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Finanzierung geplatzt: Börsennotiertes Fintech Creditshelf beantragt Schutzschirmverfahren – wie es soweit kommen konnte

Rolf Elgeti (links) soll an den Problemen von Creditshelf Teil haben – sagen die Vorstände des Fintechs, Tim Thale (CEO) und Daniel Bartsch (CFO, v.l.n.r.). - Copyright: Creditshelf / Getty Images / Zoe-Melody Janser für Gründerszene.
Rolf Elgeti (links) soll an den Problemen von Creditshelf Teil haben – sagen die Vorstände des Fintechs, Tim Thale (CEO) und Daniel Bartsch (CFO, v.l.n.r.). - Copyright: Creditshelf / Getty Images / Zoe-Melody Janser für Gründerszene.

Das börsennotierte Fintech Creditshelf hat schwerwiegende Probleme. Am Abend des 1. Februar gab das Unternehmen in einer Adhoc-Mitteilung bekannt, in Kürze die Eröffnung eines Schutzschirmverfahrens gem. § 270d Insolvenz Ordnung zu beantragen. Der Vorstand der Aktiengesellschaft sehe, heißt es weiter, "wesentliche Grundlagen für Creditshelfs positive Fortführungsprognose als nicht mehr erfüllt". Die in der Mitteilung aufgeführten Gründe für die Entscheidung lesen sich so: Nach "ergebnislosen Verhandlungen mit der Hauptgesellschafterin Obotritia Capital KGaA" sei man zu der Feststellung gelangt, dass der Investor seinen "vertraglichen Verpflichtungen nach Ablauf einer Frist gegenüber Creditshelf" wohl nicht werde nachkommen.

Anders gesagt: Obotritia zahle laut der Mitteilung rechtsverbindlich zugesagtes Geld nicht - und Creditshelf geht damit das Geld aus. Ziel des Schutzschirmverfahren sei es, anderen Investoren den Weg frei zu machen. Dafür sei das Verfahren nach eingängiger Prüfung die beste Lösung, heißt es seitens der Firma.

Was genau ist da passiert und was hat es mit der Obotritia Capital auf sich? Hier die Details.

Zwei geplatzte Deals: Der Weg in die Katastrophe

Dabei hatte alles so gut angefangen: 2014 gründen Tim Thale und Daniel Bartsch Creditshelf. Beide haben jahrelange Bankenerfahrung. Das hessische Fintech funktioniert wie eine Match-Making-Plattform, auf der Firmen und Kreditgeber zueinanderfinden. Die Kern-Dienstleistung von Creditshelf besteht in einer datengestützten Risikoanalyse der Kreditsuchenden. Die Zielgruppe: der deutsche Mittelstand. Das verliehene Geld kommt von Beginn an auch von institutionellen Investoren.

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Wettbewerber will der Kreditvermittler durch unkomplizierte, digitale Prozesse ausstechen. Das scheint zu funktionieren: Im Sommer 2018 geht das Startup als eines der ersten Fintechs in Deutschland an die Frankfurter Börse.

Schwierig für das Kredit-Startup gestaltet sich bald die Suche nach Funding-Partnern, also Banken. Im Herbst 2021 verkündet die Creditshelf AG, einen Kredit in Höhe von 120 Millionen Euro von der Amsterdam Trade Bank aufzunehmen. Von einem "starken Engagement für den deutschen Mittelstand“, war die Rede. Doch ein halbes Jahr später schlitterte die niederländische Bank in die Insolvenz. Die 120 Millionen bleiben aus.

Daraufhin sollte der US-Investment-Riese Goldman Sachs dem Fintech einen 100 Millionen Euro-Kredit erlassen, wie das Startup im November 2022 verkündete. Die Zusage mache "uns sehr stolz und ist ein großer Erfolg für unsere Unternehmensentwicklung", ließ CFO Daniel Bartsch verlauten. Im Podcast Tech Startups Germany spricht Bartsch im April 2023 selbstbewusst über den Millionenkredit. Doch auch dieser Millionen-Deal kommt nie zustande.

Elgeti ist seit Ende 2015 Großaktionär bei Creditshelf und mit seiner Investmentfirma, der Obotritia Capital, größter Shareholder. Zuletzt soll er dem Fintech 40 Millionen Euro zugesagt – dann aber nicht eingezahlt haben. "Die Goldman-Linie steht aber nur zur Verfügung, wenn Obotritia dabei ist", hält die Börsen-Zeitung im Mai 2023 fest. Goldman Sachs lässt den Deal platzen.

Darauf dürfte sich auch die AdHoc-Meldung beziehen, in der es ja heißt, dass die Obotritia ihren "vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommen wird": „Konkret geht es um die ausgebliebenen Zahlungen a) einer durch die Obotritia rechtsverbindlich zugesagten und seitens creditshelf ordnungsgemäß abgerufenen Darlehenstranche aus dem Gesellschafterdarlehensrahmenvertrag und b) einer durch die Obotritia rechtsverbindlich zugesagten und durch das Finanzierungsvehikel Silver Bullet Funding DAC ordnungsgemäß abgerufenen Junior-Tranche."

Die Rolle des Rolf Elgeti – und seiner Firmen

Rolf Elgeti ist der größte Shareholder von Creditshelf. - Copyright: Rolf Elgeti
Rolf Elgeti ist der größte Shareholder von Creditshelf. - Copyright: Rolf Elgeti

Rolf Elgeti galt als unternehmerischer "Superstar", wurde als "Immobilienkönig" bezeichnet. Seine Immobilienfirma, die Deutsche Konsum Reit, vermietet Immobilien an Händler wie Aldi oder Edeka. Seine Karriere hat Elgeti im Bankensektor gestartet: Bei der Warburg-Bank und der Commerzbank, ist der Aufsteiger mit Mitte 20 ein bekannter Analyst in London, wird als "Börsen-Wunderkind" gefeiert. Erst später wird aus ihm ein Immobilieninvestor, leitet den Wohnimmobilienkonzern TAG. Dann führt ihn sein Weg zurück in die Welt der Banken.

