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Medien-Unternehmer Fred Kogel prophezeit der Bilder-Branche Goldgräberzeiten

Der TV-Profi spricht erstmals über den neuen Medienkonzern Leonine, den er mit dem Finanzinvestor KKR aufbaut – und die Zukunft der Produzenten-Branche.

Das neue Münchner Medienimperium Leonine unter der operativen Führung des Medienmanagers Fred Kogel will schnell und nachhaltig wachsen: „Noch konsolidieren wir. In den nächsten zwei Jahren wollen wir in Deutschland, Österreich und der Schweiz organisch wachsen“, kündigte Kogel in seinem ersten großen Gespräch zu dem Multi-Millionenprojekt gegenüber dem Handelsblatt an. „Zunächst mal müssen wir liefern. Dann kann man sich eine Ausweitung in Europa vorstellen.“ Er wolle „grundsätzlich nicht ausschließen“, dass es auch dieses Jahr noch zu weiteren Zukäufen komme. „In diesem Bereich ist immer alles möglich.“

Seit Anfang des Jahres hatte sich Kogel gemeinsam mit dem amerikanischen Finanzinvestor KKR ein kleines Medienreich zusammengekauft: von der Tele-München-Gruppe über die Odeon Film AG und das Filmgeschäft des Produzenten-Duos Wiedemann & Berg bis zu Günther Jauchs Produktionsfirma I & U. „Wir sehen klar die Chancen, die die disruptiven Umbrüche im Markt bieten, und wollen sie konsequent nutzen“, kündigte Kogel gegenüber dem Handelsblatt an. „Wir haben zum ersten Mal die Chance, aus Deutschland heraus nachhaltig für den Weltmarkt produzieren zu können.“

Aktuell ändere sich „die Art und Weise, wie die Konsumenten den Content nutzen, radikal und irreversibel. Alle Veränderungen bergen nicht nur Risiken, sondern eben auch große Chancen“, so Kogel. Insofern sei „die heutige Situation noch viel faszinierender als die Anfangszeit des privaten Rundfunks in den achtziger Jahren. Jeder kann überall zu jeder Zeit Medieninhalte auf jeder Art von Gerät anschauen. Und genau für diesen Markt haben wir uns aufgestellt.“

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Schon jetzt arbeite man nicht nur für die klassischen TV-Sender, sondern auch für Netflix und Amazon, Deutsche Telekom, Joyn oder Youtube. Auch eine Kooperation mit dem Medienhaus Axel Springer sei möglich, bei dem KKR in diesem Jahr ebenfalls eingestiegen ist. Kogel: „Bei KKR ist es zwar dasselbe Team, das uns und Springer betreut, trotzdem handelt es sich um getrennte Investments. Aber natürlich wäre Springer ein interessanter Kunde.“

Zugleich räumte er mit dem Verdacht auf, der Name „Leonine“ gehe auf seinen einstigen Chef zurück, den 2002 pleite gegangenen Medien-Tycoon Leo Kirch: „Leo ist Geschichte, lange her. Leonine ist die Gegenwart – und die Zukunft“, so Kogel. Der Unternehmensname sei vielmehr das englische Wort für „löwenartig“. Man sitze nun mal in der Münchner Leopoldstraße. Und der Löwe finde sich auch im Wappen des Freistaats Bayern, dem man sich als Standort durchaus verpflichtet fühle.

Lesen Sie hier das komplette Interview:

Herr Kogel, gemeinsam mit dem US-Finanzinvestor KKR schmieden Sie gerade ein Film- und Fernsehimperium, das nicht nur dem Namen nach an den einstigen Medienunternehmer Leo Kirch erinnert: Leonine. Nostalgie oder Größenwahn?
Da muss ich Sie komplett enttäuschen. „Leonine“ heißt „löwenartig“, das ist Beschreibung und Ausdruck unserer Haltung: souverän, stark, im Team, auch mit Mut. Diese Eigenschaften reflektieren auch unsere Unternehmenswerte. Der Name entstand auch, weil unser Managementteam hier in München nahe der Leopoldstraße künftig seinen Hauptsitz beziehen wird. Und er erinnert zudem an den Löwen im bayerischen Wappen.

Immerhin haben Sie selbst wichtige Jahre Ihrer Karriere bei und mit Leo Kirch verbracht. Was haben Sie von ihm gelernt?
Leo ist Geschichte, lange her. Leonine ist die Gegenwart – und die Zukunft. Elementar ist es heute, mit den Produktionen, Film- oder TV-Rechten, die man besitzt, eine stimmige Wertschöpfungskette zu bilden. Für uns geht es dabei um Kino, TV, Fiction und Entertainment fürs digitale Zeitalter.

