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Milliarden für den Schuldenabbau: Bayer verkauft die Tiermedizin

Die Tiermedizinsparte geht für 7,56 Milliarden Dollar an den US-Konzern Elanco. Damit erzielt Bayer bei der Neuaufstellung einen großen Fortschritt.

Elanco steigt mit der Übernahme zum weltweit zweitgrößten Anbieter in der Tiergesundheit auf. Foto: dpa
Elanco steigt mit der Übernahme zum weltweit zweitgrößten Anbieter in der Tiergesundheit auf. Foto: dpa

Bayer verkauft seine Sparte Tiermedizin für 7,6 Milliarden Dollar, umgerechnet rund 6,8 Milliarden Euro, an den US-Konkurrenten Elanco. Damit kann der Konzern sein im vergangenen Herbst angekündigtes Desinvestitionsprogramm vorzeitig abschließen.

Wie Bayer am Dienstag bekanntgab, zahlt Elanco dabei 5,3 Milliarden Dollar in bar, den Rest in eigenen Aktien. Bayer steigt so zunächst zu einem der größten Aktionäre des US-Unternehmens auf. Der Leverkusener Konzern will sich zu einem späteren Zeitpunkt allerdings von diesen Anteilen trennen.

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„Diese Transaktion stärkt unseren Fokus als ein führendes Life-Science-Unternehmen“, kommentierte Bayer-Chef Werner Baumann die Transaktion. Für Bayer ist der Deal vor allem aber ein wichtiger Schritt, um seine relativ hohe Finanzverschuldung nach der Übernahme des US-Saatgutkonzerns Monsanto zu reduzieren.

Ende Juni wies der Konzern knapp 39 Milliarden Euro Netto-Finanzverbindlichkeiten ausgewiesen, was gut dem Dreifachen des erwarteten Betriebsgewinns vor Abschreibungen (Ebitda) entspricht. Zum Jahresende sollen sich die Schulden nach den bisherigen Plänen bei rund 35 Milliarden Euro liegen.

Mit dem Verkauf der Tiermedizinsparte und der in den letzten Wochen bereits vereinbarten Transaktionen dürften sie sich auf weniger als 30 Milliarden Euro reduzieren.

Viel frisches Geld

Vor wenigen Tagen vereinbarte Bayer den Verkauf seiner Mehrheitsbeteiligung am Chemiepark-Betreiber Currenta für zusammen gut 1,3 Milliarden Euro an Fonds, die von Macquarie Infrastructure and Real Assets (MIRA) angeführt werden. Zuvor wurden zwei größere Produktlinien der Sparte Consumer Health (rezeptfreie Gesundheitsprodukte) veräußert.

Die Fußpflegemarke Dr. Scholl’s ging für umgerechnet etwa 520 Millionen Euro an den Finanzinvestor Yellow Wood Partners. Bereits im Mai erwarb Beiersdorf die Sonnenschutzmarke Coppertone für knapp 500 Millionen Euro.

Bayer fließt damit zunächst rund sieben Milliarden Euro an Cash zu. Weitere zwei Milliarden Euro könnten folgen, wenn auch die Elanco-Aktien verkauft werden.

Ähnlich wie beim Verkauf von Currenta galten Finanzinvestoren als wahrscheinlichste Käufer der Tiermedizinsparte. Am Ende hat sich indessen mit Elanco einer der führenden Akteure aus der Branche durchgesetzt. Der US-Konzern wird durch die Übernahme nun zum zweitgrößten Hersteller von Tiermedizin mit etwa 4,8 Milliarden Dollar Umsatz aufsteigen und damit den bisherigen Branchenzweiten Boehringer Ingelheim überrunden.

Elanco kann sich mit der Übernahme vor allem auf dem Feld der Anti-Parasiten-Mittel verstärken. Sie zählen traditionell zu den Hauptprodukten der Tiermedizinsparte von Bayer.

Unangefochtener Marktführer ist der US-Konzern Zoetis, der vor sechs Jahren durch Ausgliederung aus dem Pfizer-Konzern entstanden ist und zuletzt rund 5,8 Milliarden Dollar Umsatz erwirtschaftete.

Elanco wiederum wurde im vergangenen Jahr vom Pharmakonzern Eli Lilly abgespalten, der zuvor die Tiermedizinsparte von Novartis übernommen hatte. Die Branche ist damit insgesamt von einer starken Konsolidierung geprägt. So hatte sich Boehringer vor zwei Jahren durch die Übernahme der Tiermedizinsparte von Sanofi verstärkt. Die führenden vier Anbieter in dem Markt dürften künftig gut 75 Prozent des Marktes beherrschen.