2014 gründet Elgeti die Obotritia Capital. Und geht auf Shoppingtour: Neben seinen Anteilen an Creditshelf, wo Elgeti Großaktionär ist, kauft er sich bei seinem favorisierten Fußballverein Hansa Rostock, einer Sportplattform und mehreren Pflegeheimen ein. Dabei seien "absurd hohe Schulden" entstanden, schreibt die Wirtschafts-Woche. 2018 gründet Elgeti zusätzlich ein Finanzinstitut: das Bankhaus Obotritia. Das wiederum vergibt auch Kredite über Creditshelf.

Elgetis Bank macht 2023 dicht. Und begründet das mit dem veränderten Marktumfeld – "neben dem Fortschreiten der Zinswende auch die Lage auf dem Immobilien- und Immobilienfinanzierungsmarkt – sowie die gestiegenen Anforderungen der Bankenaufsicht". Das war im August 2023.

Wenige Monate zuvor, Ende April 2023, spricht Creditshelf erstmals von einem "bestandsgefährdenden Risiko". Wegen Rolf Elgeti – oder, in den Worten von Creditshelf: Wegen des "noch nicht erfolgten Starts der Finanzierungsfazilität mit Goldman Sachs aufgrund der ausstehenden Einzahlung erster Mittel durch den Junior Lender Obotritia Capital". Das Branchen-Magazin Finanz-Szene fasst es so zusammen: "Creditshelf braucht Goldman Sachs – und alle brauchen Rolf Elgeti".

Und dann entlässt Creditshelf im großen Stil

Die öffentlich einsehbaren Geschäftsberichte von Creditshelf weisen durchgehend Verluste auf, meistens in Millionenhöhe. Die Geschäftsführung versucht mit Kündigungen aktiv gegenzusteuern: Im August 2023 entlässt das Fintech die Hälfte seiner Mitarbeitenden. Die Belegschaft schrumpft von 70 auf rund 35 Leute. Die Börsen-Zeitung schrieb: Creditshelf könne die hohe Kreditnachfrage nicht bedienen, dem Unternehmen stehe "das Wasser bis zum Hals".

Im Vorwort ihrer Quartalsmitteilung zum dritten Quartal 2023 erklären die Vorstände Tim Tarbe und Daniel Bartsch, wie sie dem Negativtrend entgegenwirken wollen: "Die Sachkosten haben wir im Vorjahresvergleich weiter gesenkt. Bei den Personalaufwendungen werden wir in den kommenden Monaten eine deutliche Entlastung sehen, da die im Sommer getroffenen Personalmaßnahmen im 4. Quartal 2023 vollumfänglich greifen."

Man arbeite "weiterhin mit Hochdruck an einer Auflösung des bestehenden Finanzierungsengpasses" und hoffe, "bis zum Jahresende eine Lösung auf den Weg zu bringen, um in Kombination mit der optimierten Kostenbasis in Zukunft rentabel wirtschaften zu können."

Wie Finance Forward berichtete, gab es im Spätsommer 2023 dann Überlegungen der Konkurrenz, Creditshelf zu übernehmen. Aber auch dieser Deal kam offenbar nicht zustande. Im November 2023 endeten Taube und Bartsch ihre Quartalsmitteilung so: Man erwartete nicht, dass eine Finanzierung bis Ende des Jahres zustande käme. Das Unternehmen korrigiert seine Umsatzprognose 2023 von fünf bis sieben auf vier bis fünf Millionen Euro.

Creditshelf: Eine Fintech-Aktie im freien Fall

Stabiler Trend nach unten: Entwicklung des Aktienkurses von Creditshelf seit Börsengang im Sommer 2018.  - Copyright: Finanzen.net
Stabiler Trend nach unten: Entwicklung des Aktienkurses von Creditshelf seit Börsengang im Sommer 2018. - Copyright: Finanzen.net

Die Probleme des Fintechs kündigten sich schon lange an – nachvollziehbar an dessen Börsenkurs. Gestartet war Creditshelf bei etwas mehr als 65 Euro, Höhepunkt waren kurz nach Börsenstart gut 70 Euro. Das war vor fünf Jahren.

Der Aktienkurs des Fintechs entwickelte sich seitdem relativ konstant nach unten. Nach einem kurzen Aufbäumen im ersten Quartal 2022 sankt er noch rapider, ist seit 2023 im freien Fall. Der Börsenwert der Firma sank auf sechs Millionen Euro. Im Sommer 2023 pendelte sich der Kurs bei etwa 4,50 Euro pro Aktie ein – nur knapp über dem bisherigen Tiefstand.

Bereits seit Sommer letzten Jahres schien der Kurs der Creditshelf-Aktie auf niedrigem Stand festgefroren.  - Copyright: Finanzen.net
Bereits seit Sommer letzten Jahres schien der Kurs der Creditshelf-Aktie auf niedrigem Stand festgefroren. - Copyright: Finanzen.net

Die negative Kursentwicklung läuft parallel zum Kreditgeschäfts von Creditshelf: Im letzten Quartal 2022 vermittelte das Fintech laut Geschäftsbericht Kredite im Umfang von 21 Millionen Euro: Im Vergleich zum Vorjahr ein Einbruch um fast zwei Drittel.