Werbung
Deutsche Märkte geschlossen
  • DAX

    18.772,85
    +86,25 (+0,46%)
     
  • Euro Stoxx 50

    5.085,08
    +30,67 (+0,61%)
     
  • Dow Jones 30

    39.512,84
    +125,08 (+0,32%)
     
  • Gold

    2.366,90
    +26,60 (+1,14%)
     
  • EUR/USD

    1,0772
    -0,0012 (-0,11%)
     
  • Bitcoin EUR

    56.558,27
    -1.793,42 (-3,07%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.260,45
    -97,56 (-7,18%)
     
  • Öl (Brent)

    78,20
    -1,06 (-1,34%)
     
  • MDAX

    26.743,87
    +34,97 (+0,13%)
     
  • TecDAX

    3.404,04
    +19,74 (+0,58%)
     
  • SDAX

    14.837,44
    +55,61 (+0,38%)
     
  • Nikkei 225

    38.229,11
    +155,13 (+0,41%)
     
  • FTSE 100

    8.433,76
    +52,41 (+0,63%)
     
  • CAC 40

    8.219,14
    +31,49 (+0,38%)
     
  • Nasdaq Compositive

    16.340,87
    -5,40 (-0,03%)
     

Firmenkunden befeuern Airbnb-Wachstum

Immer mehr Unternehmen buchen Zimmer über Airbnb. Neukunden wie Siemens und Daimler hübschen den Börsenaspiranten derzeit kräftig auf.

Bedrückender hätte die Personenbeschreibung vor zwei Jahren kaum ausfallen können. Wer Anfang 2018 als Geschäftsreisender die Privatzimmer-Vermittlung Airbnb nutzte, so ergab damals eine Befragung der Marktforschungsfirma GfK, war üblicherweise ein mittelmäßig bis niedrig bezahlter Angestellter und arbeitete laut Statistik ziemlich sicher in einem Kleinstunternehmen.

Einer der Hauptgründe: Drei von vier deutschen Großkonzernen untersagten ihren Mitarbeitern zu diesem Zeitpunkt, Airbnb und Co. für dienstliche Übernachtungen zu nutzen. „Sharing Economy bleibt bedeutungslos“, titelte noch vor anderthalb Jahren der Branchendienst „fvw“.

Voreilig, wie Airbnb-Daten nun zeigen, die dem Handelsblatt vorliegen. So verdoppelte sich die Anzahl der Unternehmen, die ihre Mitarbeiter über die kalifornische Privatzimmer-Onlineplattform unterbringen, seit Anfang 2018 weltweit auf 500.000. Davon sind mehr als 38.000 in Deutschland. Überraschender noch: Exakt ein Drittel der deutschlandweit Vermittelten stammt heute aus Konzernen mit über 5000 Beschäftigten. Weltweit kletterte ihr Anteil sogar auf 37 Prozent.

WERBUNG

Auch bei den Vermietungen geht es insgesamt nach oben: Die Zahl deutscher Geschäftsreisender, die über Airbnb einchecken, sei zuletzt mit einer jährlichen Rate von 32 Prozent gewachsen, bestätigt die SAP-Tochter Concur den unverhofften Boom.

Seit den vergangenen zwölf Monaten konnte Airbnb zahlreiche Großkonzerne wie Siemens und Daimler hinzugewinnen. Genaue Übernachtungszahlen nennt Christian Schwarz Lausten, in Europa verantwortlich für das Businesskunden-Geschäft, zwar nicht. „In den letzten Jahren entscheiden sich aber immer mehr Außendienstmitarbeiter für Airbnb“, sagt er: „Insbesondere in Deutschland, das zu den größten Reisemärkten der Welt zählt.“

So schmücken inzwischen auch große TV-Sender, Versicherer wie Barmer oder die Beratungsfirma Bearing Point die Kundenliste. „Wir arbeiten mit Airbnb hervorragend zusammen“, bestätigt etwa die Reisestelle von Pro Sieben Sat 1 auf Anfrage. Probleme habe es bislang keine gegeben.

Börsengang für 2020 angepeilt

Für den US-Konzern Airbnb sind Geschäftsreisende der wohl wichtigste Hoffnungsträger. Das Geschäftsfeld „Airbnb for Work“ hatte der Wohnungsvermittler aus San Francisco erst 2014 gegründet, um zusätzliches Wachstum anzukurbeln. Im Jahr 2028, so hat Mitbegründer Nathan Blecharczyk das Ziel vorgegeben, sollen eine Milliarde Reisende über die Privatzimmervermittlung buchen – doppelt so viel wie im abgelaufenen Jahr. Der Anteil der Geschäftsreisenden werde künftig annähernd 30 Prozent betragen, kündigte er gegenüber dem Handelsblatt an.

Von der Business-Sparte hängt womöglich auch der Erfolg des Börsengangs ab, den das 2008 gegründete Start-up seit der Ankündigung 2017 mehrfach verschoben hat.

Nun soll es Mitte 2020 so weit sein, wobei jüngste Anteilskäufe die Onlineplattform angeblich mit 46 Milliarden Dollar bewerteten. Anlegern muss Airbnb seither erklären, weshalb die Plattform ähnlich viel wert sein soll wie der weltgrößte Hotelkonzern Marriott, den die Börse derzeit mit 47 Milliarden Dollar handelt. Bei einem Ertrag vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda), der 100 Millionen Dollar kaum überschreitet, keineswegs ein leichtes Geschäft.

