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Betriebsrat von Tata bekräftigt Ablehnung der Fusion mit Thyssen-Krupp

Nicht einmal der Besuch in der Zentrale in Indien konnte die europäischen Gewerkschafter milde stimmen: Vorige Woche hatte Tata-Chef Natarajan Chandrasekaran die Betriebsräte der europäischen Stahltochter zum Krisengespräch nach Mumbai geladen. Doch die zeigten sich auch danach nicht überzeugt vom geplanten Zusammenschluss mit der Stahlsparte von Thyssen-Krupp. Das Gremium unterstrich am Dienstag, dem Joint Venture nach bisherigem Stand die Unterstützung zu verweigern.

In einer Erklärung, die dem Handelsblatt vorliegt, heißt es dazu: „Wir sind derzeit nicht überzeugt, dass das Joint Venture im besten Interesse von Tata Steel Europe ist.“ Die Tata-Arbeitnehmervertreter stören sich schon länger an den Zugeständnissen, die Thyssen-Krupp und Tata an die EU-Wettbewerbskommission gemacht haben, um die Freigabe für die Fusion zu erhalten. „Die Maßnahmen treffen uns deutlich stärker als Thyssen-Krupp“, moniert Betriebsratschef Frits van Wieringen.

Bis zum 17. Juni haben die beiden Konzerne noch Zeit, um die Kartellwächter von dem Zusammenschluss zu überzeugen. Wie Insider berichteten, wollen Thyssen-Krupp und Tata verschiedene Unternehmensteile veräußern, um die Bedenken der Kommission auszuräumen.

Probleme sah die Behörde einer Mitteilung vom Oktober zufolge vor allem auf dem Markt für Verpackungsstahl, wo eine beherrschende Stellung des Joint Ventures in Europa droht, sowie bei der Stahlproduktion für die Automobilindustrie.

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Um Brüssel entgegenzukommen, sollen die Konzerne daher vorgeschlagen haben, zwei Anlagen für feuerverzinkten Stahl in Spanien (Thyssen-Krupp) und Belgien (Tata) zu verkaufen. Zudem habe Tata angeboten, sich von zwei Werke im Bereich Verpackungsstahl in Großbritannien und Belgien zu trennen.

Als drittes Zugeständnis wollen die Partner ihren Kunden außerdem Kapazitäten in der Rohstahlproduktion zur Verfügung stellen. Die Option, einzelne Hochöfen aus dem Verbund herauszulösen, wurde wiederum als wenig praktikabel verworfen.

Schon im April hatte der Tata-Betriebsrat hierzu erklärt, dass das Maßnahmenpaket die „wachsenden Bedenken“ verstärke, „dass das Joint Venture keine gleichwertige Partnerschaft ist“. Weiter hieß es damals in Richtung Duisburg: „Wir machen uns Sorgen über das Machtgleichgewicht innerhalb des Joint Ventures und glauben, dass bei zukünftigen strategischen Entscheidungen die Interessen der Thyssen-Krupp-Betriebe über die von Tata Steel Europe gestellt werden könnten.“

Ein Sprecher der indischen Muttergesellschaft Tata Steel teilte dazu auf Anfrage mit, dass die Vorschläge an die EU-Kommission nach eigener Ansicht „die industrielle Logik ebenso wie die Interessen unserer Stakeholder einschließlich der Mitarbeiter“ unterstützen.

Erfahrene Rebellen

Vor allem die niederländische Belegschaft in Ijmuiden nahe Amsterdam ist dafür bekannt, ihre Interessen im Tata-Konzernverbund oft mit erheblichem Nachdruck zu vertreten. So hatte die niederländische Gewerkschaft FNV schon vor einem Jahr damit gedroht, das Joint Venture platzen zu lassen. Damals hatten die Gewerkschafter eine umfassende Sonderbehandlung für Ijmuiden gefordert, die es den Niederländern ermöglicht hätte, selbst über den eigenen Kapitalfluss und damit auch über Investitionen zu bestimmen.

Am Ende setzte sich aber die indische Muttergesellschaft durch: Thyssen-Krupp und Tata haben inzwischen eine gemeinsame Finanzverwaltung innerhalb des Joint Ventures vereinbart, die Einnahmen fließen also in eine gemeinsame Kasse. Beide versprechen sich von dem Zusammenschluss Synergien von bis zu 500 Millionen Euro.

Die Freistaaterei in Ijmuiden hat eine lange Tradition: Sie begann 1999, als British Steel mit dem niederländischen Konkurrenten Koninklijke Hoogovens zum Tata-Europe-Vorgänger Corus fusionierte. Schon damals weigerten sich die Niederländer, die Verluste ihrer britischen Kollegen auszugleichen.

2003 landete ein Streit zwischen dem Londoner Corus-Management und den Arbeitern in Ijmuiden sogar vor der niederländischen Unternehmenskammer: Der Corus-Vorstand hatte beschlossen, die niederländische Aluminiumsparte des Unternehmens zu verkaufen. Das Gericht verhinderte den Verkauf letztlich – und brachte Corus damit an den Rand der Spaltung.

So schlimm steht es heute um das Nachfolgeunternehmen Tata Steel Europe zwar nicht. Doch der neuerliche Unmut der Belegschaft ist ein weiteres Störfeuer für den seit fast drei Jahren geplanten Zusammenschluss, an dessen Ende der zweitgrößte Stahlhersteller Europas mit einer Produktionskapazität von rund 22 Millionen Tonnen Rohstahl pro Jahr und rund 48 000 Mitarbeitern entstehen soll.

Für den Ruhrkonzern ist die Fusion von zentraler Bedeutung: Schon seit 2011 versucht das Management von Thyssen-Krupp, die Abhängigkeit vom konjunkturanfälligen Stahlgeschäft deutlich zu reduzieren. Nachdem der frühere Vorstandschef Heinrich Hiesinger zunächst das Stahlgeschäft in Amerika sowie die Edelstahlsparte des Konzerns abgestoßen hatte, sollte die Stahlfusion mit Tata die Schlussphase der strategischen Wende hin zum stabileren Technologiegeschäft einleiten.

Vorstandsteam steht

Am Ende kam es anders: Hiesinger ging. Und der damalige Finanzchef Guido Kerkhoff empfahl sich mit dem Plan, Thyssen-Krupp in ein Werkstoff- und ein Technologieunternehmen aufzuspalten, erfolgreich für dessen Nachfolge. Die Beteiligung am Stahl-Joint-Venture, dessen Hauptsitz nach Amsterdam verlegt werden soll, will Kerkhoff möglichst ab Oktober in den neuen Werkstoffkonzern Thyssen-Krupp Materials einbringen.

Als Vorstandschef für das Gemeinschaftsunternehmen wurde bereits Andreas Goss benannt, derzeit CEO der Stahlsparte von Thyssen-Krupp. Das restliche Vorstandsteam setzt sich zusammen aus Vertretern beider Unternehmen: Goss’ Stellvertreter wird der bisherige Tata-Steel-Europe-Chef Hans Fischer. Als Strategiechef wurde Premal Desai (derzeit Finanzchef bei Thyssen-Krupp Steel) benannt. Als CFO des Joint Ventures soll der derzeitige Tata-Manager Sandip Biswas fungieren.

Noch bevor die EU-Kommission Mitte Juni final über den Deal entscheidet, will der europäische Tata-Betriebsrat am 10. Mai eine Dringlichkeitssitzung einberufen, um über den aktuellen Stand zu beraten und einer möglichen Entscheidung Brüssels zuvorkommen zu können. Im Anschluss soll es eine weitere Erklärung geben, hieß es.