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Deutsche Messebetreiber trotzen den politischen Turbulenzen in Lateinamerika

Das Messegeschäft in Südamerika gilt als schwierig. Dennoch haben die deutschen Gesellschaften ihre Präsenz dort ausgeweitet. Doch die Konkurrenz ist hart.

Vor einem Jahr noch war Detlef Braun in Buenos Aires beeindruckt von der wirtschaftlichen Dynamik in Argentinien. Die Messe Frankfurt, für die Braun in der Geschäftsführung Lateinamerika zuständig ist, richtete dort parallel zum G20-Gipfel um Merkel, Trump und Xi 43 Konferenzen aus. „Argentinien strotzte damals nur so vor Zuversicht“, erzählt Braun. Inzwischen hat sich das grundlegend geändert.

Der bei Investoren und der Wirtschaft beliebte Präsident Mauricio Macri ist gerade beim Versuch gescheitert, sich für eine zweite Amtszeit wählen zu lassen. Die Inflation ist auf 55 Prozent hochgeschnellt, der Peso abgestürzt und die Wirtschaft in einer schweren Rezession. „Die Aussichten für das Messe- und Konferenzgeschäft in Argentinien haben sich in kurzer Zeit für ausländische Aussteller wieder signifikant verschlechtert“, sagt Braun. Doch diese Schwankungen sind Alltag im Messegeschäft in Lateinamerika.

Das Beispiel Chile zeigt zudem gerade, wie schnell die Stimmung umschlagen kann. Der Andenstaat ist viele Jahre überdurchschnittlich gewachsen und war in Südamerika eine Insel der politischen Stabilität. Doch nun protestieren in Santiago täglich Hunderttausende.

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Chile wird seine Wachstumsprognosen deutlich herunterschrauben müssen. Wie ganz Lateinamerika. Die Region wird 2019 mit weniger als einem Prozent Wachstum weltweites Schlusslicht sein, erwartet der Internationale Währungsfonds (IWF).

Dennoch sind die deutschen Messebetreiber zuversichtlich, dass ihr Geschäft in der Region unter dem Strich in den nächsten Jahren wachsen wird. Die Messe Frankfurt etwa mit zwölf Messen vor Ort prognostiziert, dass die Umsätze in Mexiko, Argentinien und Brasilien bis 2023 um sechs Prozent wachsen werden.

Was durchaus auch am widrigen Umfeld in diesen Ländern liegen könnte: „In diesen schwierigen Zeiten ist es für Unternehmen besonders wichtig, auf Märkten weltweit sichtbar zu werden“, sagt Braun.

Für den konstanten Zuwachs in Südamerika trotz der Krisen spricht die Erfahrung der Messe Frankfurt in Argentinien. Das Land ist ebenfalls ein komplizierter Markt, wo die Hessen seit nun 16 Jahren mit einer eigenen Tochtergesellschaft präsent sind. „Wir haben in den schweren Zeiten durchgehalten, auch mal die Dividenden ausgesetzt“, berichtet Braun. „Doch heute sind wir dort hochprofitabel.“

Die Nürnberg Messe will die Nummer drei unter den internationalen Messegesellschaften in Brasilien werden. Um 40 Prozent haben ihre Umsätze 2018 zugelegt, dieses Jahr noch mal um zehn Prozent. Doch auch die Franken spüren die Schwankungen in Brasilien. „Die Rahmenbedingungen der letzten Jahre stellen unternehmerisch eine große Herausforderung dar“, sagt Messechef Peter Ottmann. „Gerade im Baugewerbe und im Automobilsektor, aber auch in Wirtschaftszweigen, die stark von der öffentlichen Hand abhängen, war es schwierig.“

Vitale Messelandschaft

14 Messen veranstalten die Franken inzwischen in Brasilien – viele drehen sich um relevante Wachstumsbranchen des Landes: Die Themen reichen von Pharmazie, Kosmetik und Labortechnik bis Analytik, Biotechnologie und Qualitätskontrolle. Auch Glastechnologie, Heimtier- und Veterinärbedarf sowie Nachhaltigkeit und Mobilität präsentieren sich auf Messen. „Insgesamt sind Messen in Brasilien sehr vital“, sagt Ottmann. „Brasilianer sind grundsätzlich sehr messeaffin und pflegen vor Ort gerne ihre Geschäftskontakte.“

João Paulo Picolo, Chef der Nürnberg Messe Brasil, zeigt sich auch wegen der wirtschaftspolitischen Großwetterlage zuversichtlich. Brasiliens rechtspopulistische Regierung setzt umfassende Wirtschaftsreformen um, die mittelfristig die privaten Investitionen und das Wachstum antreiben sollen.