Sie beschreiben Kirchs altes Geschäftsmodell.
Nein, wir beschreiben ein gültiges Zukunftsmodell. Und: Die Zukunft ist digital. Wir sehen klar die Chancen, die die disruptiven Umbrüche im Markt bieten, und wollen sie konsequent nutzen. Sie kennen die Marktsituation ja so gut wie ich: Aktuell ändert sich die Art und Weise, wie die Konsumenten den Content nutzen, radikal und irreversibel. Alle Veränderungen bergen nicht nur Risiken, sondern eben auch große Chancen. Diese Chancen zu nutzen, aber auch den Markt zu gestalten, ist unser Ziel.

Was reizt Sie, es Kirch nun gleichzutun? Macht? Geld?
Vergessen Sie die alten Stereotypen! Die heutige Situation ist noch viel faszinierender als die Anfangszeit des privaten Rundfunks in den Achtzigerjahren. Jeder kann überall zu jeder Zeit Medieninhalte auf jeder Art von Gerät anschauen. Und genau für diesen Markt haben wir uns aufgestellt.

Wer kam auf die Idee?
Seit vielen Jahren kenne ich Johannes Huth und Philipp Freise von KKR sehr gut. Damals stiegen sie bei Pro Sieben Sat 1 ein. Wir blieben in Kontakt. Es war immer klar, dass KKR eine wohlüberlegte Investition im Medienmarkt tätigen wollte. Für die digitale Zeit braucht man mehrere Zutaten: alle Inhalte für alle Kanäle, die besten Talente, neue Formate, Angebote für nationale Player sowie internationale Plattformen. Hinzu kommt der Lizenzhandel. Es geht uns um einen „One-Stop-Shop“ für Premiuminhalte aller Art. Wir haben zum ersten Mal die Chance, aus Deutschland heraus nachhaltig für den Weltmarkt zu produzieren.

So kauften Sie bereits die Tele-München-Gruppe, die Produktionsfirma I & U von Günther Jauch, das Kinogeschäft des Duos Wiedemann & Berg sowie Universum Film aus der RTL Group. Haben Sie genommen, was gerade auf dem Markt war?
Nein, im Gegenteil. Keine Firma war auf dem Markt. Es war ein systematischer Plan, genau diese Firmen zu erwerben. Sie wollten auch dabei sein, wenn diese Leonine entsteht. So entstand gemeinsam mit KKR im ersten Halbjahr 2018 das Konzept.

Leute, die in großen Konzernkonglomeraten den Kontakt zur operativen Basis verlieren, wurden von Ihnen vor wenigen Jahren noch als „Strukturhengste“ beschimpft. Werden Sie jetzt selbst so einer?
Wir sind noch ein großes Start-up, da werde ich den Kontakt zur Basis so schnell nicht verlieren. Die von uns gekauften Firmen werden derzeit voll integriert. Das ist eine große Aufgabe, für die ich ein tolles Team vereinen konnte.

Wie viel haben Sie selbst investiert?
Ich rede nicht über Summen, kann Ihnen aber bestätigen, dass ich einen für mich persönlich durchaus sehr hohen Beitrag investiert habe. Es muss ja auch wehtun können. Ich war in meinem Leben immer Unternehmer, nicht nur in der gemeinsamen Firma mit Harald Schmidt.

Könnte auch Kirchs einstiger Vize Dieter Hahn eine Rolle spielen?
Nein, absurd, solche Sachen mache ich schon allein.

Wie viel wurde bislang investiert?
Das hieße nichts anderes, als Kaufpreise zu nennen. Hier herrscht Vertraulichkeit. KKR ist ein ebenso potenter wie professioneller Ansprechpartner, aber auch nur der eine Teil unseres „dualen Systems“. Auf der anderen Seite sind das unsere geschätzten Ansprechpartner bei den Banken: Unicredit, DZ Bank und Kölner Stadtsparkasse sowie im weiteren Kreis Bayerische Landesbank, Münchener Stadtsparkasse und Erste Bank aus Österreich.

Aktuell dürfte der Umsatz von Leonine bei 300 bis 400 Millionen Euro liegen. Wo wollen Sie hin?
Derzeit machen wir keine Angaben zum Umsatz. Wir stellen bis Jahresende unser Budget fürs Jahr 2020 zusammen. Es gibt für uns aktuell keinen Anlass, über Zahlen zu sprechen.

