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Comeback des Jahres: Jack Dorsey rettete Twitter – und machte Square nebenbei zum Börsen-Überflieger

Plötzlich Börsenstar: Twitter- und Square-CEO Jack Dorsey (Foto: AP/Richard Drew)
Plötzlich Börsenstar: Twitter- und Square-CEO Jack Dorsey (Foto: AP/Richard Drew)

Ein Chef für zwei börsengelistete Unternehmen? Als Jack Dorsey vor drei Jahren den schwer angeschlagenen Kurznachrichtendienst Twitter übernahm, hielten nicht wenige Branchenexperten die Mission für ein Himmelfahrtskommando – nicht zuletzt, weil Dorsey bereits den Bezahldienstleister Square als CEO führte. Drei Jahre später zählen beide Unternehmen zu den besten Aktien des Jahres. Die Geschichte eines modernen Märchens.

Die Vorzeichen konnten schlechter nicht sein: Als Jack Dorsey am 1. Juli 2015 den Chefsessel von Twitter – nach dem Vorbild von Apple-Gründer und CEO Steve Jobs – zunächst nur interimsmäßig bestieg, hatte der strauchelnde 280-Zeichendienst mehr als eine Milliarde Dollar verbrannt.

Die Aussichten waren horrend: Nicht in einem einzigen Quartal war es Twitter zuvor gelungen, auch nur in der Nähe der Profitabilität zu arbeiten – in so ziemlich jedem Dreimonatszeitraum verlor der Kurznachrichtendienst an die 100 Millionen Dollar. Schlimmer noch: Das Nutzerwachstum schien zudem ausgereizt. Gegenüber dem übermächtigen Rivalen Facebook, aber auch jüngeren Netzwerken wie Instagram und Snapchat sah der Mikroblogging-Dienst buchstäblich alt aus.

Wie konnte Twitter nur so abstürzen?

Es ist eines der großen Rätsel der jüngeren Internetgeschichte: Wie konnte Twitter nur so abstürzen? Fast eine Dekade ist es nun schon her, als der Kurznachrichtendienst bei Talkshow-Queen Oprah Winfrey dem Massenpublikum vorgestellt wurde: Auf 140 Zeichen teilte man der Welt mit, was einen gerade beschäftigte. Ein Tweet, das war die SMS an alle.

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Die Popkultur, Promis und Politik sprangen schnell auf. Twitter, das war der hippere Gegenentwurf zu Facebook, auf dem gelegentlich mal ein Foto gepostet oder ein Status kommentiert wurde. Twitter, das war Echtzeit. Twitter war cool, sehr cool – bis Millenials weiterzogen und klarmachten, dass Fotos das neue Mitteilungsformat waren.

Twitters Tiefflug: Über Jahre das neue MySpace

Woche für Woche sieht Twitter nun mehr wie MySpace aus – daran änderte auch Jack Dorsey Amtsübernahme nichts. Auf „Das Ende von Twitter“ bereitete The New Yorker seine Leser schon vor, während das Techportal Mashable jüngst „Twitters schwärzeste Stunde“ ausmachte.

Außer großen Ankündigungen und eiligen Initiativen war dem heute 41-Jährigen in den ersten zwei Jahren unter seiner Führung wenig gelungen. Mal führte Twitter ein News-Feature namens Moments ein, mal wurde als Favoriten-Symbol der Stern durch ein Herz ersetzt, mal wurden die Tweets neu nach Algorithmus statt chronologisch geordnet. Dann wurde sogar die Zeichenlänge, Twitters jahrzehntelanges Alleinstellungsmerkmal, auf 280 Zeichen verdoppelt – es sah wie eine Verzweiflungstat aus.

Niemand wollte Twitter kaufen

Die Wall Street hatte unterdessen schnell ihr vernichtendes Urteil gefällt: Als Dorsey den CEO-Posten vor drei Jahren übernommen hatte, notierte der damals schon angeschlagene Kurznachrichtendienst noch bei rund 35 Dollar – in der Spitze waren es sogar einmal 70 Dollar gewesen.

Nach gescheiterten Übernahmebemühungen, Massenkündigungen und einem Exodus an Topmanagern wurde die Twitter-Aktie in den folgenden Jahren sogar bis auf ein Allzeittief bei14 Dollar durchgereicht. Niemand schien sich mehr für Twitter zu interessieren. Keine 10 Milliarden Dollar bewilligte die Wall Street inzwischen mehr für Twitter – zumindest an der Börse hat es sich lange Zeit ausgezwitschert.

Twitter neben Netflix beste Internetaktie des Jahres

Vorlauf 12 Monate später: Notierte das Papier Ende Juni 2017 noch bei weniger als 18 Dollar, wurden vergangene Woche wieder Kurse von 47 Dollar bezahlt. In der Spitze hat sich die Aktie des Mikobloggingdienstes im letzten Jahr verdreifacht, seit Jahresbeginn können sich Aktionäre über ein Kursplus von mehr als 80 Prozent freuen, was Twitter neben Netflix zur am besten performenden Internetaktie des Jahres macht.

