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Die Brexit-Brücke

Unternehmer können etwas aufatmen: Die britische Regierung scheint bei einem wichtigen Streitpunkt zum Thema Brexit nachzugeben. Es wird eine Übergangsregelung für die Einreise von EU-Bürger erwogen.

Es ist eine der wichtigsten Forderungen von Seiten der Wirtschaft in Richtung britischer Regierung: Keine Einschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit nach dem Brexit. Bisher bissen die Unternehmer damit auf Granit bei Premierministerin Theresa May und ihrem Team. Doch wie britische Medien berichten, scheint sich die Einstellung der Regierung zu ändern – zumindest ein wenig.

„Das Regierungskabinett hat akzeptiert, dass es Teil einer Übergangsregelung sein soll, die Freizügigkeit für bis zu vier Jahre nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU aufrechtzuhalten“, zitiert der „Guardian“ einen ranghohen Regierungsbeamten. Die „Times“ berichtet, dass Finanzminister Philip Hammond Pläne ausgearbeitet habe, denen zufolge die EU-Bürger noch zwei Jahre nach dem Brexit nach Großbritannien kommen können.

Am Donnerstag hatte sich die Premierministerin mit Vertretern der Wirtschaft getroffen. Danach erklärte ihr Büro, dass sie dabei versichert habe, eine „glatten, geordneten Austritt” anzustreben, der am Ende zu einem „umfassenden Freihandelsabkommen mit der EU führen soll sowie einer Phase der Umsetzung, um einen harten Bruch zu vermeiden”.

Bei vielen Unternehmern dürfte eine solche Regelung für Erleichterung sorgen. Die Aussicht auf eine Einschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit bereitet vielen Managern Sorgen – neben Befürchtungen, dass nach dem Brexit Zölle eingeführt werden und mehr Regulierungsvorschriften zu beachten sind. Der britische Wirtschaftsverband CBI plädierte angesichts der befürchteten Folgen des EU-Abschieds bereits früh für eine Übergangslösung: Solange bis eine endgültige Lösung erzielt worden sei, solle Großbritannien im Europäischen Binnenmarkt und der Zollunion bleiben – auch nach dem Ende der britischen EU-Mitgliedschaft im März 2019.

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Gerade in der Landwirtschaft sind viele osteuropäische Arbeitskräfte beschäftigt. Und britische Arbeitnehmer seien in der Branche schwer zu bekommen, klagen Unternehmer. So schilderte Kevin Green, Chef des britischen Personalvermittlungsverbands, vor einem Ausschuss des Oberhauses den Fall eines Lebensmittelbetriebs, der sich bemüht hatte, britische Arbeitskräfte einzustellen. Der Unternehmer habe Werbung gemacht, zu Informationsveranstaltungen auf das Werk eingeladen und einige Briten eingestellt. Nach einem Monat jedoch seien 75 Prozent der britischen Arbeitskräfte wieder gegangen. „ Das sind harte Jobs, körperlich anstrengend. Ich bin mir nicht sicher, dass wir die Menschen sehr gut auf derartige Anforderungen vorbereiten“, sagte Green.

Die Personalchefin einer in Großbritannien allgegenwärtigen Kaffeehauskette äußerte sich ähnlich. Nur einer von 50 Bewerbern für den Job in einer Filiale von „Pret a Manger“ sei britisch, sagte Andrea Wareham. 65 Prozent der Arbeitskräfte, die die Kette für Kaffee, Sandwiches oder Snacks beschäftigt, kämen ursprünglich aus anderen EU-Ländern. Es dürfte nach dem Brexit nahezu unmöglich werden, ausreichend Mitarbeiter zu finden, wenn man keine EU-Bürger mehr einstellen könne.