Aber ein Milliardenkonzern soll Leonine schon werden?
Das ist – Stand heute – zu hoch gegriffen. Dafür müsste man von vornherein ein europäisches Konzept verfolgen. Noch konsolidieren wir. In den nächsten zwei Jahren wollen wir in Deutschland, Österreich und der Schweiz organisch wachsen. Zunächst einmal müssen wir liefern. Dann kann man sich eine Ausweitung in Europa vorstellen. Wir bleiben schön brav am Boden und arbeiten – mit Spaß, aber hart.

Sie wollen sicher weiter akquirieren.
Wir sind in einem bewegten Markt und schauen uns täglich alles an. Nach neun Monaten müssen wir diese heiße Phase von Mergers & Acquisitions aber auch abschließen.

Wird es 2019 noch zu einem Zukauf kommen?
Ich kann das nicht grundsätzlich ausschließen. In diesem Bereich ist immer alles möglich.

Auf dem Reißbrett kann man einen Konzern wie Leonine prima zusammenbasteln. Aber wie schafft man eine gemeinsame Firmenkultur?
Wir wollen ein integriertes Unternehmen werden. Das kommunizieren wir auch nach innen. Unsere Haltung ist, den digitalen Wandel aktiv zu gestalten. Dafür haben wir ein erstklassiges Team und herausragende Mitarbeiter. Dem Markt wollen wir mit Bescheidenheit begegnen, das ist Teil des kreativen Prozesses. Und wir bauen etwas für die Zukunft, fügen nicht einfach Altes zusammen.

Bescheidenheit?
Ich habe allein 19 Jahre Late Night mit Harald Schmidt produziert. Da gab es jeden Morgen nur ein weißes Blatt Papier. Das dann mit Inhalt zu füllen hat auch mit Bescheidenheit und Demut zu tun – und das ist übrigens die einzige Kleinigkeit, die ich aus meinen vielfältigen früheren Jobs vermisse. Dieses tägliche Arbeiten am Inhalt.

Warum sollen die besten Nachwuchskräfte ausgerechnet zu Ihnen kommen? Andere wie die Ufa und erst recht Amazon oder Netflix winken mit viel Geld und Freiräumen.
Natürlich war der Kampf um Talente nie so heiß wie heute. Aber wir haben schon jetzt einige der Besten des Geschäfts gewinnen können. Und der Markt weiß: Bei uns kann man für jeden Sender und jede Plattform seine Ideen verwirklichen. Das ist der Vorteil eines unabhängigen Anbieters, wie wir einer sind. Es wird bereits realisiert, dass wir das „Home for Talents“ der Branche sind.

Der Aufbau eines solchen Unternehmens ist schon stressig genug. Warum haben Sie persönlich noch das Lizenzgeschäft übernommen?
Ich mache das nicht allein – ich habe ein herausragendes Team. Aber seit 20, 30 Jahren bewegt mich der Lizenzmarkt. Wir haben nun eine Rechtebibliothek mit 7 000 Filmen, gut 3 000 kommen von Tele München, der Rest von Universum Film. Wir verwerten hier Top-Filme wie „Dirty Dancing“ oder haben internationale Rechte an „Terminator“ oder „Basic Instinct“. Den jüngsten Kauf des US-Blockbusters „Hustlers“ mit Jennifer Lopez haben wir sieben Monate lang verhandelt. Jährlich kaufen wir 20 bis 25 neue Hollywood-Filme ein. Da kann ich meine Erfahrung und meine Kontakte gut einbringen.

Und wer sind die künftigen Kunden von Leonine?
Mit unseren etablierten Partnern wie ARD, ZDF, RTL Group und Pro Sieben Sat 1 machen wir gutes Geschäft. Große Auftraggeber und Kunden sind heute aber auch Amazon Prime und Netflix. Wir arbeiten mit Joyn und der Deutschen Telekom. Disney und Apple drängen auf den Markt. Zudem produzieren wir mit unserer Digital Unit im nächsten Jahr für Youtube. Für gute Ideen und ein gutes Produkt gibt es einen großen Markt.

Jeder US-Medienkonzern will heute mit einer eigenen Plattform das Streamingpublikum bedienen. Sind die Kunden wirklich bereit für all den Inhalt, der in den nächsten Jahren auf sie herniederprasseln wird?
Zunächst einmal ist es eine sehr spannende Entwicklung. Disney kommt im November mit Disney plus – ich traue ihnen sehr viel zu, und Disney tritt in direkte Konkurrenz zu Netflix. Ich mache mir wirklich keine Sorgen über den Bedarf an Inhalten.

