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Ceconomys Sparprogramm begeistert die Börse

Der neue Vorstandschef Jörn Werner verspricht, die Kosten schnell und radikal zu senken. Das hievt den Aktienkurs auf den höchsten Stand seit Herbst.

Die Anleger feiern Jörn Werner für sein Sparprogramm. Der neue Vorstandschef von Ceconomy kündigte zu Wochenbeginn an, die Kosten des Elektronikhändlers um bis zu 130 Millionen Euro im Jahr zu senken.

Daraufhin schoss der Aktienkurs der Muttergesellschaft von Media-Markt und Saturn am Dienstagmorgen zeitweise um zwölf Prozent auf rund sechs Euro in die Höhe. Dies war der höchste Stand seit vergangenem Herbst. Am frühen Nachmittag notierten die Papiere gut zehn Prozent im Plus. Der Düsseldorfer Konzern war damit der mit Abstand größte Gewinner im SDax.

„Wir haben unser enormes Potenzial bislang nicht voll ausgeschöpft“, sagte Werner am Dienstagmittag in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Nun sei es höchste Zeit, nicht mehr nur zu reden, sondern zu handeln. Der Ex-Chef der Werkstattkette ATU führt Europas größte Elektronikkette erst seit Anfang März. Er setzt aber schon jetzt offenbar genau die Schwerpunkte, auf die Investoren gehofft hatten.

Die beschlossenen Spar- und Umbaumaßnahmen seien strategisch der richtige Schritt für den Elektronikhändler, urteilte Analyst Volker Bosse von der Baader Bank. Allerdings seien die mit dem Programm verbundenen Kosten höher als erwartet.

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Das Unternehmen ist noch jung, hat aber trotzdem eine bewegte Geschichte. Ceconomy war im Sommer 2017 in die Unabhängigkeit gestartet, der damalige Metro-Konzern wurde aufgespalten. „Das Beste kommt erst noch – für unsere Kunden und Aktionäre“, versprach der damalige Chef Pieter Haas. Stattdessen ging es steil bergab. Haas musste nach mehreren Gewinnwarnungen seinen Hut nehmen, auch Finanzvorstand Mark Frese musste gehen.

Die vor Jahren selbst angezettelten Rabattschlachten machten Media Markt und Saturn immer mehr zu schaffen. Wertberichtigungen auf den Anteil von rund neun Prozent am Lebensmittelhändler Metro wurden zusätzlich zur Belastung.

Werner versucht nun den Neubeginn und streicht erst einmal rund 500 Stellen in der Zentrale der Dachgesellschaft Ceconomy in Düsseldorf sowie dem Hauptsitz von Media-Markt und Saturn in Ingolstadt. Ziel sei es, „Prozesse und Strukturen in der gesamten Organisation zu straffen“.

So soll das Unternehmen wendiger und schneller werden, und das bei niedrigeren Kosten. Die Verwaltungsausgaben in Deutschland seien seit 2015 um zwölf Prozent geklettert, rechnete die neue Finanzchefin Karin Sonnenmoser vor. Sie trat ihre Stelle genau wie Werner im Frühjahr an.

Standardaufgaben wie die Kontrolle von Rechnungen oder das Mahnwesen will das neue Führungsduo zentralisieren. Es würden auch viele andere Aufgaben, die bislang in Tochtergesellschaften erledigt würden, künftig vom Hauptsitz von Media-Saturn aus gesteuert und erledigt.

Die bislang weitgehend eigenständigen Marken Media-Markt und Saturn sollen darüber hinaus intern enger zusammenrücken. Daher werde es künftig eine einheitliche IT-Plattform geben. Und auch das Marketing werde sich ändern. Stärker als bisher werde der Konzern auf digitale Werbung setzen.

„So können wir uns stärker als bisher auf die Bedürfnisse der Kunden konzentrieren und legen den Grundstein, um in Zukunft nachhaltig und profitabel wachsen zu können“, sagte Werner. Im derzeit laufenden Geschäftsjahr würde das Programm allerdings erst einmal mit Kosten von bis zu 170 Millionen Euro zu Buche schlagen. Der Filialist unterhält rund 1000 Läden, davon 430 in Deutschland und beschäftigt 59.000 Mitarbeiter.

„Aufgrund der erheblichen Einsparungen gehen wir davon aus, dass sich die Aufwendungen für das Programm in weniger als eineinhalb Jahren vollständig amortisiert haben. Wir werden unsere Ertragskraft deutlich stärken“, ergänzte Sonnenmoser.

