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Banken fürchten den Angriff von Tech-Riesen – doch die lassen sich Zeit

Unter den Banken geht die Angst um, dass Konzerne wie Google in ihr Geschäft einsteigen könnten. Doch die Tech-Riesen aus den USA haben es nicht eilig.

Es war ein Alarmsignal für die Banken: Vor ein paar Wochen kündigte der US-Internetriese Google an, ab sofort mit seinem mobilen Bezahldienst in Deutschland an den Start zu gehen. Zwar arbeitet der Konzern dabei mit hiesigen Geldhäusern wie der Commerzbank zusammen. Doch der Schritt des mächtigen kalifornischen Konzerns heizte bei den hiesigen Bankern die Angst vor einem Angriff der Tech-Giganten auf ihr Geschäft an.

Vorreiter aus Mountain View: Der Markteintritt von Google Pay ist der erste große Vorstoß eines US-Internetkonzerns in den deutschen Markt für mobiles Bezahlen. Er schürt die Sorgen hiesiger Topmanager, die Google-Mutter Alphabet und die anderen drei großen US-Tech-Konzerne Apple, Amazon und Facebook könnten bald die neuen Wettbewerber sein. „Vermutlich sind es die Datenriesen wie Google oder Facebook, die in wenigen Jahren die härtesten Konkurrenten von Banken sind“, sagte Andreas Krautscheid, Hauptgeschäftsführer des privaten Bankenverbandes, jüngst.

Die Furcht in der Finanzbranche: Die Banken könnten den direkten Kontakt zu den Kunden verlieren, weil Letztere Finanzdienstleistungen künftig über die Plattformen von Tech-Konzernen erwerben. Die Internetfirmen wären die Vermittler, die Banken – und dann nur wenige ausgewählte – würden lediglich die Produkte liefern. Zweitens besteht die Gefahr, dass die Tech-Konzerne ihr Geschäft ausbauen und eigene Bankdienstleistungen anbieten. Schließlich haben sie extrem viele Kunden und verfügen über die Mittel für große Investitionen.

Die Finanzaufsicht Bafin teilt diese Sorgen. An der Kundenschnittstelle könnte es bald sehr eng werden, so Bafin-Chef Felix Hufeld. „So mancher etablierten Bank und so manchem klassischen Versicherer droht bei einem Markteintritt der Bigtechs viel Ertragspotenzial und vor allem die Kenntnis über ihre Kunden aus erster Hand verloren zu gehen.“ Besonders kleine und mittelgroße Banken liefen Gefahr, den Anschluss zu verlieren.

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Die Regulierung wirkt als Bremse

Alles übertriebene Ängste? Bisher sieht es danach aus: Die vier großen Tech-Konzerne halten sich bei Finanzdienstleistungen noch weitgehend zurück. Falls es einen Angriff auf die Banken gibt, so findet er allenfalls im Kriechtempo statt. Dass die Unternehmen sogar zu Banken werden – davon ist bisher nichts zu sehen.

Und einiges spricht dafür, dass das vorerst so bleibt. Nick Jue, Chef der Direktbank ING-Diba, bezweifelt, dass die Tech-Konzerne stark ins Bankgeschäft vordringen: „Ob sie wirklich Spareinlagen einsammeln wollen, ob sie Lust haben, sich der Regulierung für Banken zu unterwerfen und Eigenkapital vorzuhalten wie eine Bank – das glaube ich nicht“, sagte er kürzlich.

Diese Einschätzung teilen etliche Beobachter. „Ich glaube nicht, dass die vier Tech-Konzerne in das klassische Bankgeschäft einsteigen werden“, sagt Bernd-Josef Kohl, Bankexperte des IT-Unternehmens GFT. „Das ist teuer, streng reguliert, und gerade der Zahlungsverkehr ist stark national organisiert.“

Auch Stefan Lamprecht, Mitglied der Geschäftsleitung beim Berater Sopra Steria, weist darauf hin, dass die großen Tech-Konzerne in vielen Ländern das Gleiche anbieten, basierend auf ihren Plattformen. „Im Bankgeschäft geht es aber nach wie vor stark um nationales Recht, nationale Regulierung und Besonderheiten“, sagt er. Als Beispiel führt er an, dass Apple Pay – das Pendant zu Google Pay – in Deutschland noch nicht gestartet ist.

Kilian Thalhammer, Zahlungsverkehrsexperte und Autor beim Finanzblog „Paymentandbanking“, wird noch deutlicher: „Ich sehe bei keinem der vier Unternehmen eine globale Strategie fürs Bankgeschäft“, sagt er. „Sie probieren immer wieder neue Dienstleistungen – nicht nur im Banking – aus, stellen sie aber teils auch wieder ein.“ So ordnet Thalhammer auch Berichte ein, wonach Apple eine gemeinsame Kreditkarte mit der US-Bank Goldman Sachs herausbringt: Einen Strategieschwenk von Apple könne er nicht erkennen, ähnliche Marketingkooperationen gebe es schon lange.

Damit ähnelt die Furcht vor dem Angriff der Tech-Konzerne einer früheren Sorge: Lange sahen die etablierten Geldhäuser Finanz-Start-ups, kurz Fintechs, als neue Konkurrenten. Inzwischen ist klar, dass die meisten Fintechs Banken als Partner brauchen und allein nicht überleben können.

Zudem geben sich deutsche Kunden skeptisch, wenn es um Bankdienstleistungen von Amazon, Apple, Google und Facebook geht: Nur wenige können sich vorstellen, bei den vier Tech-Konzernen Finanzdienstleistungen zu erwerben. Amazon würden knapp neun Prozent vertrauen, ergab eine Umfrage der Markenberatung Brand Trust, die dem Handelsblatt vorliegt. Bei Facebook sind es gerade einmal drei Prozent. „Das Vertrauen in die Marken der deutschen Banken ist hoch“, sagt Brand-Trust-Partner Achim Feige. Genau das verschaffe ihnen auch Zeit für den Wandel.

