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Demografiekrise der Eidgenossen: Schweizer gegen spätere Rente

(Bloomberg) -- Einer der jüngsten Parlamentarier der Schweiz setzt sich für eine Erhöhung des Renteneintrittsalters ein, um das drohende Defizit in der Rentenkasse auszugleichen. Die Stimmbürger scheinen jedoch eine parallele Initiative zur Erhöhung der Renten zu bevorzugen.

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Im Rahmen des direktdemokratischen Systems des Landes hat Andri Silberschmidt von den Freien Demokraten genügend Unterstützung gesammelt, um eine Volksabstimmung darüber abzuhalten, ob das Rentenalter bis 2033 um ein Jahr auf 66 Jahre und danach entsprechend der Lebenserwartung weiter angehoben werden soll. Damit würde den Herausforderungen einer alternden Bevölkerung begegnet, da sich die Zahl der Schweizer Rentner pro 100 Bürger im erwerbsfähigen Alter bis in die 2080er Jahre verdoppeln dürfte — ein Problem, das zahlreiche andere Industriestaaten ebenso haben.

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Für Silberschmidt — einen gelernten Bankkaufmann, der später einen Essenslieferdienst mitbegründet hat — gehen die Zahlen einfach nicht auf.

“Mein politischer Horizont sind nicht vier Jahre, sondern eher 40”, sagte Silberschmidt in einem Interview. “Wir sollten keine Renten versprechen, die nicht erwirtschaftet werden können.”

Viele Länder, darunter die USA, Großbritannien und die nordischen Staaten, haben bereits ein höheres Renteneintrittsalter eingeführt, um die wachsende Lücke in den Rentenkassen zu schließen. Silberschmidts Initiative wird jedoch bei der Volksabstimmung am Sonntag voraussichtlich scheitern.

In der Schweiz gab es zwar keine Massenproteste gegen Rentenreformen wie in Frankreich und anderen Ländern im vergangenen Jahr, doch es besteht die Sorge, dass Inflation und schwindende Anlageerträge die private Altersvorsorge aufzehren, während zugleich die Lebenshaltungskosten steigen. Das hat die Gewerkschaften dazu veranlasst, eine Initiative für eine dreizehnte Monatsrente zu lancieren, die die staatliche Rente für eine alleinstehende Person um etwa 8% auf maximal 31.850 Franken (33.400 Euro) pro Jahr erhöhen würde.

In einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage des Senders SRG SSR ist die Unterstützung für die Initiative auf 53% der Stimmberechtigten gesunken, was darauf hindeutet, dass die Entscheidung knapp ausfallen wird. Die Initiative könnte auch die erforderliche Mehrheit der Schweizer Kantone verfehlen.

Während fast jeder sechste Schweizer Millionär ist, ist die staatliche Rente für etwa 20% der Bevölkerung die wichtigste Einkommensquelle, so der sozialpolitische Think-Tank Avenir Suisse.

“Die Kaufkraft der Altersrenten in der Schweiz nimmt ab”, so die Gewerkschaften in einer Erklärung, in der sie die Forderung nach einer dreizehnten Monatsrente formulieren. “Höhere Krankenkassenprämien, Mieten und Preise haben eine Monatsrente aufgefressen.”

Die jährlichen Kosten der Rentenerhöhung — für welche die Gewerkschaften keine Finanzierungsvorschläge vorlegten — werden auf jährlich 4,1 Milliarden Franken geschätzt. Das würde den Druck in der Rentenkasse weiter erhöhen. Schon jetzt gilt das System als nur noch bis 2030 durchfinanziert.

Eine Erhöhung der Renten würde auch den Anreiz untergraben, über das offizielle Rentenalter hinaus zu arbeiten, sagt Boris Zürcher, Leiter der Direktion für Arbeit im Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO). Viele Schweizer gehen bereits vor dem 65. Lebensjahr in Rente, darunter Banker mit einem Durchschnittsalter von 62,8 Jahren.

Zuwanderung eindämmen

Die letzten Hoffnungen für Silberschmidts Initiative könnten von der Unterstützung der Schweizerischen Volkspartei (SVP) abhängen. Die größte politische Partei der Schweiz hofft, dass eine Erhöhung des Renteneintrittsalters den Bedarf an ausländischen Arbeitskräften zur Finanzierung der alternden Bevölkerung des Landes verringern wird.

“Die Renteninitiative reduziert die Zuwanderung”, erklärte SVP-Nationalrat Manuel Strupler in einer Mitteilung. “Das Rezept der linksgrünen Parteien ist einfach: Die Finanzierungslücke soll mit höheren Steuern oder einfach mit noch mehr Zuwanderung gefüllt werden. Das verschiebt das Problem höchstens und zerstört unsere Schweiz.”

Die Schweiz stehe vor einem strukturellen Mangel an Arbeitskräften, so Zürcher vom SECO.

“Wir haben bereits jetzt die Situation, dass weniger 20-Jährige auf den Arbeitsmarkt kommen als 65-Jährige ihn verlassen”, sagte er gegenüber Bloomberg. “Da stellt sich automatisch die Frage, ob Arbeitnehmer nicht länger arbeiten sollten.”

Trotz der düsteren Umfragen bleibt Silberschmidt, der nächste Woche 30 Jahre alt wird, optimistisch, was die Aussichten der Initiative angeht.

“Die Leute zu fragen, ob sie länger arbeiten wollen, ist eine der schwierigsten Fragen, die man in einer Abstimmung stellen kann”, sagt er. “Letztendlich ist es eine Frage des gesunden Menschenverstands. Ich glaube, die Menschen werden das Problem verstehen, wenn man es ihnen erklärt.”

Überschrift des Artikels im Original:Swiss Balking at Later Retirement Shows Rich Nation Aging Crunch

©2024 Bloomberg L.P.