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Diese Fragen sind nach dem Deal im Handelsstreit noch offen

Der US-Präsident feiert das Teilabkommen als Durchbruch. Aus China und Deutschland kommen verhaltene Stimmen. Denn entscheidende Themen wurden ausgespart.

Am 12. Oktober wird in den USA traditionell der „National Farmer’s Day“ gefeiert. In diesem Jahr hatte US-Präsident Donald Trump nicht nur Lob für die amerikanischen Landwirte parat, sondern auch einen Tipp: „Denkt darüber nach, größere Traktoren anzuschaffen!“, twitterte Trump zum Nationalfeiertag. Denn der Deal, den er soeben mit China abgeschlossen habe, sei der „großartigste und größte“ Deal, der je für die amerikanischen Bauern in der Geschichte des Landes gemacht wurde.

Am Freitag hatte der US-Präsident nach einem Treffen mit dem chinesischen Vizepremier Liu He im Weißen Haus ein Teilabkommen zur Beendigung des seit eineinhalb Jahren andauernden Handelskriegs mit China verkündet. Die für den morgigen Dienstag geplante Erhöhung bereits existierender Strafzölle auf chinesische Importe von 25 auf 30 Prozent wird zumindest ausgesetzt. Eine gute Nachricht für Märkte, Investoren, Konsumenten, Landwirte und Unternehmen.

Laut Trump verpflichtet sich China, Agrarprodukte im Wert von 40 bis 50 Milliarden Dollar einzukaufen. Darauf hatte die US-Regierung gedrängt, denn amerikanische Bauern leiden unter den chinesischen Vergeltungszöllen auf Soja, Rindfleisch und Mais. Washington wirft Peking außerdem vor, dass es ausländische Unternehmen vor dem Marktzugang dazu zwingt, Wissen und Innovationen preiszugeben.

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Hier habe es eine Annäherung gegeben, erklärte Trump: China wolle geistiges Eigentum besser schützen. Darüber hinaus hatte Peking am Freitag bekanntgegeben, dass ausländische Finanzdienstleister ab 2020 volle Kontrolle über ihre Geschäfte in China beantragen können.

Schon Ende September erhielt Paypal die Erlaubnis, die Mehrheit am chinesischen Zahlungsanbieter Gopay zu kaufen, und erhielt damit als erstes ausländisches Unternehmen Zugang zu diesem Markt. Amerikanische Finanzdienstleistungsunternehmen hatten seit Jahren um einen besseren Zugang auf den chinesischen Markt gedrängt.

Nähere Details zu der Einigung gab das Weiße Haus nicht bekannt, auch wurde der vereinbarte Rahmen nicht schriftlich veröffentlicht. Laut Trump werde man das in den kommenden drei Wochen nachholen.

Entsprechend vorsichtig äußerten sich deutsche Wirtschaftsvertreter: „Nach den zahlreichen Kapriolen des US-Präsidenten vor und zurück bleibt erst einmal ein gesundes Stück Skepsis, was diese Teileinigung wert ist“, sagte der Präsident des Groß- und Außenhandelsverbands BGA, Holger Bingmann.

Auch die chinesische Seite hört sich weniger euphorisch an als der US-Präsident. Die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua sprach von „substanziellen Fortschritten“, hütete sich aber davor, die neuesten Entwicklungen als einen „Deal“ oder ein „Abkommen“ zu bezeichnen.

Auch Trump hatte erklärt, es gehe nur um „Phase eins“ eines umfassenden Abkommens. Die Chamber of Commerce, die größte amerikanische Lobbyorganisation für Unternehmer, sprach am Freitag von einem „Hoffnungsschimmer“. Und der Handelsexperte Edward Alden von der Denkfabrik Council on Foreign Relations twitterte: „Für den Moment wurde sehr viel versprochen, aber wenig vorgelegt. Trotzdem ist ein Waffenstillstand besser als eine weitere Eskalation.“

Zwar ist es ein Erfolg, dass es nach insgesamt 13 Gesprächsrunden, verteilt über eineinhalb Jahre, überhaupt eine Annäherung gibt. Aber: „Diese Vereinbarung adressiert keine der Hauptursachen, die dem Handels- und Wirtschaftskonflikt zwischen diesen zwei Ländern zugrunde liegen“, kritisiert Eswar Prasad, der früher in der Chinaabteilung des Internationalen Währungsfonds (IWF) gearbeitet hat und inzwischen an der Cornell University forscht.


Viele Streitthemen bleiben ungelöst

So ist bisher unklar, wie genau die Vereinbarungen umgesetzt werden sollen und mit welchen Mechanismen die USA garantieren wollen, dass China sich auch tatsächlich an seine Versprechen hält. Diese Frage hatte in der Vergangenheit bereits einmal zu Verwerfungen geführt. So hatten die Verhandlungen nach Trumps Angaben schon im Frühjahr kurz vor einem Durchbruch gestanden. Doch dann warf der US-Präsident Peking vor, bereits getätigte Zusagen wieder zurückgenommen zu haben.