Bayer ist in diesem Konsolidierungswettlauf in den letzten Jahren zusehends zurückgefallen und entwickelte sich auch operativ tendenziell schwächer als die meisten Konkurrenten. Sowohl für 2018 als auch das erste Halbjahr 2019 hat der Konzern eine schwächere Umsatzentwicklung ausgewiesen als die großen Konkurrenten.

Betriebsrat drängt auf Zukunftsplan

Der Rückzug aus dem Arbeitsgebiet wurde daher von den meisten Beobachtern als ein strategisch überfälliger und angesichts der Monsanto-Übernahme auch finanziell naheliegender Schritt betrachtet.

Das Geschäft mit der Tiergesundheit zeichnet sich bisher durch moderates, aber vergleichsweise stetiges Wachstum, Ebit-Margen von um die 25 Prozent und hohe zweistellige Kapitalrenditen aus. Die regulatorischen Hürden sind tendenziell niedriger als im Humanpharmabereich, und auch von staatlichen Preisrestriktionen und sonstigen Eingriffen ist das Geschäft weitgehend verschont. Hinzu kommt, dass auch die Produktentwicklung tendenziell weniger Risiken birgt als die Erforschung von Human-Arzneien.

Der Bayer-Betriebsrat dringt beim geplanten Verkauf auf einen Plan für die Zukunft Tausender Beschäftigter. Elanco habe zugesagt, in das Wachstum der Geschäfte sowie weitere Innovationen zu investieren, sagte Oliver Zühlke, Gesamtbetriebsratsvorsitzender bei Bayer, am Dienstag. „Hierzu erwarten wir in den nächsten Wochen eindeutige Zukunftspläne vom Erwerber.“ Der Betriebsrat und die Gewerkschaft IG BCE würden alle weiteren Schritte aufmerksam begleiten.

Mit dem Verkauf gehen 4200 Bayer-Beschäftigte an Elanco über. In der Sparte selbst arbeiten rund 3700 Mitarbeiter, dazu kommen Beschäftigte in Querschnittsfunktionen sowie in Vertriebsgesellschaften des Konzerns.

Die Mitarbeiter der deutschen Animal Health GmbH bleiben gemäß geltender Vereinbarungen bis Ende 2025 vor betriebsbedingten Kündigungen geschützt, betonte Bayer. Sie würden zu gleichen Konditionen bei den Amerikanern weiter beschäftigt.

Für Beschäftigte der KVP Kiel und der Vertriebsgesellschaft Bayer Vital gelte ein Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen von drei Jahren nach Vollzug der Transaktion, der für Mitte 2020 angepeilt ist. Auch dort sollen vergleichbare Arbeitsbedingungen gelten.

Höhere Bewertungen

Die Attraktivität des Geschäfts ist seit dem Börsengang von Zoetis vor sechs Jahren deutlicher zutage getreten. Der Wert des US-Unternehmens hat sich seither auf inzwischen rund 60 Milliarden Dollar verdreifacht. Zoetis wird damit mit rund dem Zehnfachen des Umsatzes, dem 40-fachen des letztjährigen Gewinns und dem 28-fachen des Betriebsgewinns vor Abschreibungen (Ebitda) bewertet – und damit deutlich höher als die meisten Pharmafirmen.

Dieses hohe Niveau kam jetzt auch Bayer zugute. Der Konzern erhält trotz der aktuell eher mäßigen Performance seiner Tiermedizin nach eigenen Angaben das 18,8-fache des bereinigten Ebitda. Auch dieser Wert liegt noch über gängigen Bewertungen im Pharmabereich.

Bayer verbuchte im Bereich Tiermedizin im ersten Halbjahr einen währungsbereinigten Umsatzrückgang um knapp zwei Prozent auf 875 Millionen Euro und einen Rückgang des Betriebsgewinns um neun Prozent auf 223 Millionen Euro.

Auch über Bayer hinaus stehen die ansehnlichen Bewertungen in gewissem Gegensatz zur gebremsten Marktentwicklung im ersten Halbjahr. Mit Ausnahme von Zoetis verbuchten alle Hersteller in den ersten sechs Monaten stagnierende oder rückläufige Erlöse auf Dollarbasis. Zum Teil ist dafür die Dollar-Aufwertung verantwortlich.

Darüber hinaus wurde das Tiermedizingeschäft aber auch durch die Schweinepest in Asien gebremst, in deren Folge Millionen von Schweinen mussten China und Südostasien getötet werden mussten. Das wirkte sich unter anderem negativ auf die Nachfrage nach Impfstoffen und Antibiotika aus.
Mit Agenturmaterial