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Commerzbank schreibt in der Coronakrise rote Zahlen – Aktie bricht ein

Das Institut hat im dritten Quartal schlechter abgeschnitten als erwartet. Innerhalb der Bank tobt eine hitzige Debatte über die neue Strategie.

Deutschlands zweitgrößte Privatbank plant deutliche Einschnitte im Filialnetz und im Auslandsgeschäft. Foto: dpa
Deutschlands zweitgrößte Privatbank plant deutliche Einschnitte im Filialnetz und im Auslandsgeschäft. Foto: dpa

Drohende Kreditausfälle in der Coronakrise und Kosten für den Konzernumbau setzen der Commerzbank zu. Im dritten Quartal machte das Institut einen Verlust von 69 Millionen Euro, nach einem Gewinn von 297 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Damit schnitt das Institut schlechter ab als von Analysten erwartet. Die Commerzbank-Aktie brach im frühen Handel zeitweise um mehr als sieben Prozent auf 3,96 Euro ein.

Für Programme für den geplanten Stellenabbau und die Schließung von rund 200 Filialen verbuchte die Bank Restrukturierungsaufwendungen von 201 Millionen Euro. Zudem bildete sie für faule Kredite mit 272 Millionen Euro mehr als doppelt so viel Risikovorsorge wie im Vorjahreszeitraum.

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Im Gesamtjahr rechnet die Commerzbank weiter mit einer Risikovorsorge von 1,3 bis 1,5 Milliarden Euro – verbindet dies jedoch nun mit dem Zusatz, dies hänge „auch vom weiteren Verlauf der Corona-Pandemie“ ab. Einige Analysten fürchten, dass die Belastungen am Ende mehr als 1,5 Milliarden Euro betragen werden.

Deutschlands zweitgrößte Privatbank bestätigte, dass sie im Gesamtjahr erstmals seit 2012 wieder mit roten Zahlen rechnet. Analysten gehen im Schnitt von einem Minus von 153 Millionen aus – und erwarten erst im Jahr 2022 wieder eine Rückkehr in die schwarzen Zahlen.

Experten und Bankenaufseher fürchten, dass den Geldhäusern die größten Belastungen infolge der Pandemie noch bevorstehen. Dass die deutschen Banken bisher relativ gut durch die Krise gekommen sind, ist aus ihrer Sicht vor allem auf die staatlichen Hilfsprogramme, regulatorische Erleichterungen und die ausgesetzte Insolvenzantragspflicht zurückzuführen. „Wir haben schlicht und ergreifend das Fieberthermometer weggelegt und wissen nicht mehr, wie krank der Patient ist“, sagte Raimund Röseler, der oberste Bankenaufseher der deutschen Finanzaufsicht Bafin, Anfang der Woche auf der Handelsblatt-Tagung „European Banking Regulation“.

Unstrittig ist, dass die Risiken durch die jüngste Verschärfung der Coronakrise gestiegen sind. Die Commerzbank erklärte in ihrem Quartalsbericht, sie beobachte „die sehr dynamische Entwicklung der Corona-Pandemie sowie die in diesem Zusammenhang von Bund und Ländern beschlossenen Maßnahmen und deren Auswirkungen“ in den nächsten Tagen und Wochen sehr genau. Diese könnten „zu entsprechenden Neubewertungen einzelner Ergebnisgrößen führen“.

Aktuell sei es sehr schwer vorherzusagen, welche Auswirkungen der teilweise Lockdown im November auf Unternehmen habe und wie sich die Situation 2021 weiterentwickle, sagte Finanzchefin Bettina Orlopp. „Wir erwarten im Januar keinen Tsunami an Insolvenzen, aber einige Pleiten könnte es im Januar durchaus geben.“

Bank will „konsequent an den Kosten arbeiten“

Positiv entwickelte sich bei der Commerzbank die harte Kernkapitalquote, die im dritten Quartal leicht anstieg auf 13,5 Prozent. Im Gesamtjahr rechnet die Bank nun mit einer Quote von mindestens 13 Prozent statt wie bisher von mindestens 12,5 Prozent.

„Wir haben ein stabiles Kundengeschäft und eine starke Kapitalausstattung“, sagte Orlopp. „Das ist eine gute Basis für künftige Belastungen aus der Coronakrise und für die weitere Neuausrichtung der Bank.“ Das Geldhaus werde weiter „konsequent an den Kosten“ arbeiten, bekräftigte die Finanzchefin. „Mit den Filialschließungen und den neuen Programmen für den Stellenabbau haben wir die Voraussetzungen für weitere Einsparungen geschaffen.“ Finanzkreisen zufolge plant die Bank den Abbau von rund 10.000 Stellen.

