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„Der amerikanische Präsident spielt Deutschland gegen die Osteuropäer aus“

Trumps Attacke gegen Deutschland beherrschte den ersten Tag des Nato-Treffens. Die internationale Presse sieht den US-Präsidenten zum Teil im Recht.

Die erste Hälfte des zweitätigen Nato-Gipfels ist beendet. Der befürchtete große Eklat ist dabei ausgeblieben. US-Präsident Donald Trump kehrt dem Militärbündnis nicht den Rücken und will eine gemeinsame Abschlusserklärung mittragen. Zum Auftakt des Treffens hatte das noch ganz anders ausgesehen. Vor allem Deutschland wurde hart von Trump angegangen. Er bezeichnete die Bundesrepublik als einen „Gefangenen Russlands“, wegen der Gaslieferungen aus dem Land. Etliche internationale Medien widmeten sich diesem Vorwurf.

„Verlegenheit für Berlin“

Das „Wall Street Journal“ (WSJ) etwa sieht in der Schimpftirade des US-Präsidenten eine „akkurate Zusammenfassung“ der Rolle Deutschlands im Gas-Pipeline-Projekt Nord Stream 2. Der Bau der zweiten Trasse nach der 2011 in Betrieb genommenen Nord-Stream-Leitung soll die Transportkapazitäten für russisches Erdgas nach Deutschland ab Ende 2019 auf bis zu 55 Milliarden Kubikmeter pro Jahr verdoppeln.

Die Pipeline würde Russland und Deutschland über die Ostsee verbinden und andere Pipelines durch die Ukraine und in Mittel- und Osteuropa umgehen, schreibt das WSJ. Der Kreml hoffe so, die Abhängigkeit Deutschlands und Westeuropas von russischem Gas zu erhöhen, während die Ukraine und andere Russland unbequeme Transitstaaten um die Einnahme von Gebühren gebracht würden, die das Land für die Nutzung der aktuellen Pipelines zahlen muss. „Die Verlegenheit für Berlin und die Nato hilft Wladimir Putin, diesen Plan auszuführen.“

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„Der amerikanische Präsident spielt Deutschland gegen die Osteuropäer aus“

Laut Trump sei es inakzeptabel, dass die Deutschen sich durch amerikanische Militärausgaben vor Russland schützen ließen und gleichzeitig Milliarden für Energiebezüge an Putin überwiesen, schreibt die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ).

Den Einwurf von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, selbst im Kalten Krieg hätten die Alliierten Erdgas aus Russland bezogen und man habe immer wieder Meinungsverschiedenheiten gehabt, ohne den Zusammenhalt und die Einheit der Allianz infrage zu stellen, hätte Trump nicht gelten lassen, heißt es dort weiter. Ihm zufolge sei Energie – anders als Handel – sicherheitspolitisch sehr relevant. Die Polen hätten das verstanden und würden sich nicht in solche Abhängigkeiten begeben, zitiert das Blatt den Präsidenten.

„Damit trat schon in den ersten Stunden des Gipfels ein, was die Nato unbedingt vermeiden wollte: Der Konflikt um die Lastenteilung ist zentral geworden und der amerikanische Präsident spielt Deutschland gegen die Osteuropäer aus“, kommentiert die NZZ und kommt zu dem Schluss: „Statt stark und einig präsentiert sich die Nato mit einer geschwächten transatlantischen Achse.“

„Die Achillessehne der Bundeskanzlerin“

Der US-Präsident habe das Thema seiner Tirade nicht zufällig ausgesucht, schreiben die Kollegen vom Zürcher „Tagesanzeiger“. „Es ist sozusagen die Achillessehne der Bundeskanzlerin. Schließlich gibt es auch in Europa zahlreiche Kritiker von Nord Stream 2. Die EU-Kommission möchte die Pipeline verhindern, weil sie dem Ziel der Energieunabhängigkeit zuwiderläuft. Die Osteuropäer lobbyieren dagegen, weil sie um die Stabilität der benachbarten Ukraine fürchten.“

Donald Trump habe an dieser Stelle also durchaus einen Punkt. Ihm dürfte es vor allem darum gegangen sein, einen Keil zwischen die Europäer zu treiben, vermuten die Schweizer. Denn so selbstlos sei der Präsident nicht: „Die Amerikaner möchten schon länger mehr von ihrem Flüssiggas in Europa verkaufen.“

„Amerika ohne Verbündete“

Die „New York Times“ (NYT) vermutet derweil wahltaktische Motive hinter Trumps Verbalattacke. Um seine Wählerschaft milde zu stimmen, müsse ein populistischer Führer wie Trump keine Probleme lösen, sondern sich nur komplett anders verhalten als Mainstream-Politiker – und das können auch Beschimpfungen gegen Deutschland sein.

Das Blatt sieht die Europäer zum Scheitern verurteilt, wenn diese glaubten, ihre Aufgabe bestünde nun darin, sich zu überlegen, wie sie das Bündnis mit den Vereinigten Staaten retten könnten. „Die Zeit dafür ist vorbei, wie die Ereignisse in Brüssel in dieser Woche verdeutlichen werden.“ Die Herausforderung für die Führer Europas bestehe nun darin, in einer Welt zu leben, in der Amerika keine Verbündeten mehr hat.

Die NYT macht dann auch gleich Vorschläge für die ersten Schritte in diese Richtung: Zunächst einmal könnten die Staaten deutlich machen, dass sie für ihre eigene Sicherheit sorgen können, „indem sie in die europäische Verteidigungsfähigkeit investieren, statt sich auf die USA zu verlassen“. Die Europäer müssten zudem erkennen, dass ihre Einheit zwar wichtig ist, es aber auch hilfreich sein kann, selbst etwas unberechenbar zu sein.

„Nato verdankt der russischen Aggression ihr Überleben“

Die französische Wirtschaftszeitung „Les Echos“ hält es derweil für schwierig, auf dem Gipfeltreffen eine existenzielle Frage für die Nato zu vermeiden. Sie stellt die Frage, ob die Organisation überleben kann. „Der Warschauer Pakt, der die ehemalige UdSSR mit den ehemaligen Volksdemokratien Mittel- und Osteuropas verband, ist 1991 verschwunden. Heute verdankt die Nato der russischen Aggression ihr Überleben. Aber wie lange noch?“

Für die „Financial Times“ (FT) war Donald Trump am ersten Gipfeltag die dominierende Person. Der US-Präsident habe klargemacht, dass er weiter darauf pochen werde, dass die Nato-Staaten ihre Verteidigungsausgaben erhöhen werden. Auch während seiner restlichen Europareise wird Trump im Rampenlicht stehen, ist sich die FT sicher.