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Andere EU-Länder lockern Maßnahmen – trotz hoher Corona-Zahlen

Trotz höherer Inzidenzen lassen viele Regierungen in Europa Unternehmen im Handel oder der Gastronomie, im Handwerk oder im Kulturbetrieb früher öffnen als Deutschland.

In Spanien gelten keine nationalen Regelungen mehr für Covid-Einschränkungen, die 17 autonomen Regionen entscheiden. Foto: dpa
In Spanien gelten keine nationalen Regelungen mehr für Covid-Einschränkungen, die 17 autonomen Regionen entscheiden. Foto: dpa

Madrid gehört derzeit zu den heißesten Ausflugszielen in Europa. Junge Franzosen etwa genießen dort die offenen Restaurants, die sie zu Hause vermissen. Denn trotz einer 14-Tage-Inzidenz von 801 – fast dem Fünffachen des deutschen Wertes – gelten in Madrid fast keine Beschränkungen.

Restaurants und Geschäfte sind bis 21 Uhr offen, nur Viertel mit besonders hoher Inzidenz sind abgeriegelt. Ähnlich voll sind die Restaurants derzeit auch in Rom, obwohl auch in Italien die Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner höher liegen als in Deutschland.

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In diesen Tagen zeigt sich, dass die europäischen Staaten ihre Unternehmen in Gastronomie und Handel, im Handwerk oder bei Kulturbetrieben in der Coronakrise höchst unterschiedlich einschränken.

Von gemeinsamen europäischen Standards ist der Staatenbund weit entfernt. Und so haben Einzelhandel und teilweise auch Gastronomie in vielen Ländern, deren Inzidenzen deutlich über den deutschen liegen, geöffnet.

Einkaufen in Frankreich

In Frankreich, wo die 14-Tage-Inzidenz mehr als doppelt so hoch liegt wie in Deutschland, sind Geschäfte wie Schulen offen. Geschlossen sind Cafés, Restaurants und Kultureinrichtungen. Dafür gilt eine Ausgangssperre ab 18 Uhr. Vor allem die anhaltende Schließung des Kulturbetriebs und der Restaurants wird immer schärfer kritisiert.

Andererseits bleiben die Infektionen auf hohem Niveau. Der Anteil der mutierten britischen Virus-Variante erreicht laut Aussage der Chefin einer großen Labor-Kette um Paris „bereits 37,7 Prozent der Fälle und wird auf absehbare Zeit die Mehrheit stellen“.

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Präsident Emmanuel Macron will mit Blick auf die Stimmungslage in der Bevölkerung und auf das Wirtschaftswachstum dennoch weitere Verschärfungen vermeiden. Er setzt darauf, dass die schleppend begonnene Impfkampagne sich beschleunigen und die Welle der Infektionen brechen kann. Macron steht unter zunehmendem Druck des Unternehmerverbands, der eine Lockerung bei den Restaurants verlangt.

Essen gehen in Spanien

In Spanien hat die Madrider Regionalregierungschefin Isabel Díaz Ayuso mit ihrer Öffnungspolitik die Herzen der Gastronomen erobert. Bei Protesten in der Region Kastilien-La Mancha, die Bars und Restaurants geschlossen hat, riefen sie: „Wir wollen eine Ayuso.“ Ayuso verteidigt ihren im Land umstrittenen Öffnungskurs mit den Worten: „Es ist sehr einfach, Geschäfte zu schließen, Menschen nach Hause zu schicken, aber sie dann wieder zurückzuholen, ist unmöglich.“

In Spanien gelten keine nationalen Regelungen mehr für Covid-Einschränkungen, die 17 autonomen Regionen entscheiden. Das hat zu sehr unterschiedlichen Restriktionen geführt. Die einzige Maßnahme, die überall gilt, ist eine nächtliche Sperrstunde. Doch selbst die strikten Regionen Spaniens erlauben der Wirtschaft mehr, als es Deutschland tut: In Valencia, mit einer 14-Tage-Inzidenz von 995 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner, sind alle Geschäfte bis 18 Uhr geöffnet.

Zoo- und Friseurbesuch in Belgien

Auch in Belgien, wo die 14-Tage-Inzidenz um 60 Prozent über dem deutschen Wert liegt, ist der Lockdown deutlich gelockert worden, um den wirtschaftlichen Schaden zu verringern. Der Einzelhandel ist seit Anfang Dezember geöffnet. Seit Montag sind Campingplätze und Ferienparks offen. Zoos oder Tierparks können vom 13. Februar an besucht werden. Vom kommenden Samstag an dürfen auch Friseure wieder Haare schneiden.