Produzenten haben also noch viele Jahre Grund zur Euphorie?
Ich sehe eine sehr positive Entwicklung. Der digitale Trend verändert den Markt radikal und irreversibel. Das hinterlässt Spuren. Wir haben aktuell mehr als 500 Produktionsfirmen in Deutschland. Jeder kämpft. Man muss da entweder als kleiner, freier, kreativer Anbieter Außergewöhnliches bieten oder eine bestimmte Größe haben, um im Markt flexibel reagieren zu können …

… wie Leonine?
Genau. Die mittelgroßen Produzenten können in Probleme geraten. Auch der Kinomarkt ist von Umbrüchen betroffen: Die Zahl der jährlichen Filmstarts ist mit 800 viel zu hoch. Total verrückt!

Hat Kino überhaupt noch Chancen?
80 Prozent der Filme verschwinden heute sofort nach ihrem Start wieder, da sich entweder kein Konsument dafür interessiert oder sie nicht sichtbar sind. Das Kino hat eine große Chance, wenn es sich extrem wandelt. Für uns ist es wichtig, mit Filmen wie „Hustlers“ anständig umzugehen. Das bedeutet, genügend Kopien am Start zu haben und sie mit hohem Werbe- und Marketingdruck zu begleiten. Kino ist kein Durchlauferhitzer, sondern sollte eine Veredelungsstelle für Filme sein.

Wie wichtig ist es für Sie, eigene Fernsehkanäle zu haben?
Wir werden das Feld rund um unsere eigenen Digitalkanäle Filmtastic, Home of Horror und Arthouse CNMA ausbauen. Tele 5 und die Beteiligung an RTL II sind und bleiben strategisch interessante Assets.

Zu Ihren vielen Aktivitäten gehört auch „Stern TV“ – ein Exot unter all Ihren Filmen und Serien?
Ganz im Gegenteil. Ich glaube, dass sich Fernsehsender über gutes Infotainment profilieren können und – verstärkt – müssen. Die Zahl der Youtube-Videoabrufe haben wir bei „Stern TV“ innerhalb von drei Monaten von 3,5 Millionen auf 20 Millionen steigern können. In kurzer Zeit können wir mit unseren Redaktionen und Archiven den Sendern „Brennpunkt“-ähnliche Spezialsendungen und Einschätzungen liefern. Das ist für mich ein Zukunftsmarkt.

Mit solchen Ideen empfehlen Sie sich für „Bild TV“, das neue Lieblingskind des Konzerns Axel Springer, an dem Ihr Partner KKR neuerdings ebenfalls groß beteiligt ist.
Bei KKR ist es zwar dasselbe Team, das uns und Springer betreut, trotzdem handelt es sich um getrennte Investments. Aber natürlich wäre Springer ein interessanter Kunde.

Private-Equity-Firmen wie KKR sind Unternehmer auf Zeit und leben von einem gewinnbringenden Exit. Wie soll der bei Leonine aussehen?
Die Frage ist berechtigt, aber ein bisschen früh gestellt. Der Exit wird erst in fünf bis zehn Jahren aktuell.

Verglichen mit einem patriarchalischen Unternehmen wie Kirch: Wie fordernd ist eine Finanzfirma wie KKR als Gesellschafter?
Ich habe viele Gesellschaftersituationen erlebt, in denen alles andere als gekuschelt wurde. Meine jetzige Aufgabe ist sehr unternehmerisch geprägt. Wir haben Pläne für 100 Tage, 250 Tage, 365 Tage – und wir wissen genau, was wir uns jeden Tag vornehmen. Wir sind agil und schnell. Das ist mir sehr wichtig. Die Arbeit mit KKR ist für mich persönlich noch mal ein Upgrade. Und eine intellektuelle Herausforderung. Eine herausragende Partnerschaft mit einem extrem professionellen Team.

Wie sieht eigentlich Ihr persönlicher Lebensplan aus? Dass Sie mit 65 in Rente gehen, glauben wir nun eher nicht.
Ich habe mir nie zeitliche Limits gesetzt. Ich danke meiner Frau, dass Sie mir das ermöglicht. Wir beide wissen: Wenn ich morgen aufhöre zu arbeiten, haut’s mich um.

Herr Kogel, vielen Dank für das Interview.