualisiert.