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Knaus Tabbert mit ernüchterndem Börsendebüt – Deutschland fehlen zugkräftige Tech-Konzerne

Auch der Rüstungselektronik-Konzern Hensoldt spürt die Vorsicht der Investoren beim IPO. Zu einem Milliarden-Börsengang kommt es in Polen.

Knaus Tabbert erwischte einen Fehlstart auf dem Parkett. Foto: dpa
Knaus Tabbert erwischte einen Fehlstart auf dem Parkett. Foto: dpa

Wolfgang Speck versuchte noch, Optimismus zu verbreiten. „Caravaning ist cool“, rief der Knaus-Tabbert-Chef am Mittwochmorgen in die Runde auf dem Frankfurter Börsenparkett.

Doch wenige Minuten später hatte den Topmanager die Realität eingeholt. Der erste Börsengang in Deutschland nach der Sommerpause fiel ernüchternd aus. Die Aktie des Freizeitmobil-Herstellers startete in Frankfurt mit einem Kurs von 58 Euro, entsprechend dem zuvor nach unten angepassten Ausgabepreis von ebenfalls 58 Euro.

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Bis zum frühen Nachmittag bröckelte der Kurs dann weiter ab in Richtung 57 Euro, obwohl die deutschen Aktienindizes zulegen konnten. Der Fehlstart von Knaus Tabbert zeigt auch strukturelle Schwächen der Deutschen Börse, denn es fehlen zugkräftige Kandidaten aus dem Technologiesektor.

Die Börsen in den USA und in China zeigen derzeit, wie erfolgreiche Initial Public Offerings – abgekürzt IPOs – aussehen können. Am Mittwoch steuerte Bentley Systems auf ein erfolgreiches Debüt an der US-Technologiebörse Nasdaq zu. Die Nachfrage nach den Papieren des Unternehmens war enorm, die auf Simulationssoftware für Infrastrukturprojekte spezialisierte Gesellschaft wurde mit mehr als 5,7 Milliarden Dollar bewertet.

Dagegen haben sich bei Knaus Tabbert die Hoffnungen des Managements auf einen möglichst hohen Ausgabepreis nicht erfüllt. Die Preisspanne hatte ursprünglich zwischen 58 und 74 Euro betragen, der Ausgabekurs wurde somit am unteren Ende festgezurrt. Und statt wie geplant bis zu 4,945 Millionen Aktien sind mangels Nachfrage nun vier Millionen Anteile verkauft worden, teilte das Unternehmen mit.

Damit erlöst Knaus Tabbert 232 Millionen Euro. Wäre der Ausgabepreise am oberen Ende der ersten Spanne festgesetzt worden, wären 366 Millionen Euro geflossen. In Finanzkreisen hieß es, die Börsenturbulenzen der vergangenen Tage hätten das Investoreninteresse gedämpft. Bezogen auf den Emissionspreis wird die Gesellschaft mit einer Marktkapitalisierung von insgesamt 602 Millionen Euro bewertet.

Den Großteil des Erlöses erhalten der Finanzinvestor HTP Investments, hinter dem die beiden niederländischen Mehrheitseigentümer Wim de Pundert und Klaas Meertens stehen sowie die Palatium Beteiligungsgesellschaft. Sie hatten das Unternehmen aus dem niederbayerischen Jandelsbrunn 2009 gekauft. Hinzu kommen neu ausgegebene Aktien aus einer Kapitalerhöhung. Der Streubesitz liegt nach den angepassten Plänen bei maximal 38,5 Prozent, eigentlich sollten bis zu 48 Prozent bei neuen Aktionären untergebracht werden.

Enges Zeitfenster für IPOs bis zur US-Wahl

Mit den US-Präsidentschaftswahlen und der dann erwarteten höheren Schwankungsanfälligkeit der Kurse dürften in den kommenden Wochen weitere Unternehmen den Sprung auf das Parkett wagen, bevor es dann im November zu einer Pause kommen sollte. In Deutschland ruhen die Hoffnungen jetzt auf dem bayerischen Rüstungselektronik-Konzern Hensoldt, der mit dem Börsengang mindestens 400 Millionen Euro erlösen will.

Am Mittwoch hieß es in Finanzkreisen, dass auch hier der Ausgabepreis am unteren Ende der Spanne von 12 bis 16 Euro fixiert werden dürfte. Die Preisfestsetzung war für Mittwochabend geplant, die Erstnotiz ist für diesen Freitag angesetzt.

Zwar ist Hensoldt ein interessantes Technologieunternehmen, einzelne institutionelle Investoren dürften sich aber schwertun mit dem Rüstungsthema, wenn soziale. ökologische und Governance-Kriterien (ESG) eine Rolle spielen. Auch die hohen Kursschwankungen an den Aktienbörsen in den vergangenen Tagen hätten die Emission nicht leichter gemacht, hieß es weiter. Ebenfalls am Start ist die Energietechnik-Tochter von Siemens, Siemens Energy, die die Anteilsscheine vor dem Börsendebüt am 28. September an die bestehenden Siemens-Aktionäre verteilt.

Derweil kommt es in Polen zum wohl größten Börsengang des Jahres: Das IPO des Internethändlers allegro.pl. Die Preisspanne wurde mit umgerechnet 7,78 bis 9,55 Euro je Anteilsschein bekanntgegeben. Damit können zum Handelsstart am 12. Oktober Aktien für zwei Milliarden Euro die Besitzer wechseln. Laut dem Emissionsprospekt will das Unternehmen für eine Milliarde Zloty (222 Millionen Euro) neue Aktien emittieren, die Altaktionäre geben Anteile für sieben Milliarden Zloty aus ihrem Bestand.

Die Private Equity-Fonds Permira, Cinven und Mid Europa Partners erwarben Allegro 2016 für 3,25 Milliarden Dollar vom südafrikanischen Medienkonzern Naspers. Allegro.pl ist eine Mischung aus polnischem Ebay und Amazon. Die vor 21 Jahren gegründete Allegro-Gruppe mit Sitz in Posen (Poznan) umfasst neben dem Onlinehandels- und Auktionshaus allegro.pl auch das im Land führende Preisvergleichsportal ceneo.pl.

Fünf bis zehn Börsengänge im deutschsprachigen Raum

Bei den klassischen IPOs dürften die kommenden Emissionen in Deutschland im dreistelligen Millionenbereich bis hin zu einer Milliarde Euro liegen, der Wissenschaftsverlag Springer Nature könnte eher zu den Schwergewichten zählen. „Während es natürlich auch erfolgreiche Börsengänge mit Emissionsvolumen unter 100 Millionen Euro gibt, so gilt diese Größenordnung doch implizit als ‚Mindestvolumen‘, um auch für namhafte internationale Investoren von Interesse zu sein und um im Sekundärmarkt einen liquiden Handel in den Aktien zu ermöglichen“, sagt Ralf Pfennig, Head of Deal & Capital Markets Services im Bereich Finance Advisory bei der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG.

Gerade die größeren Publikumsfonds hätten „überschaubares“ Interesse an einer Vielzahl kleiner Beteiligungen, da natürlich der Zeitaufwand für ein aktives Management einzelner Positionen bei kleineren Unternehmen und Beteiligungen auch nicht viel geringer als bei größeren Unternehmen sei.

Bisher wagten vor Knaus Tabbert der Technologiekonzern Exasol, das Beteiligungsunternehmen Brockhaus Capital und die Pharmafirma Pharma SGP den Gang auf das Parkett. In den deutschsprachigen Ländern sei bis Jahresende mit fünf bis zehn Börsengängen zu rechnen, meint Oliver Diehl, der bei der Investmentbank Jefferies das Aktienemissionsgeschäft in Kontinentaleuropa leitet.

Die Musik spielt derzeit aber in den USA und China, das chinesische Fintech Ant will beispielsweise 35 Milliarden Dollar erlösen. In Deutschland ist von solchen IPOs keine Spur zu sehen, allerdings sagt ein Investmentbanker, dass im hiesigen Markt Kapitalerhöhungen und Wandelpapiere die Unternehmen mit ausreichend Kapital versorgten.

Coronakrise sorgte für Flaute

Die weltweite Covid-19-Pandemie hat im ersten Halbjahr deutliche Bremsspuren auf den internationalen Märkten für Börsengänge hinterlassen. Das Emissionsvolumen ging nach den Berechnungen des Beraters EY im zweiten Quartal um 32 Prozent auf 41,1 Milliarden Dollar weltweit zurück. In Europa betrug das Minus sogar 55 Prozent, das Volumen fiel auf 6,6 Milliarden Dollar.

„Die Erholung der Aktienkurse, eine deutlich niedrigere Volatilität und eine verbesserte Stimmung unter Investoren haben dazu beigetragen, dass sich das Umfeld für Börsengänge in den vergangenen Wochen verbessert hat“, hatte EY-Experte Martin Steinbach bereits vor dem Börsengang von Tabbert analysiert. Man sehe, dass sich die IPO-Pipeline weiter fülle.

Börsenkandidaten nutzten die virtuelle Investorenansprache und bereiteten sich mit kürzeren Roadshows auf volatile Märkte vor. Es stünden derzeit einige Unternehmen in den Startlöchern, die einen Börsengang in der zweiten Hälfte des Jahres 2020 oder Anfang 2021 anstrebten.