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Bahnchef schmeißt überraschend hin

Große Überraschung bei der Deutschen Bahn: Vorstandschef Rüdiger Grube gibt sein Amt nach sieben Jahren ab. Eigentlich läuft sein Vertrag noch bis Ende des Jahres. Regierungsvertreter zeigten sich „fassungslos“.

Bahnchef Rüdiger Grube ist am Montag überraschend zurückgetreten. Grube habe dem Aufsichtsrat vorgeworfen, sich nicht an Absprachen gehalten zu haben. Ihm sei vor der Sitzung eine Vertragsverlängerung um drei Jahre bis Ende 2020 zugesichert worden, er habe im Gegenzug auf eine Gehaltserhöhung und auf eine Abfindung im Falle eines vorzeitigen Abgangs verzichtet, erfuhr das Handelsblatt aus Aufsichtsratskreisen. In der Aufsichtsratssitzung des Staatskonzerns am Montag habe man ihm dann aber doch nur zwei weitere Jahre als Vorstandschef geben wollen, hieß es.

Die Deutsche Bahn hat inzwischen bestätigt, dass Grube von seinem Amt zurücktritt. Der Aufsichtsrat habe einstimmig der Bitte Grubes entsprochen, seine Bestellung zum Vorstandsvorsitzenden mit sofortiger Wirkung aufzuheben, teilte das Staatsunternehmen mit. Das Kontrollgremium werde bald über einen Nachfolger entscheiden. Grube wollte seinen Arbeitsplatz noch am Montag verlassen. Kommissarischer Bahnchef ist nunmehr Finanzvorstand Richard Lutz.

Der Vorschlag des Bahneigentümers und Personalausschusses, den Vertrag über 2017 hinaus um drei Jahre zu bestätigen, dafür aber Grubes Forderung nach einer Gehaltserhöhung nicht nachzukommen, sei „nicht mehrheitsfähig“ gewesen, heißt es in Kreisen der Bundesregierung. Regierungsvertreter zeigten sich „fassungslos“ nach Grubes Rücktritt.

So reagierte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) überrascht. „Das ist in der Tat eine so nicht zu erwartende Wendung“, sagte der CSU-Minister am Montag am Rande einer Vorstandssitzung seiner Partei in München. Allerdings habe es bereits in den vergangenen Tagen Diskussionen über Grube gegeben, sagte Dobrindt, ohne sich konkreter zu äußern. „Aber dass es am Schluss offensichtlich wenig Einigungsbereitschaft auf beiden Seiten gegeben hat, war so nicht erkennbar“, fügte er hinzu.

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Einen Kandidaten für Grubes Nachfolge gebe es noch nicht. Auf die Frage nach den Aussichten des früheren Kanzleramtsministers und Bahn-Vorstandsmitglieds Ronald Pofalla, der in der Vergangenheit als möglicher Nachfolger Grubes genannt wurde, sagte Dobrindt: „Wir gehen jetzt einfach auf die Suche. Es gibt jetzt überhaupt keinen Grund, im Vorfeld schon irgendwelche Namen ins Gespräch zu bringen.“ SPD-Fraktionsvize Sören Bartol riet, nun nichts zu überstürzen: „Da gibt es niemanden, der sich sofort aufdrängt.“ Der Personalausschuss des Aufsichtsrats sei bereits mit der Suche beauftragt.

Um die Vertragsverlängerung war mit Grube bis zum Wochenende verhandelt worden. Erst am Freitag einigten sich Bund und Bahnchef auf die Konditionen. Grube bestand auf drei weiteren Jahren, einige Aufseher wollten ihm von Anfang an nur zwei Jahre zubilligen. Dass die Mehrheit der Aufsichtsräte nun aber auf der Aufsichtsratssitzung am heutigen Montag in Berlin erneut nur zwei Jahre genehmigen würde, hatte selbst die Regierungsvertreter überrascht.

Vor allem aber, dass die Aufseher mit ihrer Weigerung in Kauf genommen haben, dass Grube möglicherweise Konsequenzen daraus zieht. Grube hatte immer darauf hingewiesen, er wolle einer Vertragsverlängerung „nicht nachlaufen“. Doch schon vor der Sitzung gab es immer wieder Hinweise darauf, dass einige Vertreter des Aufsichtsrates nicht mit der Führung Grubes einverstanden waren. Sie kreideten dem seit 2009 amtierenden Bahnchef an, das Kerngeschäft vernachlässigt zu haben. Grube hatte daraufhin 2015 ein Sanierungsprogramm gestartet, dass bis 2021 reicht und Milliarden schwere Investitionen in die Bahn vorsieht.

Der 65-Jährige war seit 2009 Vorstandschef des bundeseigenen Konzerns mit weltweit 300.000 Angestellten und rund 40 Milliarden Euro Umsatz. Er übernahm die Führung nach der Affäre um massenhafte Ausspähung von Mitarbeiter-E-Mails unter seinem Vorgänger Hartmut Mehdorn.


„Grube durfte nur den Mangel verwalten“

Durch den Kauf der Auslandsverkehrstochter Arriva trieb er die internationale Ausrichtung voran. Nach einem Verlustjahr 2015 konnte Grube zuletzt auf ein verbessertes Ergebnis und eine gestiegene Pünktlichkeit der Züge verweisen. Das Gremium wollte seinen Vertrag nur um zwei statt wie zuvor vereinbart um drei Jahre verlängern.

Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer kritisierte, Grube sei der Sündenbock für die falsche Bahnpolitik Dobrindts. Statt eine Schienenverkehrsoffensive zu starten, „durfte Grube nur den Mangel verwalten, während Schulden und Verspätungen immer mehr zunahmen.“ Das Bündnis Bahn für Alle warf Grube vor, er habe das Bahn-Kerngeschäft, die Eisenbahn in Deutschland, ausbluten lassen.

„Rüdiger Grube war nach Mehdorn der Richtige um die Deutsche Bahn wieder zur Ruhe zu bringen“, hob hingegen Martin Burkert (SPD) hervor, der Vorsitzende des Bundestagsverkehrsausschusses. Nun brauche es einen Bahnchef, der Qualität und Zuverlässigkeit voranbringe und die Gütersparte DB Cargo wieder aufs richtige Gleis setze.

Die Linken-Verkehrspolitikerin Sabine Leidig sieht nicht die Vertragsverlängerung als Grund des Rücktritts, sondern das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart21. „Er hat sich ganz offensichtlich verspekuliert“, teilte Leidig mit und verwies auf gestiegene Kosten für das Bauvorhaben. Gegner von Stuttgart 21 hoffen auf das Aus des Projekts: „Rüdiger Grube stand für Stuttgart 21, mit seinem Rücktritt ist auch S21 am Ende“, sagte der Sprecher der Stuttgarter Parkschützer, Matthias von Herrmann.

KONTEXT

Vita Rüdiger Grube

Der Manager

Der gelernte Flugzeugmechaniker Rüdiger Grube ist seit 2009 Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn. Ende 2017 läuft sein Mandat aus. Grube würde aber auch verlängern, wenn der Bund als Eigentümer dies will. Darüber soll im Herbst entschieden werden.

Das Unternehmen

Die Bahn ist in Schwierigkeiten. Mangelhafter Service, Verspätungen und technische Pannen sollen nun durch ein milliardenschweres Investitionsprogramm behoben werden. Das Projekt "Zukunft Bahn" ist 2015 gestartet und soll bis in die 2020er-Jahre laufen. Es erfordert Milliarden, die das Management nun unter anderem durch Börsengänge der Töchter Arriva und Schenker hereinholen will.