Deutsche Unternehmer, die in Großbritannien tätig sind, haben ähnliche Sorgen. Dazu zählt auch Hinrich Mählmann, Chef der Otto Fuchs Gruppe, die in Großbritannien vor allem mit der Tochter Schüco vertreten ist. In der britischen Bauindustrie seien über 200.000 EU-Ausländer tätig, hatte der deutsche Manager in dieser Woche seine Brexit-Sorgen begründet. Würden diese Menschen im Zuge des Brexits nicht mehr auf der Insel arbeiten können, würde die Arbeit auf vielen Baustellen liegen bleiben – oder die Projekte könnten gar nicht erst beginnen. Zum anderen sehe man in den USA, welche Probleme derartige Beschränkungen nach sich ziehen: Es sei sehr schwierig, gut ausgebildete Fachkräfte nach Amerika zu bringen. „Das ist ein unglaublicher bürokratischer Aufwand. Und wenn so etwas hier drohen würde, dann würde das für gewisse Projekte das Aus bedeuten, sagt Mählmann. „Dann kann das hier kein High-Tech-Standort mehr sein.“

KONTEXT

Das Programm der britischen Regierung zum Brexit

27 geplante Entwürfe

Die britische Regierung stellte im Juni ihr Programm für die kommenden zwei Jahre vor. Acht der 27 geplanten Gesetze betreffen den EU-Austritt. Die Entwürfe im Einzelnen: Quelle: dpa

Aufhebung des EU-Rechts

Das Gesetz soll EU-Vorschriften in britisches Recht übertragen. Der Trick: Etwa 20 000 EU-Vorschriften werden in einem Schwung in nationales Recht überführt. Nach und nach können die Gesetze dann geprüft und gegebenenfalls vom Parlament verworfen werden. Die Vorschriften betreffen quasi alle Lebensbereiche von Arbeitszeiten bis hin zu Energiesparmaßnahmen.

Zölle und Steuern

Großbritannien soll nach dem Brexit ein unabhängiges Zoll- und Steuerwesen bekommen, das für zukünftige Handelsverträge angepasst werden kann. Das Gesetz soll es dem Land ermöglichen, die Einfuhr und Ausfuhr von Waren zu kontrollieren, eigene Zölle festzusetzen sowie Mehrwertsteuern und Luxussteuern zu ändern. Um Kontinuität für Unternehmen zu gewährleisten, soll das neue Gesetz aber in weiten Teilen auf bestehendem EU-Recht basieren.

Handel

Das Gesetz soll es Großbritannien ermöglichen, nach dem Brexit unabhängig Handel treiben zu können. Es soll den Status das Landes als "führende Handelsmacht" zementieren. Britische Unternehmen sollen vor unfairen Handelspraktiken geschützt werden.

Einwanderung

Großbritannien soll die Einwanderung aus EU-Staaten selbst kontrollieren. Damit kann es die Zahl der EU-Einwanderer reduzieren, gleichzeitig aber weiterhin "die Klügsten und Besten" aufnehmen. Dafür wird das EU-Recht zur Freizügigkeit aufgehoben. Ziel ist eine "faire und nachhaltige" Einwanderungspolitik.

Fischerei

Großbritannien regelt den Zugang zu seinen Hoheitsgewässern selbst und kontrolliert damit seine eigene Fischereipolitik, einschließlich Fangquoten. Damit sollen Fischbestände geschützt und erhöht und die Zukunft britischer Fischer gesichert werden.

Landwirtschaft

Großbritannien schafft ein neues System zur Unterstützung der britischen Landwirtschaft und des Naturschutzes. Es soll Stabilität für britische Landwirte sichern und zu einer höheren Produktion und mehr Exporten beitragen. Die Landwirtschaft soll damit wettbewerbsfähiger werden.

Atomare Sicherheit

Mit der EU verlässt Großbritannien auch die europäische Atomgemeinschaft Euratom. Ihre Aufgaben sollen von der nationalen Atomregulierungsbehörde (Office for Nuclear Regulation) übernommen werden. Das Gesetz soll die Rolle Großbritanniens als verantwortungsvolle Atommacht bestätigen und die Atomenergie zur nationalen Stromversorgung sichern.

Internationale Sanktionen

Entscheidungen über Nicht-UN-Sanktionen werden wieder von Großbritannien selbst getroffen. Das Gesetz soll die Rolle Großbritanniens als permanentes Mitglied des UN-Sicherheitsrats und "Weltmacht" stärken. Das Land soll internationale Sanktionen auf unilateraler oder multilateraler Ebene verhängen und aufheben können, um Bedrohungen durch Terrorismus, Konflikte oder die Weitergabe von Atomwaffen zu bekämpfen.