Nicht nur in Deutschland, hier aber besonders, sind die Bankdienstleistungen der vier Tech-Konzerne überschaubar. „Apple Pay ist die einzige Bank- und Zahlungsverkehrsdienstleistung von Apple“, erklärt der Konzern. Google betont, dass Google Pay nur eine Plattform sei, aber kein Bankprodukt. In der Tat brauchen Kunden eine Bank- oder Kreditkarte, um Apple Pay oder Google Pay nutzen zu können. Über Google Pay Send kann man zudem Geld per E-Mail überweisen.

Auch Facebook wartet mit nur wenigen Zahlungsdienstleistungen auf. So können Kunden über die Chat-Funktion Messenger Geldbeträge senden. Das funktioniert in Großbritannien, Frankreich und den USA. Facebook kooperiert dabei unter anderem mit den beiden Bezahldiensten Paypal und Stripe. In Deutschland arbeitet Facebook zudem mit Stripe zusammen, um den Ticket-Service Eventbrite für Veranstalter anzubieten.

Immer wieder hieß es, die Tech-Konzerne hätten Banklizenzen beantragt. Doch Facebook hat lediglich eine irische Lizenz für den Zahlungsverkehr, eine sogenannte E-Geld-Lizenz, die für Europa gilt. Sie erlaubt Zahlungen zwischen Einzelpersonen (P2P) und die Abwicklung von Spendentransaktionen. Auch Google verfügt in Großbritannien und in den USA über eine E-Geld-Lizenz.

Etwas anders ist die Situation bei Amazon. Der Onlinehändler hat bereits einen eigenen Bezahldienst, Amazon Pay – auch in Deutschland. Auch die anderen banknahen Angebote des Onlinehändlers, Amazon Cash, Amazon Corporate Credit Line und Amazon Lending, dienen dem eigenen Geschäft.

Amazon Cash ermöglicht es Kunden, die zum Beispiel keine Kreditkarte haben, ihr Einkäufe im Internet bar zu bezahlen. Sie laden dabei ihr Amazon-Konto, das über einen Barcode erstellt wird, in Geschäften an der Ladenkasse mit Bargeld auf. Amazon Corporate Credit Line richtet sich an Firmen, die über Amazon einkaufen wollen, und Amazon Lending an Händler auf seiner Plattform.

Girokonto zum Kostensparen

Wie das „Wall Street Journal“ kürzlich berichtete, spricht Amazon zudem mit der Großbank JP Morgan Chase, um ein Girokonto-ähnliches Produkt zu entwickeln. Das Unternehmen äußert sich dazu nicht. Bei Amazon würden Bankdienstleistungen am besten zum Geschäftsmodell passen, findet Japhet Wünsch, Experte für Zahlungsverkehr der Investmentbank Raymond James. „Es gibt bereits Millionen Kunden, die auf der Amazon-Plattform bezahlen.“ Aber auch Amazon werde damit nicht selbst zur Bank, sondern biete die Dienstleistung lieber über einen Partner an. „Der Aufwand, eine Bank zu betreiben, wäre zu groß“, sagt Wünsch.

Das oft angeführte Vorbild aus China, Ant Financial mit seinem mobilen Bezahldienst Alipay, ist da längst weiter. Alipay, aus dem Onlinehändler Alibaba hervorgegangen, zählt mehr als 600 Millionen Nutzer. Für einen Großteil der Chinesen gehört das Bezahlen mit Alipay oder dem Rivalen WeChat Pay bereits zum Alltag.

Alipay ist wie eine Bank aufgestellt: Nutzer können Kredite beantragen, Geld überweisen oder ihr Erspartes in Finanzprodukten anlegen. Um ihre Bezahlprogramme haben Ant Financial und WeChat einen Kosmos von Dienstleistungen errichtet, vom Bestellen eines Taxis über das Bezahlen der Stromrechnung bis zum Buchen der Urlaubsreise. Vor dem Aufstieg von Alipay und WeChat waren Überweisungen in China lästig, Kunden mussten sich dafür bei Bankfilialen anstellen.

Die deutschen Banken haben die großen Tech-Konzerne jedenfalls genau im Blick – schon allein als Tempomacher. „Sie machen uns Beine. Die Kunden sind es heute beispielsweise gewohnt, von Netflix oder Amazon in wenigen Minuten neue Zugangsdaten zu erhalten, wenn sie ihr Passwort vergessen haben“, sagt ING-Diba-Chef Jue. „Heutzutage kommt es vor allem auf Geschwindigkeit an.“

Auch wenn der große Angriff noch nicht sichtbar ist: Manche Experten warnen davor, die Tech-Firmen zu unterschätzen. „Wir glauben, dass alle vier Unternehmen und auch Ant Financial früher oder später in Deutschland mit klassischen Bankdienstleistungen aktiv werden“, sagt Dirk Vater, Partner der Beratungsfirma Bain.

Auch Oliver Mihm, Chef von Investors Marketing, traut den Konzernen zu, dass sie Bankdienstleistungen anbieten, „wenn sie mit ihren bisherigen Geschäften an Wachstumsgrenzen stoßen“ und um ihrer riesigen Kundenschar neue Produkte anzubieten. Beispiel Apple: Steigen die Nutzerzahlen von Apple Pay stark, hält Mihm es „für denkbar, dass Apple irgendwann eine eigene Kreditkarte ohne Kooperationen anbietet, um die volle Wertschöpfung zu bekommen“.