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Nicht Bürokratie: Dieses Problem machte einer Gründerin am meisten zu schaffen

Die Wienerin Bettina Steinbrugger war 2011 eine der Pionierinnen auf dem Perioden-Produkte-Markt. Jetzt hat sie ein Buch über ihre Erfahrungen als Gründerin geschrieben. - Copyright: Campus Verlag/ Gründerszene
Die Wienerin Bettina Steinbrugger war 2011 eine der Pionierinnen auf dem Perioden-Produkte-Markt. Jetzt hat sie ein Buch über ihre Erfahrungen als Gründerin geschrieben. - Copyright: Campus Verlag/ Gründerszene

Zwölf Jahre ist Bettina Steinbrugger nun schon Gründerin. 2011 beschloss sie mit ihrer Mitstreiterin Annemarie Harant in Wien Erdbeerwoche gründen. Ihr gemeinsames Thema: nachhaltige Periodenprodukte als Vorreiterinnen an die Frau bringen. In Startup-Dimensionen ist die Gründung schon eine Ewigkeit her. Seitdem hat Steinbrugger ziemlich alle Stadien eines Gründerlebens durchlaufen, von der Sidepreneurin und Bootstrapperin, zur Gewinnerin von Pitch-Wettbewerben und schließlich Geschäftsführerin eines profitablen E-Commerce- und Social-Startups.

Nun hat die Österreicherin über die Herausforderungen und die tausend riesig scheinenden Fragen am Anfang – Wie gründet man eigentlich? Woher die ganze Zeit nehmen? Wie teilen sich zwei Gründerinnen die Arbeit? –, über die Rückschläge, wie unerwartete Markenrechtsstreits und stechende Wachstumsschmerzen, und über die Erfolge des letzten Jahrzehnts als Unternehmerin ein Buch geschrieben. Ein ehrliches, detailreiches und für andere Gründerinnen und Gründer sicherlich hilfreiches Buch.

"Bloody Business. Der Weg zum nachhaltigen Start-up – Tabubruch inbegriffen" erscheint am 13-September beim Campus Verlag. Hier lest ihr exklusiv einen Vorab-Auszug. Steinbrugger schreibt in dem Kapitel "Plötzlich Chefin!" über die Zeit, als sie und Harant beschlossen haben, erste Mitarbeiter einzustellen. Verantwortung abzugeben war gar nicht so leicht - noch schwerer schien es aber, Menschen zu finden, die diese annehmen wollen:

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Die wohl größte Herausforderung für uns als Jungunternehmerinnen stellten aber weder die österreichische Bürokratie noch Markenstreitigkeiten dar, sondern das Thema Mitarbeitende. Da Annemarie und ich die erdbeerwoche neben unseren Jobs als Angestellte starteten, wuchs unser Unternehmen zu Beginn nur sehr langsam – und wir waren es gewohnt, immer nur zu zweit zu arbeiten. Wir trafen uns nach unseren "Brotjobs" am Abend bei einer von uns zu Hause oder in einem Café und stürzten uns in die schier endlos scheinenden Tasks und To-do-Listen. Unsere Arbeitsweise war stets von einem gewissen Pragmatismus, aber auch einer klaren Zielorientiertheit geprägt – oftmals leicht chaotisch, aber immer so, dass wir beide uns noch gut auskannten. Strukturen waren nicht notwendig, denn wir wussten immer, was die andere gerade tat und warum sie es tat, ohne uns vorher abgesprochen oder die Aufgaben ganz klassisch aufgeteilt zu haben.

Victoria Arnhold und Claire Siegert haben einen Startup-Inkubator speziell für Frauen gegründet.
Victoria Arnhold und Claire Siegert haben einen Startup-Inkubator speziell für Frauen gegründet.

Co-Gründer-Profile: Kompatibel oder lieber gleich?

