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Boom beendet? Wie Ökonomen das schwächere Wirtschaftswachstum bewerten

Deutschlands langer Aufschwung zeigt im ersten Quartal dieses Jahres Schwächen: Nach vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamts legte die Wirtschaftsleistung nur noch um 0,3 Prozent gegenüber dem letzten Quartal 2017 zu. Auch das Wachstum in Europa war zuletzt schwächer ausgefallen.

Dennoch steigt damit das Bruttoinlandsprodukt im Vergleich zum Vorquartal das 15. Mal in Folge. „Das ist die längste Aufschwungsphase seit 1991“, so die amtlichen Statistiker.

Ifo-Präsident Clemens Fuest wertet die schwache Quartalszahl eher als Ausreißer denn als Trendwende im Konjunkturzyklus. „Der Aufschwung hat sich etwas abgekühlt, ist aber nach wie vor intakt“, sagte Fuest dem Handelsblatt. Streiks und viele Feiertage hätten zum verhaltenen Wachstum im ersten Quartal beigetragen, betonte er. „Für die nächsten Monate ist wieder stärkeres Wachstum zu erwarten“, so Fuest.

Hinter die positiven Aussichten setzte er allerdings ein großes Aber: „Es gibt Risiken. Dazu gehören eine Verschärfung der Lage im Iran und damit verbunden ein weiterer Ölpreisanstieg, die erratische Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump und die Politik der möglichen neuen Regierung in Italien, die gerne die Fesseln der europäischen Fiskalregeln sprengen würde“, sagte Fuest.

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Auch andere Ökonomen rechnen bald wieder mit positiven Nachrichten. „Im zweiten Quartal dürfte es zwar wieder etwas aufwärtsgehen“, sagte Chefvolkswirt Uwe Burkert von der Landesbank LBBW. „Aber die Boomphase scheint definitiv vorbei.“ Das sieht Ökonom Andreas Scheuerle von der DekaBank ähnlich: „Delle oder Abwärtstrend, das ist hier die Frage. Delle lautet unsere Antwort“, betonte er. „Trotz politischen Störfeuers wie Zollandrohungen oder Sanktionen, sind die Rahmenbedingungen für die nähere Zukunft unverändert gut.“

Für Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer ist die Dämpfer jedoch nicht klein. „Auf den zweiten Blick ist die Zahl noch schlechter, weil sich der Rückgang nicht mit dem schlechten Bauwetter entschuldigen lässt.“ Die Wirtschaft befinde sich mitten in einer Wachstumsdelle.

Wenn all die von dem Ökonomen beschriebenen Risiken eintreten würden, dann kann es also schnell zu Ende sein mit Deutschlands Dauerboom. Die Risiken, deren Eintrittswahrscheinlichkeit seit Januar zugenommen hat, dürften dazu beigetragen haben, dass der Außenhandel zu Jahresbeginn schwächelte: Sowohl die Exporte als auch die Importe waren im Vergleich zum Vorquartal rückläufig, so das Statistische Bundesamt. Allerdings waren sie Ende 2017 auch besonders stark gestiegen.

Die tragende Säule des Daueraufschwungs war deshalb im erste Quartal trotz der langen Nachweihnachtspause die Binnenkonjunktur. Die Wirtschaft investierte kräftiger im Inland als zuvor: vor allem in Bauten, aber auch in Ausrüstungen, so die Statistiker. Auch die privaten Haushalte konsumierten etwas mehr.

Dennoch: Im zweiten Halbjahr 2017 war das Wachstum erheblich kräftiger: Im vierten Quartal 2017 wuchs die Wirtschaft um 0,6 Prozent, im dritten Quartal 0,7 Prozent. Auch im Vorjahresvergleich ist die Dynamik schwächer: Im 1. Quartal war die Wirtschaftsleistung um 1,6 Prozent höher als im 1. Quartal 2017. Allerdings: Wenn man den Feiertagseffekt herausrechnet, betrug der Anstieg des BIP weiterhin durchaus kräftige 2,3 Prozent.

Zum Binnenwachstum hat wohl auch die gute Arbeitsmarktentwicklung beigetragen: 44,3 Millionen Erwerbstätige zählten die Statistiker. Das ist im Vergleich zum 1. Quartal 2017 ein Plus von 609.000 Personen oder 1,4 Prozent. DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben warnte denn auch erneut vor zunehmendem Fachkräftemangel: „Fast jedes zweite Unternehmen in Deutschland kann offene Stellen längerfristig nicht besetzen“, sagte er. Sie müssten infolgedessen Aufträge ablehnen oder ihr Angebot einschränken. „Der Jahresstart ist eine Enttäuschung, aber noch nicht der Anfang vom Ende des Aufschwungs“, sagte er.

Dass die Wachstumsdynamik in Deutschland insgesamt nachgelassen hat, dürfte auch dem zuletzt schwächeren Wachstum in wichtigen Handelspartnerländern geschuldet sein: Im ersten Quartal 2018 im Vergleich zum letzten Quartal 2017 betrug das Wachstum im Euro-Raum nur noch 0,4 Prozent, in den USA nur noch 0,5 Prozent, im Brexit-geschwächten Großbritannien bloß 0,1 Prozent, in China 1,4 Prozent.

Für das gesamte Jahr hatten die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrer Gemeinschaftsdiagnose für die Bundesregierung von Ende April 2,2 Prozent Wirtschaftswachstum in Deutschland erwartet. Wenn das zweite Quartal wieder besser läuft, bleibt diese Einschätzung laut Ifo weiter realistisch. Die Bundesregierung hatte ihre Jahresprognose Ende April von 2,4 auf 2,3 Prozent für 2018 gesenkt und für nächstes Jahr auf 2,1 Prozent leicht erhöht: Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) erwartet, dass die geplanten Entlastungen bei Sozialbeiträgen die Binnenkonjunktur hierzulande stärken.

Nach Angaben der Statistiker waren die Konsumausgaben des Staates im 1. Quartal 2018, in dem die Koalitionsverhandlungen noch andauerten, erstmals seit knapp fünf Jahren geringer als im Vorquartal.