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Ab 2020 gilt die Bon-Pflicht – Deutschland droht Rückfall ins Papierzeitalter

Die Bon-Pflicht soll ab Januar 2020 Steuerhinterziehung eindämmen. Wirtschaftsverbände befürchten Bürokratie und Zusatzaufwand für die Betriebe.

Die meisten Kunden wollen die Zettelwirtschaft nicht. Foto: dpa
Die meisten Kunden wollen die Zettelwirtschaft nicht. Foto: dpa

Die Bundesregierung hat den Ausstieg aus der „mühsamen Zettelwirtschaft“ eingeleitet – zumindest behauptete sie das, als sie im September das dritte Gesetz zum Bürokratieabbau beschloss. Durch die Digitalisierung von Formularen, etwa Meldescheinen für Hotelübernachtungen, würden Unternehmen um mehr als eine Milliarde Euro entlastet, verkündete Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) damals. Und er versprach: Die Regierung werde sich auf diesem Erfolg „nicht ausruhen“.

Besonders lange haben die guten Vorsätze jedoch nicht gehalten. Zum Jahreswechsel steht ein Rückfall ins Papierzeitalter an, das die Regierung eigentlich überwinden wollte. Von 2020 an gilt eine „Beleg-Ausgabepflicht“. Das bedeutet: Für jeden Einkauf, und sei es nur ein Brötchen auf die Hand oder ein Coffee to go, muss künftig ein Bon über die Ladentheke wandern.

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Das Bäckerhandwerk sieht einen „Bon- und Müllwahnsinn“ heraufziehen – und die FDP eine Gelegenheit zur Abrechnung mit der Wirtschaftspolitik der Großen Koalition: „Zettelwirtschaft statt Digitalisierung scheint der Kurs der Bundesregierung beim Bürokratieabbau zu sein“, wettert Reinhard Houben, wirtschaftspolitischer Sprecher der Liberalen im Bundestag. „Diese aberwitzige und umweltschädliche Idee belegt das Misstrauen der Koalition gegenüber den deutschen Unternehmen.“

Der Einzelhandel erwartet, dass die Neuregelung dazu führt, dass zwei Millionen Kilometer Bon-Papier zusätzlich bedruckt werden müssen. Das ruft auch die Grünen auf den Plan: „Es ist nicht sinnvoll, Unmengen zusätzlicher Bons auf spezielles Thermopapier zu drucken, das nicht recycelbar ist“, mahnt Claudia Müller, Mittelstandssprecherin der grünen Bundestagsfraktion. „Außerdem enthalten die Bons oft Bisphenol-A und sind deshalb für den Kontakt mit Lebensmitteln nicht geeignet.“

Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks fordert Ausnahmen für Kleinbeträge. Hauptgeschäftsführer Daniel Schneider appellierte in einem Brief an Finanzminister Olaf Scholz (SPD), die Bon-Pflicht zu überdenken. „Die Vermeidung von überflüssigem Abfall ist das Gebot der Stunde“, heißt es in dem Schreiben. „Die erzwungene Ausgabe von Belegen, die nahezu kein Kunde mitnehmen will, führt jedoch genau zu diesem Müll.“ Zudem sei der Aufwand, den die Reform erzeuge, unverhältnismäßig hoch. „Der Durchschnittsumsatz je Kunde in den Verkaufsstellen des Bäckerhandwerks liegt bei 3,50 bis 4,00 Euro“, schreibt Schneider an Scholz. „Aktuell nehmen nur zwei bis drei Prozent der Kunden im Bäckerhandwerk einen Bon mit.“

Keine Ausnahme für einzelne Branchen

Doch die Regierung lässt sich nicht beirren. Die Bon-Plicht ist Teil der Kassensicherungsverordnung, die schon in der vergangenen Legislaturperiode beschlossen wurde. Das Gesetz stammt aus dem Jahre 2016, Finanzminister war damals Wolfgang Schäuble (CDU). Das Ziel ist der Kampf gegen Steuerhinterziehung.

Der Bundesrechnungshof schätzt, dass an den Kassen jährlich Steuern in Höhe von zehn Milliarden Euro hinterzogen werden, weil Beträge nicht oder nicht vollständig registriert werden. So können Restaurants, Kioske oder Bäcker ihren Umsatz niedriger ausweisen, als er in der Realität ist.

Über Jahre sah sich das Finanzministerium deshalb Forderungen ausgesetzt, es müsse härter gegen den Steuerbetrug vorgehen. In anderen EU-Staaten sind die Regeln deutlich schärfer, dort gibt es sogar eine Registrierkassenpflicht. So weit ist man in Deutschland auch mit dem neuen Gesetz nicht gegangen. Händler können auch weiterhin eine offene Ladenkasse haben, wenn sie über ihre Einnahmen genau Buch führen.

Allerdings sollen die Registrierkassen, dort, wo sie im Einsatz sind, sicherer werden. Sie müssen laut der neuen gesetzlichen Vorgabe künftig über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen, die Manipulationen verhindern soll. Als zweiter Baustein ist aber nach Ansicht von Experten neben der technischen Aufrüstung auch die Bon-Ausgabepflicht notwendig. So soll erreicht werden, dass Ladenbesitzer ihre Einnahmen auch wirklich eintippen. „Der Kunde soll so Mithüter für Steuergerechtigkeit werden“, sagt Thomas Eigenthaler, Chef der Deutschen Steuergewerkschaft.

Eine generelle Ausnahme für einzelne Branchen wie Bäcker lehnt Eigenthaler ab. Was er sich aber vorstellen könnte wäre eine „Minibetragsgrenze“, bis zu der keine Bon- Pflicht herrscht. Denkbar wären etwa 4,99 Euro. Vielleicht erledigt sich die Zettelwirtschaft irgendwann durch neue Technik. Die Regelung des Finanzministeriums erlaubt ausdrücklich Alternativen zum Papierbon, etwa Nachweise auf das Handy.