Doch auf die Konzernkundschaft kann sich Airbnb zunehmend verlassen. Erlaubten 2018 gerade einmal 26 Prozent der deutschen Unternehmen in ihren Reiserichtlinien, Unterkünfte über Sharing-Portale zu buchen, schnellte deren Quote in diesem Jahr auf 42 Prozent nach oben.

„Es gibt eine nachwachsende Generation von Geschäftsreisenden, die andere Ansprüche an ihre Übernachtungen stellt“, begründet René Vorspohl vom Verband Deutsches Reisemanagement (VDR) den Sinneswandel in vielen Firmen. „Wer beim Kampf um Nachwuchstalente mithalten will, kommt um die Sharing-Portale nicht herum“, glaubt er.

Das hat auch der Heizungsbauer Viessmann im nordhessischen Allendorf erkannt. „Zunächst waren es unsere Auszubildenden und Praktikanten, die bei Dienstreisen ihre Unterkünfte über Airbnb buchten“, erinnert sich Travelmanager Michael Wickenhöfer. Um das Durcheinander bei betrieblich veranlassten Privatbuchungen in den Griff zu bekommen, entschied sich Viessmann Anfang 2016 als eines der ersten deutschen Unternehmen für einen Firmenaccount.

„Seither wächst die Nachfrage stetig“, berichtet Wickenhöfer. Dienstreisen ab drei bis vier Tagen aufwärts würden inzwischen fast standardmäßig bei Airbnb gebucht. „Die Übernachtungen sind einfach günstiger, ohne dass wir bislang schlechte Erfahrungen gemacht haben“, lobt der Travelmanager.

Firmenkunden wie Viessmann kommt der Sharing-Anbieter deutlich entgegen: Nur exzellent bewertete Vermieter schaffen es ins Business-Angebot. Die Option „Sofortbuchung“ erspart Reisestellen die üblicherweise 24-stündige Wartezeit auf eine Rückmeldung. Rechnungen erhalten die Firmenkunden stets zum Monatsende – praktischerweise gebündelt.

Das Ansehen des Privatzimmer-Portals hat dies erheblich verbessert. Die Quote derer, die in Deutschlands Großkonzernen besorgt wegen fehlender Zuverlässigkeit sind, fiel seit 2016 laut VDR von 31 auf 23 Prozent. In kleineren Firmen, die nach Angaben von Airbnb knapp die Hälfte aller Übernachtungsgäste stellen, ging die Besorgnis gar von 29 auf 14 Prozent zurück.

Über schlechte Erfahrungen wissen noch weniger zu berichten. Laut einer Umfrage, die der Geschäftsreiseverband VDR 2019 veröffentlichte, war es unter den Großkonzernen nicht einmal mehr jedes zehnte Unternehmen.
Geblieben ist dagegen für viele das ungeklärte Thema Sicherheit. Sind die Unterkünfte ausreichend geschützt durch Feuermelder? Müssen Außendienstler fürchten, dass Dritte Zugang zu ihrer Unterkunft besitzen? Sind Firmendaten, die über die Plattform gesendet werden, vor den Augen anderer geschützt? 62 Prozent der Reisemanager wähnten hier im vergangenen Jahr noch Risiken – genau so viele wie bei einer Umfrage im Jahr 2016.

Wachstum in der Provinz

Dass Airbnb trotzdem in hoher Geschwindigkeit Geschäftskunden hinzugewinnt, verdankt die Plattform der Provinz. Zwar sind es immer noch Metropolen wie Berlin, Stuttgart, Hamburg und auf Platz vier München, die zu den deutschen Spitzenreitern im Buchungsgeschäft zählen. Das Wachstum im innerdeutschen Geschäftsreisemarkt aber haben längst kleinere Mittelstädte übernommen.

Auf dem ersten Rang liegt aktuell die Grenzstadt Aachen, berichtet Airbnb ohne Angabe konkreter Gästezahlen – gefolgt von Ludwigsburg, Reutlingen und Bamberg. Auf den weiteren Plätzen rangieren Meerbusch, Ludwigshafen, Magdeburg und Lübeck. Es sind allesamt Städte, in denen der deutsche Mittelstand zu Hause ist.

Im Gesamtmarkt mit Geschäftsreisenden hat der Sharing-Pionier freilich noch reichlich Luft nach oben. Gerade einmal 1,3 Prozent der deutschen Außendienstler gaben Anfang 2018 in einer repräsentativen GfK-Befragung an, private Vermietungsangebote wahrzunehmen. Selbst bei einer Verdoppelung, die sich aus den vorliegenden Zahlen ableitet, entspräche dies heute gerade einmal 0,3 Millionen deutschen Airbnb-Businesskunden.

Traditionelle Wettbewerber wie die Hotelketten Holiday Inn, Mercure oder Novotel, die das Gros ihrer Umsätze mit den restlichen 11,7 Millionen deutschen Geschäftsreisenden erzielen, dürften sich also kaum ernsthafte Sorgen machen müssen.