Der Umbau der Verwaltung stehe für 85 Prozent der geplanten Kostensenkungen, so Sonnenmoser. Die restlichen 15 Prozent will die Finanzexpertin einsparen, indem sie sich von Randbereichen trennt. Der Streaming-Dienst und Spotify-Konkurrent Juke werde geschlossen, das Geschäft zur Vermarktung von Kundendaten eingestellt. Die Shopping-Plattform iBood und die Beteiligung an der Gebrauchtwaren-Plattform Flip4New stehen zur Disposition.

Online-Umsatz übersteigt Milliardenschwelle

Sonnenmoser bekräftigte, Ceconomy werde die Prognose für das laufende Geschäftsjahr erreichen. Die Vorhersage berücksichtigt die Kosten für den Umbau allerdings nicht. Demnach werde der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr leicht steigen, er lag zuletzt bei rund 21,4 Milliarden Euro. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) werde leicht unter den 399 Millionen Euro vom Vorjahr liegen.

Im ersten Quartal des Geschäftsjahrs, also in der wichtigen Weihnachtszeit, war der Umsatz gegenüber dem Vorjahr um 1,7 Prozent auf 6,9 Milliarden Euro gestiegen. Das operative Ergebnis (Ebitda) schrumpfte um 17 Prozent auf 291 Millionen Euro. Der Gewinn vor Steuern (Ebit) sank um 19 Millionen Euro auf 234 Millionen Euro. Allein für Abfindungen für 16 Personen auf der ersten und zweiten Managementebene fielen in diesem Zeitraum 34 Millionen Euro an. Ohne diese Belastungen hätten Ebitda und Ebit leicht zugelegt.

Ermutigend auch: Der Online-Umsatz hat im ersten Quartal deutlich stärker als der Markt zugelegt. Er stieg um 28 Prozent, erreichte 1,01 Milliarden Euro und stieg damit erstmals in einem Quartal über die Schwelle von einer Milliarde Euro. Damit konnte Ceconomy in diesem Bereich erneut Marktanteile hinzugewinnen.

Werner bringt aus seinem früheren Job als Chef der Werkstattkette ATU Erfahrung in der Restrukturierung angeschlagener Unternehmen mit. Das Kernproblem sind die vielen Doppelstrukturen bei den Töchtern Media Markt und Saturn, die von der IT über die Buchhaltung und die Logistik bis zum Einkauf zu stark unabhängig voneinander gearbeitet haben. Dadurch sind auch Fehlentwicklungen zu spät erkannt worden, was nicht zuletzt auch einer der Gründe für die Folge von drei Gewinnwarnungen im vergangenen Jahr war. In Folge dessen musste das gesamte Top-Management gehen.

Jahrzehntelang war die dezentrale Organisation des Unternehmens der Garant für den Erfolg. Die einzelnen Filialen wurden unternehmerisch geführt von einem selbstbewussten Geschäftsführer, der mit einem Minderheitsanteil beteiligt war und große Freiheiten bei der Sortimentsgestaltung und der Preissetzung hatte. So konnten die kleinen Lokalfürsten flexibel auf Kundenwünsche und Konkurrenz vor Ort reagieren.

Das Management hat jedoch tatenlos zugesehen, wie sich dieser Vorteil in einen Nachteil verwandelte. Mit dem Aufkommen des Online-Handels war auf einmal eine straffe zentrale Führung gefragt. Letztlich hätte Ceconomy nach Einschätzung von Experten nicht nur früher auf den Online-Handel umsteuern müssen, sondern auch die Flächen reduzieren und Filialen schließen müssen. Doch das hat die starke Stellung der lokalen Geschäftsführer lange verhindert

Um die Gruppe vor dem Untergang zu retten, greift der neue Chef nun durch. Dabei spart er nicht an Kritik an seinem Vorgänger. Jeder einzelne Laden habe seine eigene Strategie verfolgt und es sei letztlich nur darum gegangen, Ware zu verkaufen. Das sei aber nicht mehr zeitgemäß: „Das Kundenerlebnis war nicht entscheidend und damit mitunter nicht das beste“, sagte Werner. Die Gruppe spiele ihren größten Vorteil, die Nähe zu den Kunden, nicht aus.

Wie er selbst künftig wieder mehr Käufer in die Läden locken will und wie die Filialen aussehen werden? Das ließ Werner am Dienstag offen. Er sagte lediglich, dass das Kostensenkungsprogramm nur der erste Schritt sei.