Konzernweit fielen die Erträge der Commerzbank im dritten Quartal um sieben Prozent auf 2,03 Milliarden Euro – und blieben damit hinter den Erwartungen der Analysten zurück. Auch die Entwicklung der beiden wichtigsten Sparten ist wenig rosig.

Im Privatkundengeschäft gewann die Bank 82.000 neue Kunden und damit deutlich weniger als in den ersten beiden Quartalen. Zudem drückten die Negativzinsen, Rückstellungen für Fremdwährungskredite der polnischen Tochter M-Bank sowie eine wegen Corona erhöhte Risikovorsorge auf das Ergebnis. Unter dem Strich brach der operative Gewinn um über 70 Prozent auf 83 Millionen Euro ein.

In der Firmenkundensparte halbierte sich das operative Ergebnis auf 74 Millionen Euro. Verantwortlich dafür war neben einer höheren Risikovorsorge auch die eingeschränkte Geschäftstätigkeit vieler Kunden in der Coronakrise. Zum Ende des dritten Quartals hätten die internationalen Handelsaktivitäten jedoch wieder angezogen, was sich mit etwas Verzögerung auch in den Erträgen widerspiegeln werde, erklärte die Bank.

Hitzige Diskussionen über neue Strategie

In der Commerzbank geht es unabhängig von der Coronakrise seit Monaten drunter und drüber. Nach heftiger Kritik vom Großaktionär Cerberus kündigten Chefkontrolleur Stefan Schmittmann und Vorstandschef Martin Zielke Anfang Juli ihren Rücktritt an. Im September warf dann auch noch Privatkundenchef Michael Mandel hin.

Neuer Vorstandsvorsitzender wird Anfang nächsten Jahres Manfred Knof. Er hat lange für den Versicherer Allianz gearbeitet und leitete zuletzt das Privatkundengeschäft der Deutschen Bank. Da Knof erst in zwei Monaten anfängt, verzögert sich die ursprünglich für Sommer 2020 geplante Verabschiedung einer neuen Commerzbank-Strategie weiter.

Bei vielen Mitarbeitern sorgt die Hängepartie für Frust, mehrere namhafte Manager suchen das Weite. Die Chefin der inzwischen geschluckten Onlinetochter Comdirect, Frauke Hegemann, hat das Institut kürzlich ebenso verlassen wie Dominik Steinkühler, der als Bereichsvorstand für die Digitalisierung des Firmenkundengeschäfts zuständig war. Seine Kollegen Kerem Tomak (Bereichsvorstand für Big Data & Advanced Analytics) und Jenny Friese (Bereichsvorständin für Privat- und Unternehmerkunden in der Region Mitte und Ost) gehen zum Jahresende.

Die verbliebenen Manager diskutieren derweil intensiv über die künftige Ausrichtung des Geldhauses. Die Strategie des alten Vorstands sah unter anderem vor, dass das Institut statt 1000 künftig nur noch 200 Filialen betreibt sowie 300 bis 400 sogenannte Service-Points, in denen nur wenige Mitarbeiter arbeiten. Innerhalb der Bank plädieren einige nun jedoch für einen anderen Mix – mit mehr Filialen und deutlich weniger Service-Points. Dass es unter dem Strich deutliche Einschnitte geben muss, ist jedoch unstrittig.

Im Firmenkundengeschäft drehen sich die Diskussionen unter anderem darum, wie stark das Auslandsgeschäft eingedampft werden soll. Der zuständige Vorstand Roland Boekhout will das Produktangebot reduzieren und das Netz von derzeit knapp 50 Auslandsstandorten ausdünnen. Grundsätzlich muss die Commerzbank aus seiner Sicht aber global vertreten bleiben, um deutsche Mittelständler bei Geschäften im Ausland weiter begleiten zu können.

Andere Beteiligte fordern dagegen, die Commerzbank solle sich aus Asien und Afrika ganz zurückziehen und auch über einige Standorte im europäischen Ausland nachdenken. Entscheidungen werden allerdings erst fallen, wenn der neue Vorstandschef im Amt ist. Finanzchefin Orlopp erklärte am Donnerstag, die Bank werde die neue Strategie im ersten Quartal 2021 vorlegen. Insider rechnen mit einer Verkündung der neuen Ausrichtung im Februar oder März.

Ob Boekhout langfristig an Bord bleibt, wird vermutlich auch davon abhängen, ob er sich mit seinen Vorstellungen zum Umbau des Firmenkundensegments durchsetzen kann.

Der langjährige Chef der ING Diba war erst Anfang des Jahres zur Commerzbank gewechselt und galt genauso wie Finanzchefin Bettina Orlopp als ein möglicher Kandidat für die Zielke-Nachfolge. Weil sich der neue Aufsichtsratschef Hans-Jörg Vetter eine externe Lösung wünschte, bekam am Ende aber Knof den Zuschlag.