Ein Argument für die Öffnung ist die zuletzt deutlich gesunkene Zahl an Todesfällen und die im EU-Vergleich mit 3,6 Prozent der Bevölkerung bereits hohe Impfrate.

Die belgische Regierung setzt bei der Wiedereröffnung auf strikte Auflagen wie das Tragen von medizinischen Masken und ein zehnminütiges Durchlüften zwischen den Kundenterminen. Außerdem müssen die Friseure ein Messgerät einsetzen, um die Luftqualität zu überwachen. „Sich wohlzufühlen ist wichtig, um gut durch die kommenden Monate zu kommen“, sagt der belgische Premier Alexander de Croo. Es müsse das Ziel sein, allmählich zu einem normalen Leben zurückzukehren.

Angesichts der strikten Auflagen sind die Infektionszahlen trotz der Öffnungen bisher nicht nach oben geschnellt. Restaurants und Cafés bleiben aber geschlossen. Und Belgien verbietet seinen Bürgern Ferienreisen ins Ausland, um zu verhindern, dass Skitouristen das Coronavirus einschleppen.

Museumsbesuch in Polen

Auch in Polen, wo der Inzidenzwert leicht über dem deutschen liegt, sind Geschäfte in Einkaufszentren sowie Museen und Kunstgalerien seit Anfang Februar wieder geöffnet. An diesem Freitag sind Hotels und Pensionen, Kinos und Theater an der Reihe. Diese Öffnungen sollten zunächst für zwei Wochen gelten – stiegen die Zahlen wieder an, kehre man zu den ursprünglichen Beschränkungen zurück. Für die Gastronomie, für Fitnessstudios, Konzerte, Messen und Skigebiete gilt bis kommende Woche noch die Lockdown-Starre.

Skipisten öffnen in Italien

In Italien orientiert sich die komplette Öffnungsstrategie am R-Wert, der beschreibt, wie viele Menschen ein Infizierter ansteckt: Fällt er unter den Wert von eins, gilt die geringste Corona-Warnstufe gelb. Die Restaurants sind dann bis 18 Uhr offen, so wie derzeit. Zur Mittagszeit sind Bars und Lokale etwa in Rom voll, in den Innenräumen genauso wie auf den Terrassen. Einzelhandel und Friseure dürfen arbeiten, innerhalb ihrer Region können sich die Italiener frei bewegen.

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Bis zur Mittelschule sind alle Schüler im Präsenzunterricht. Mit begrenzter Besucherzahl und vorheriger Anmeldung sind unter der Woche auch Museumsbesuche wieder erlaubt. Ab Mitte Februar dürfen die Skipisten aufmachen, die seit November geschlossen sind.

Und das, obwohl Gesundheitsexperten wie Walter Ricciardi, Berater des Gesundheitsministeriums, besorgt sind wegen der Virusmutationen: In einigen Provinzen in Mittelitalien ist die Hälfte der Neuinfizierten auf die britische Variante zurückzuführen. Einzelne Provinzen sind daher schon wieder im Lockdown, etwa auch Bozen in Südtirol.

Offene Geschäfte in Österreich

Leicht macht sich die Entscheidung, wann was zu öffnen ist, kein Politiker. „Am sichersten wäre es, im Lockdown zu verharren“, sagte Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz, als er zu Beginn des Monats erste Lockerungen ankündigte. Das kam für die Regierung aber nicht mehr infrage – und so verabschiedete sich Kurz vom Maßstab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 50, die derzeit nicht erreichbar ist. Zuvor hatte er dieses Ziel ähnlich wie Bundeskanzlerin Angela Merkel ausgegeben.

Seit dieser Woche sind deshalb alle Läden, Museen und Tierparks wieder geöffnet, auch Friseure dürfen wieder arbeiten. Für die Schüler gibt es wieder Präsenzunterricht. Offenbar war die Regierung zu dem Schluss gekommen, die wirtschaftlichen und sozialen Gefahren des harten Lockdowns höher zu gewichten als die Risiken der Pandemie. Der Entscheidung waren aber harte Diskussionen vorausgegangen.

Keine weiteren Öffnungen in der Schweiz

Auch in der Schweiz, wo die Skigebiete anders als im übrigen Europa durchgehend offen waren, sind Geschäfte und Restaurants geschlossen. Wirtschaftsverbände fordern immer lauter ein Ende des Lockdowns ab Anfang März. Ob sie mit ihren Forderungen durchdringen, ist jedoch noch ungewiss.