Wie ist die 180-Grad-Wende zu erklären? Mit einem überraschenden Turnaround in der Geschäftsentwicklung, der im Weihnachtsquartal einsetzte. Der 280-Zeichen-Dienst vermeldete Anfang Februar überraschend erstmals in der 12-jährigen Unternehmensgeschichte in einem Quartal einen Gewinn, der mit einem Plus von 91 Millionen Dollar im Dreimonatszeitraum vom Oktober bis Dezember durchaus beträchtlich ausfiel.

Weihnachtsquartal bringt Turnaround

Mehr noch: Nach drei Quartalen im Rückwärtsgang kehrte der Social Media-Pionier zudem überraschend auch wieder zum Umsatzwachstum zurück: Nach 717 Millionen Dollar im Vorjahreszeitraum konnte Twitter tatsächlich 731 Millionen Dollar erlösen. Für Mitgründer Jack Dorsey war es der große Befreiungsschlag, auf den der 41-Jährige seit der Übernahme der Amtsgeschäfte als CEO von Twitter Mitte 2015 hatte schmerzhaft lange warten müssen.

Es war keine Eintagsfliege: Im April setzte Twitter den überraschenden Aufwärtstrend fort. Die Umsätze legten diesmal um gleich 21 Prozent auf 665 Millionen Dollar zu und pulverisierten die Analystenschätzungen, die noch bei 606 Millionen Dollar gelegen hatten. Vor allem bewies Twitter endlich, dass es doch nachhaltig profitabel arbeiten kann: Nachdem im Auftaktquartal 2017 noch ein Minus von 62 Millionen Dollar eingefahren wurde, konnte CEO Jack Dorsey ein Jahr später ein überraschend deutliches Plus von 61 Millionen Dollar ausweisen. Der Turnaround wird lupenreine vollzogen.

BuzzFeed: Erstes Comeback der Internet-Geschichte

Und auch die Nutzer kehren zurück. Ein halbes Jahr nach Übernahme des CEO-Postens musste Dorsey gar erstmals in der Unternehmensgeschichte einen Rückgang der Nutzer auf 305 Millionen Mitglieder beklagen – zweieinhalb Jahre später nutzen 336 Millionen Menschen mindestens einmal im Monat den 280-Zeichen-Dienst.

„Wie Twitter das unwahrscheinlichste Comeback der Tech-Welt gelang“, titelte das Viral-Portal BuzzFeedvergangene Woche in einer ausführlichen Reportage. Auch der Wall Street ist der Turnaround inzwischen aufgefallen: “Wir glauben, dass die WM ein wesentlich größerer Treiber sein könnte als 2014, weil sich der Dienst im Verhältnis zu vor vier Jahren weit verbessert hat”, sieht Analyst Rob Sanderson von MKM Partners Twitter zudem als Profiteur der laufenden Fußball-Weltmeisterschaft in Russland.

Unterdessen leisten alte Kritiker Abbitte. “Ich lag falsch bei Jack Dorsey. Er verdient weitaus mehr Anerkennung“, gibt sich Wall Street-Lautsprecher James Cramer (CNBC) plötzlich kleinlaut.

Erfolgsstory Square

Was Cramer damit meint: Twitter ist nicht Dorseys einzige Erfolgsstory. Tatsächlich ist Dorsey seit 2009 auch CEO des mobilen Bezahldienstes Square, den er nach seinem zwischenzeitlichen Ausscheiden bei Twitter gründete. Zurück an die alte Wirkungsstätte berufen, wollte Dorsey die Führung von Square allerdings nicht abgeben – und fungiert seit drei Jahren als Vorstandschef von gleich zwei börsengelisteten Unternehmen.

Im Schatten des Twitter-Dramas entwickelte sich Square nahezu sensationell: Nachdem Aktien des Bezahldienstes im November 2015 bei gerade mal 9 Dollar an zeichnungswillige Aktionäre ausgegeben wurden, leuchten heute an der New Yorker Traditionsbörse NYSE Notierungen von sage und schreibe 62 Dollar auf.

Anleger hätten binnen gerade einmal zweieinhalb Jahren ein Kursplus von knapp 600 Prozent einfahren können. Tatsächlich elektrisiert Anleger das rasante Umsatzwachstum im jüngsten Quartal von 44 Prozent (auf bereits 669 Millionen Dollar), das im jüngsten Quartal dynamischer ausfiel als bei Twitter.

Plötzlich Popstar-CEO: Kim Kardashian und Kanye West hofieren Dorsey

Nach zweieinhalb extrem herausfordernden Jahren beginnt der introvertierte Seriengründer, der immer mal wieder mit Apple-Gründer Steve Jobs verglichen wird, nun die Früchte seiner bis zu 15-stündigen Arbeitstage zu ernten.

Dass Dorsey inzwischen nämlich längst Popstar-Status genießt, dokumentiert eine Einladung zu einer der vermutlich begehrtesten Partys der Welt – der Geburtstagssause von HipHop-Superstar Kanye West, an die Gattin Kim Kardashian stilecht auf Twitter erinnert. „Kanye liebt dich“, schreibt die umtriebige Dokusoap-Darstellerin und Influencerin – was für einen Unterschied ein Jahr machen kann…