Bei einer der vielen Startup-Veranstaltungen, die wir nach unseren Anfangsjahren besuchten, meinte ein Investor (wie immer ein alter, weißer Mann), dass man sich seine Co-Gründerin oder seinen Co-Gründer stets nach komplementären Eigenschaften aussuchen sollte. Das bedeutet: War man selbst ein Finanzgenie, aber eine Null im Marketing, sollte man sich ein Kommunikations- und Marketingtalent angeln und umgekehrt. Diese "Erfolgsstrategie" kann ich so nicht pauschal unterschreiben.

In unserem Fall war es so, dass Annemarie und ich wohl teils ähnliche Stärken und Schwächen aufwiesen. Viel wichtiger fand ich allerdings, dass wir ähnlich tickten. Wir sahen Dinge oft ähnlich, was uns gerade in vielen zermürbenden und nervenaufreibenden Situationen zugutekam, da wir trotz Meinungsverschiedenheiten das Boot eigentlich immer in dieselbe Richtung lenkten. Ich kann mir nichts Mühsameres vorstellen, als wenn gleichberechtigte Unternehmerinnen und Unternehmer am Ruder reißen, um in die jeweils entgegengesetzte Richtung zu steuern. Wir waren uns unserer ähnlichen Stärken und Schwächen bewusst, weshalb es nicht zum Problem wurde. Fehlende Fähigkeiten, das heißt "Skills", kann man sich extern einkaufen – in Form von Mitarbeitenden oder externen Dienstleistern.

Nichtsdestotrotz stellte uns das Thema Human Resources vor ungeahnte Herausforderungen. Irgendwann kam der Punkt, an dem wir merkten, dass unsere Arbeitskraft nicht mehr ausreichte.

Unser Baby wuchs schneller, als uns lieb war, und wir brauchten Unterstützung. "Kein Problem", dachten wir uns, "dann stellen wir halt schnell mal jemanden ein".

Recruiting geht nicht mal so nebenbei

Mittlerweile – einige Jahre und etliche graue Haare später – weiß ich, dass man nicht einfach schnell mal jemanden einstellt. Das Einstellen selbst ist dabei oftmals nicht das Problem, sondern das Finden und Binden von wirklich guten Mitarbeitenden. Irgendwann wurde uns auch klar, warum Human Resources eine eigene Wissenschaft ist und warum es Leute gibt, die das studieren und sich anschließend in ihren Jobs nur damit beschäftigen.

Als Jungunternehmerin oder Jungunternehmer hat man natürlich ganz andere Sorgen, als sich in die Psychologie des arbeitssuchenden Menschen zu vertiefen. Vor allem hatten wir alle Hände voll zu tun, das Unternehmen am Laufen zu halten. Nebenbei sollten wir dann auch noch Rekrutierung von Mitarbeitenden betreiben. Es lag also auf der Hand, dass dies einige Male nicht gut ging.

Fast vier Jahre lang hatten wir unser Unternehmen nur zu zweit aufgebaut. Nun – im Jahr 2015  – waren wir bereit, die erste Mitarbeiterin einzustellen. Die Herausforderung begann schon mit der Stellenausschreibung: Wen suchten wir eigentlich? Na jemanden, der oder die uns auf allen Ebenen unterstützt, gut mit Zahlen umgehen kann (und somit unsere Schwächen ausgleicht), gleichzeitig kommunikativ und aufgeschlossen ist, eine gute Vertriebspersönlichkeit hat und außerdem ehrgeizig, eigenverantwortlich und stressresistent ist.

Also die eierlegende Wollmilchsau oder man könnte auch sagen: So eine Person findet man am Arbeitsmarkt nicht, vor allem nicht bei dem Gehalt, das wir in der Lage waren, zu bezahlen. Notgedrungen fischten wir also im Teich der noch Studierenden oder Studienabgänger:innen und mussten bald feststellen, dass uns von dieser Generation, die gerade mal zehn Jahre jünger war als wir, so einiges unterschied.

Am 13.September erscheint das Buch der Wiener Gründerin. - Copyright: Campus
Am 13.September erscheint das Buch der Wiener Gründerin. - Copyright: Campus