Denn auch in der Schweiz verbreitet sich die Virusvariante aus Großbritannien immer stärker: Im Hotspot Genf gehen bereits 60 Prozent der Neuinfektionen auf die mutierten Varianten zurück, teilte das Schweizer Bundesamt für Gesundheit mit. Die Schweiz hat zudem Anfang dieser Woche ihre Einreisebestimmungen verschärft.

Stop and Go in Griechenland

Die Gefahr früher Öffnungen ist, dass sie schnell wieder zurückgenommen werden müssen. So wie in Griechenland. Nachdem die Behörden Mitte Januar Lockerungen des Lockdowns verkündet und die Einzelhandelsgeschäfte wieder geöffnet hatten, revidierten sie dies bei den meisten Erleichterungen nur zehn Tage später wieder wegen der erneut gestiegenen Infektionszahlen. Die Läden sind nun wieder zu, obwohl die 14-Tage-Inzidenz deutlich unter der Deutschlands liegt. Die Händler dürfen lediglich elektronisch oder telefonisch vorbestellte Waren vor den Geschäften an die Kunden abgeben.

Griechenland entscheidet zwar zentral auf Regierungsebene über die Maßnahmen, differenziert aber regional je nach örtlichen Gegebenheiten. Der besonders belastete Großraum Athen wird von Donnerstag an für zwei Wochen erneut unter einen harten Lockdown gestellt, in dem auch die Schulen wieder schließen. „Es gibt keine Wirtschaft ohne Gesundheit“, sagte Premierminister Kyriakos Mitsotakis am Dienstagabend. Er versprach mit Blick auf die Impfungen, dass es nach Möglichkeit die letzten Opfer sein sollten, die die Gesellschaft aufbringen müsse.

Die Griechen werden zunehmend ungeduldig. Waren im Mai vergangenen Jahres laut einer Umfrage 84 Prozent mit dem Corona-Krisenmanagement zufrieden, sind es jetzt nur noch 43 Prozent. Eine Mehrheit von 48 Prozent äußert sich unzufrieden. Vor allem in der Wirtschaft wächst die Sorge. Viele der rund 200.000 Einzelhandelsunternehmer fürchten um ihre Existenz. Und für die Gastronomie prognostiziert Branchen-Verbandschef Giorgos Kavvathas: „Von den 81.000 Gastronomie-Betrieben werden 40.000 diesen Lockdown nicht überleben.“

Offene Läden und Restaurants in Schweden

Bekannt für seine Öffnung während der Pandemie ist Schweden. Das Land hatte seinen Strategie im Dezember zwar angepasst und leicht verschärft, dennoch sind weiter alle Geschäfte und Restaurants geöffnet bei einer 14-Tage-Inzidenz, die mehr als doppelt so hoch ist wie die deutsche. Doch gelten mittlerweile maximale Besucherzahlen (ein Kunde auf zehn Quadratmeter) und ein Alkoholausschankverbot ab 20 Uhr. Eine Maskenpflicht, wie sie mehrere Chefs großer Unternehmen forderten, gibt es weiterhin nicht.

Ganz anders im Nachbarland Dänemark: Trotz viel niedrigerer Inzidenzen bleiben Geschäfte und Restaurants bis mindestens Ende Februar geschlossen. An diesem Montag wurden jedoch die dänischen Schulen für die unteren Klassen nach wochenlanger Schließung wieder geöffnet. Für die älteren Schüler gilt dagegen weiterhin Distanzunterricht.

In Schweden wurden am Dienstag neue Beschränkungen für den Fernverkehr präsentiert: Nach dem Willen der Regierung dürfen vom kommenden Sonntag an Bus- und Zugunternehmen nicht mehr als die Hälfte der vorhandenen Sitzplätze verkaufen für Strecken, die länger als 150 Kilometer lang sind. „Neue Mutationen verbreiten sich und die Infektionsrate liegt weiter auf einem absolut zu hohen Niveau mit dem großen Risiko einer dritten Welle“, begründete Gesundheitsministerin Lena Hallengren die neuen Vorschriften.

Für die Tourismus- und Gastronomiebranche sind auch die leichteren Einschränkungen zu einer Existenzbedrohung geworden. Obwohl die Regierung finanzielle Hilfen anbietet, hat sich massiver Widerstand gegen die Auflagen formiert.

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