Das gerade beschlossene Freihandelsabkommen zwischen der EU und den vier Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay wird sich zudem positiv auf die Handelsbeziehungen auswirken. Es geht immerhin um einen gemeinsamen Markt, der 780 Millionen Menschen umfasst und künftig um rund vier Milliarden Euro an Zöllen pro Jahr entlastet wird.

Die Kölner Messe hat sich von Anfang an auf den Standortvorteil des Mercosur eingestellt: Die Region ist der größte Agrarlieferant der Welt. Mit zwei Messen (Anufood und Anutec) konzentrieren sich die Kölner auf die Lebensmittelindustrie in Südamerika und weiten ihr globales Messenetzwerk um die Ernährungsmesse Anuga auch nach Südamerika aus. „Davon profitiert die Leitmesse in Köln“, sagt Gerald Böse, Vorsitzender der Geschäftsführung der Koelnmesse. Werde im Ausland eine neue Veranstaltung etabliert, wachse im Gegenzug die Beteiligung aus diesen Ländern auch in Deutschland – sowohl bei Ausstellern als auch bei Besuchern.

Genau dies geschah in den vergangenen Jahren in Brasilien: Etwa 6000 Besucher sowie 200 Aussteller aus Brasilien zählte die Koelnmesse zuletzt bei ihren Veranstaltungen am Rhein – ein Plus von fast einem Drittel gegenüber dem vergleichbaren Jahr 2015.

Städtepartnerschaft zwischen Köln und Rio de Janeiro

In den vergangenen Jahren ist Köln zu einer attraktiven Adresse für brasilianische Unternehmen geworden. 2011 schloss die Stadt mit Rio de Janeiro eine Städtepartnerschaft. Die Koelnmesse organisiert in Südamerika insgesamt neun Veranstaltungen, fünf davon in Brasilien. Sie sieht sich als die Nummer eins unter den deutschen Messegesellschaften in Südamerika.

Dennoch bleibt Südamerika kein einfacher Standort, wie vielfach zu hören ist. In den vergleichsweise geschlossenen Märkten versuchen lokale Verbände und Veranstalter gerne, Konkurrenten aus dem Ausland außen vor zu halten.

Die Konkurrenz auch zwischen den Branchenverbänden ist beinhart. Zum Teil werden Messen zu ähnlichen Themen parallel abgehalten. Die fehlende Transparenz bei öffentlichen Ausschreibungen und die immer noch knappen Ausstellungsflächen behindern ein schnelleres Messewachstum.

Auch sonst müssen die Veranstalter mit ganz anderen Problemen kämpfen, als sie es gewohnt sind: So musste die Baumaschinenmesse M & T Expo der Messe München in Brasilien – immerhin die zweitgrößte Veranstaltung auf dem Kontinent – 2018 kurzfristig um ein halbes Jahr verschoben werden. Ein landesweiter Streik der Lkw-Fahrer hatte das Land lahmgelegt.

Dennoch lockt weiterhin das Potenzial Brasiliens: Geschäftsführer Michael Degen von der Messe Düsseldorf hält Südamerika für einen spannenden Markt. Beispielsweise findet 2020 erstmals die Medical Fair Brasil statt, auch in Kolumbien und Chile gibt es Veranstaltungen: „Es ist vorstellbar, dort in ein paar Jahren vielleicht noch eine Tochtergesellschaft aufzubauen.“

Die Düsseldorfer müssen dann aber aufpassen, dass sie nicht den gleichen Fehler wie die Frankfurter machen: Diese beteiligten sich dort vor rund 20 Jahren für viel Geld an einem lokalen Marktführer. Fünf Jahre später mussten sie das Geschäft nach schweren Verlusten jedoch wieder schließen.

Den Boom Brasiliens zwischen 2004 und 2013 verpassten die Hessen damit. Bis heute hat Frankfurt in Brasilien keine neue Niederlassung gegründet. Braun von der Messe Frankfurt erklärt, warum: „Unsere Anteilseigner wollten von einem Engagement in Brasilien nichts mehr wissen.“