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Coronaviren: Sechs von zehn Flugreisenden halten Kabinenluft für gefährlich

Airlines und Hersteller behaupten, die Luft sei sauber wie in einem OP. Die Passagiere zweifeln, woran auch eine bemerkenswerte Allianz nichts ändert.

Seit Monaten versichern Fluggesellschaften und Flugzeughersteller, man sei nirgendwo so sicher vor einer Corona-Infektion wie an Bord eines Zivilflugzeugs. Doch sie dringen mit ihrer Botschaft offenbar nicht durch: „60 Prozent der Fluggäste halten die Kabinenluft für gefährlich“, sagte David Powell, Gesundheitsexperte der IATA (Interessenverband der Airlines) am Donnerstag während einer Online-Pressekonferenz mit den drei großen Flugzeugherstellern Airbus, Boeing und Embraer.

Ein niederschmetternder Befund für eine Branche, die stärker als die meisten anderen unter der Corona-Pandemie leidet. Während ein Großteil der Wirtschaftszweige mittlerweile wieder bei 90 Prozent der Vorkrisenaktivität oder mehr angelangt ist, ist der internationale Flugverkehr noch extrem eingeschränkt. Nur ungefähr ein Drittel der Flüge, die in der Zeit vor Covid-19 stattfanden, wird aktuell durchgeführt.

Das Leiden der Airlines belastet Hersteller wie Airbus und Boeing und deren Zulieferer. Rechne man alles zusammen, seien 80 Millionen Arbeitsplätze weltweit in Gefahr, sollte die Krise anhalten oder sich noch verschärfen, warnte Airbus-COO Michael Schöllhorn vergangene Woche im Interview mit dem Handelsblatt.

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Wie groß der Druck aufgrund des anhaltenden Einbruchs ist, zeigt ein seltener Schulterschluss: Die Erzrivalen Airbus und Boeing versuchen mit dem brasilianischen Hersteller Embraer als Teilnehmer der Pressekonferenz, die Öffentlichkeit von der Sicherheit der Kabinenluft zu überzeugen. „Alle zwei bis drei Minuten wird die Kabinenluft erneuert“, sagte Bruno Fargeon, Ingenieur beim europäischen Marktführer Airbus. Mit 50 Millionen Messpunkten habe man die Luftströmung in einer Kabine simuliert, sie ergebe, dass es tatsächlich eine Art Vorhang frischer Luft gebe, der die Passagiere schütze.

Sein Kollege Dan Freeman von Boeing steuerte eigene Erkenntnisse bei. „Wir haben Tests auf dem Boden und in der Luft gemacht, die Leute haben geatmet und gehustet, wir wollten wirklich den Worst Case verstehen – was geschieht, wenn Ihr direkter Sitznachbar hustet, während Sie gerade einatmen?“ Laut des Boeing-Ingenieurs ist das – eher nichts: „Aufgrund des Luftflusses ist die Zahl der Partikel geringer, als wenn sie in einem geschlossenen Raum sieben Fuß von der hustenden Person entfernt wären.“

Die Angst fliegt mit

Doch so oft Airlines und Hersteller diese Angaben auch wiederholen, den Kunden fehlt der Glaube. Wer selbst in den vergangenen Monaten in einem Flieger gesessen hat, die Enge und das Gedränge beim Ein- und Aussteigen erlebt hat, ist nicht unbedingt geneigt, Testergebnissen und Simulationen der Anbieterseite Glauben zu schenken.

Die IATA strengt sich jedoch an und stellt die Behauptung auf, es gebe weltweit lediglich 44 nachgewiesene Fälle von Corona-Infektionen während eines Fluges, „deutlich weniger, als vom Blitz erschlagen werden“, so IATA-Mann Powell. Die Angst fliegt dennoch mit. Was auch daran liegen mag, dass manche Vertreter des Luftfahrtsektors zu dick auftragen, so etwa Embraer-Ingenieur Luis Affonso: „Wenn Sie das Risiko einer Corona-Infektion minimieren wollen, dann setzen Sie eine Maske auf und steigen Sie in ein Flugzeug.“

Dabei ist die Angst vor einer Infektion nicht einmal das größte Hindernis, mit dem die Airlines aktuell zu kämpfen haben. Viel stärker wirken sich die Reisewarnungen und -beschränkungen verschiedener Regierungen aus, also der Flickenteppich an Vorschriften, der selbst in der EU noch immer nicht auch nur im Ansatz harmonisiert wurde. „80 Prozent der potenziellen Flugreisenden sagen, dass sie nicht in den Flieger steigen, wenn ihnen am Ende möglicherweise eine Quarantäne droht“, äußert Powell gegenüber dem Handelsblatt.

IATA-Chef Alexandre de Juniac hatte dem Handelsblatt im Mai im Interview versichert, es werde schon bald ein mit den Regierungen abgestimmtes Hygieneprotokoll geben, das unter anderem Corona-Schnelltests vor Besteigen eines Fliegers beinhalte. Da wurde der Mund zu voll genommen. IATA-Mann Powell räumte am Donnerstag an, die verschiedenen Staaten wendeten nach wie vor sehr unterschiedliche Regeln für Tests an, „aber wir drängen auf möglichst viel Konsistenz“.

Möglicherweise muss der Luftfahrtsektor erst die Regierenden überzeugen, dass es wenig Sinn hat, den Flugverkehr durch Reisewarnungen lahmzulegen, um anschließend mit Hunderten Millionen Euro an Bürgschaften und Hilfen die Airlines über Wasser zu halten.