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Bundesregierung plant offenbar Bürgschaft für neues russisches Flüssiggasprojekt

Nach dem Fall Nawalny drohen neue Russland-Sanktionen. Dennoch will die Bundesregierung wohl eine Staatsgarantie für ein neues Gasprojekt Russlands geben.

Nach Nord Stream 2 gerät nun ein neues russisches Flüssiggasprojekt in die Kritik. Foto: dpa
Nach Nord Stream 2 gerät nun ein neues russisches Flüssiggasprojekt in die Kritik. Foto: dpa

Trotz der aktuellen Diskussionen um neue Russland-Sanktionen nach der Vergiftung des Kremlkritikers Alexej Nawalny prüft die Bundesregierung offenbar die Förderung des Baus der Gasverflüssigungsanlage Arctic LNG 2 des russischen Energiekonzerns Novatek durch eine staatliche Hermes-Bürgschaft. Wie es in einem Dokument der französischen Exportkreditagentur Bpifrance heißt, soll ihr deutsches Pendant Euler Hermes 300 Millionen US-Dollar der Finanzierung absichern. Politiker und Umweltschützer kritisieren, dass das russisches Flüssiggas-Milliardenprojekt mit staatlichen deutschen Bürgschaften abgesichert werden soll.

Das Bundeswirtschaftsministerium wollte dies nicht kommentieren und verwies auf Vertraulichkeit. Der Fall sei aber bekannt. Doch aus Reihen der Großen Koalition verlautete: „Es wäre ein falsches Signal, wenn die öffentliche Hand dies unterstützen würde. Das Vorhaben sollte keine Hermes-Finanzierung erhalten“, sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Nils Schmid, dem Handelsblatt.

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Laut dem Dokument ist zumindest der Dax-Konzern Linde als Technologieausrüster an dem 21 Milliarden Dollar teuren Arctic-Projekt beteiligt – wie bereits bei einer früheren Novatek-Anlage im Norden Sibiriens. Nach Handelsblatt-Informationen gelten auch Siemens oder seine ausgegliederte Energiesparte als möglicher Zulieferer für die Anlage zur Gasverflüssigung.

Arctic LNG 2 gehört zu 60 Prozent Novatek und zu jeweils zehn Prozent der französischen Total, den chinesischen Energiekonzernen CNPC und CNOOC sowie einem Konsortium der japanischen Konzerne Mitsui und Jogmec. Der von der russischen „Forbes“-Ausgabe auf ein Vermögen von 17,1 Milliarden Dollar und damit als drittreichster Russe taxierte Novatek-Vorstandschef und Mehrheitsaktionär Leonid Michelson steht auf der US-Sanktionsliste. Ebenso Gennadij Timtschenko, der mit einem geschätzten Vermögen von 14,4 Milliarden Dollar die Nummer sechs der reichsten Russen ist. Er hält über seine Volga Group 23,5 Prozent an Novatek. Der französische Total Konzern besitzt 15 Prozent und der mehrheitlich staatlich kontrollierte Gasriese Gazprom 9,4 Prozent.

Mit Arctic LNG 2 soll, wie schon mit Novateks Jamal LNG, Gas aus den reichen Gasfeldern der sibirischen Jamal-Halbinsel verflüssigt werden. 20 Prozent des Flüssigerdgases (LNG) sollen dann nach Europa und 80 Prozent nach Asien exportiert werden. Ob die weitreichenden US-Sanktionen gegen Russlands Energie- und Finanzsektor das Projekt noch stoppen, ist bisher unklar.

Zwei Parallelen zu Nord Stream 2

Es gibt aber zwei Parallelen zu Nord Stream 2: Zum einen wollen die USA auch die umstrittene Ostseegaspipeline kurz vor Vollendung mit massiven Sanktionen noch verhindern. Zum anderen war Novatek-Großaktionär Timtschenko über Strojtransneftegaz auch am Bau von Nord Stream 2 beteiligt. Strojtransneftegaz hat nach von auf Nawalnys Youtube-Kanal veröffentlichten Dokumenten ohne Ausschreibung den Haupt-Bauvertrag bekommen. Laut Analysten der russischen Sberbank profieren nur die Baukonzerne, die die Pipeline errichteten.

Laut dem nun geleakten Dokument sollen elf Milliarden Dollar über Exportkreditagenturen und öffentliche Banken aus China, Japan, Russland, Italien, Frankreich und Deutschland, darunter eben Euler Hermes, absichert werden. Vor drei Jahren habe Euler Hermes laut internationaler Medienberichte einen Bankkredit über 425 Millionen Euro für Jamal LNG Gas gemeinsam mit der schwedischen Exportkreditagentur EKN abgesichert. Euler Hermes verwies an die Bundesregierung, die allein für die Entscheidung über die Vergabe der staatlichen Kreditgarantien entscheide.

Kritik an dem Plan kam auch von Umweltschützern, die schon seit Langem über den hohen unkontrollierten Methan-Ausstoß bei der Gasförderung klagen. „Im Zusammenhang mit der Vergiftung von Kremlkritiker Nawalny wird zu Recht über das Ende der Nord Stream 2 Gaspipeline diskutiert“, erklärt Regine Richter, Energie-Campaignerin bei der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Urgewald. Darüber hinaus gehörten weitere fossile Projekte „auf den Prüfstand, vor allem, wenn sie sich in einem so frühen Stadium befinden wie Arctic LNG 2“ und die Diskussion zur Förderung offensichtlich noch nicht abgeschlossen sei.

Angesichts der Kritik von Verteidigern von Nord Stream 2, die vor einer Ersetzung von russischem Pipelinegas durch LNG warnten, sagte Richter: „Das Projekt führt die Argumentation der LNG-Befürworter ad absurdum, dass Flüssiggas genutzt werden soll, um von russischem Gas unabhängig zu werden. Denn hier geht es wieder um russisches Gas, das exportiert werden soll. Nur eben in flüssiger Form.“ Der deutsche Staat dürfe nicht weiter business as usual im Gasbereich machen und mithelfen, dass neue Projekte realisiert werden, die Europas Abhängigkeit von russischem Gas sogar noch erhöhten.

Mehr: Kämpfer gegen Korruption – Nawalny nahm auch Nord Stream 2 ins Visier