Viele Streitthemen bleiben ungelöst. Ein großer Knackpunkt sind etwa chinesische Subventionen und Steuervergünstigungen für staatseigene Unternehmen, ob im produzierenden Gewerbe oder in der Hightech-Branche. Chinesische Firmen haben dadurch nicht nur einen Wettbewerbsvorteil, sondern fördern auch eine Überproduktion, was zu Dumpingpreisen auf dem Weltmarkt führt.

Im August hatte das Weiße Haus zudem China erstmals offiziell der Währungsmanipulation bezichtigt, auch hier erwartet Washington Entgegenkommen. China fordert im Gegenzug, dass die Strafzölle komplett aufgehoben werden.

Ungelöst ist auch der Konflikt um den chinesischen Telekommunikationsausrüster Huawei. Die US-Behörden hatten das Unternehmen im Mai unter Hinweis auf Sicherheitsbedenken auf eine schwarze Liste von Firmen gesetzt, mit denen amerikanische Unternehmen nur mit Erlaubnis der US-Behörden Geschäfte machen dürfen. Trumps Chefunterhändler Robert Lighthizer dämpfte die Erwartungen, dass sich daran etwas ändert: „Huawei ist nicht Teil dieser Vereinbarung. Das ist ein separater Prozess.“

Zwar werden die Zölle nun nicht wie angedroht weiter erhöht. Doch die aktuellen Strafzölle in Höhe von 25 Prozent auf chinesische Waren im Wert von 250 Milliarden Dollar bleiben vorerst bestehen. Auch niedrigere Zollsätze auf Waren im Wert von 110 Milliarden Dollar lassen die USA unverändert. Für Dezember hatte Washington zudem weitere Zölle auf Konsumgüter im Wert von 160 Milliarden Dollar angekündigt. Laut dem US-Handelsbeauftragten Lighthizer gibt es noch keine Entscheidung, wie damit verfahren werden soll. Von einem Durchbruch, der Lieferketten und Investoren langfristig beruhigt, kann man also noch nicht sprechen.

Boeing als großer Profiteur?

Offen ist bisher auch, inwieweit die jetzige Teileinigung auf Kosten europäischer Firmen gehen wird. Neben den neuen Absatzchancen für Amerikas Landwirte hatte Trump auch andere Aspekte des Deals als „großartig“ bezeichnet und etwa die Bereiche Technologie und Finanzdienstleistungen genannt. So könne die Einigung mit China dem Flugzeughersteller Boeing zusätzliche Aufträge über 16 bis 20 Milliarden Dollar bescheren, twitterte der Präsident.

Ein Konzernsprecher wollte die Äußerung nicht kommentieren. Laut Boeings eigenen Berechnungen wird China aber bald der größte Luftfahrtmarkt der Welt sein und in den nächsten 20 Jahren mehr als 8000 neue Flugzeuge im Wert von fast drei Billionen Dollar benötigen. Bisher hatte Peking jedoch die Aufträge immer gleich zwischen Boeing und seinem europäischen Wettbewerber Airbus aufgeteilt.

Fakt ist, dass der Handelsstreit bereits Spuren auf dem Weltmarkt hinterlässt. In dieser Woche warnte die neue IWF-Chefin Kristalina Georgiewa vor einem globalen Abschwung. Würden die Strafzölle zwischen den Wirtschaftsgiganten nicht aufgehoben, könnte sich das weltweite Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 700 Milliarden Dollar reduzieren, so die Prognose des IWF. Für das laufende Jahr erwartet der Fonds in fast 90 Prozent der Welt ein langsameres Wachstum, verglichen mit 2018.

Auch China muss aus wirtschaftlichen Gründen Interesse an einer Deeskalation haben. Analysten gehen davon aus, dass sich das Wirtschaftswachstum der Volksrepublik im dritten Quartal weiter verlangsamen wird. Bereits das Wachstum im zweiten Quartal war mit 6,2 Prozent so schwach ausgefallen wie seit 30 Jahren nicht mehr.

Riesige Geschäftschance für amerikanische Schweinezüchter

Wenn Trumps Euphorie bestätigt wird, dann dürften sich tatsächlich zunächst die amerikanischen Farmer über den Deal freuen. China soll demnach in den kommenden zwei Jahren Landwirtschaftsprodukte im Gesamtwert von 40 bis 50 Milliarden Dollar kaufen. 2017 exportierten die USA nach offiziellen Angaben Agrarprodukte im Wert von fast 20 Milliarden Dollar nach China.

Zu den Erzeugnissen zählt neben Sojabohnen und Baumwolle auch Schweinefleisch. Bis zum Ende des Jahres wird China rund 400.000 Tonnen davon importieren. Das ist eine riesige Geschäftschance für amerikanische Schweinezüchter, die im vergangenen Jahr nur 85.700 Tonnen nach China lieferten.

China hat seit Ausbruch der afrikanischen Schweinepest Probleme, seinen Bedarf zu decken. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Preis für Schweinefleisch fast verdoppelt. Laut offiziellen Angaben mussten bereits mehr als 100 Millionen Schweine in China getötet werden, Beobachter gehen von einer noch höheren Zahl aus.

Erste US-Landwirte haben Zweifel geäußert, ob sie die Lücke füllen können. Der Präsident ist aber optimistisch: „Danke, China!“, twitterte er.