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Übertriebene Ängste: Aktienstrategen fürchten keinen Kurseinbruch

Es gibt viele Warnsignale für die Aktienmärkte aus Wirtschaft und Politik, die Investoren nervös machen. Aber Börsenexperten glauben daran, dass die Konjunktur wieder anspringt.

Der Internationale Währungsfonds warnt vor einem weltweit „synchronisierten Abschwung“, der Welthandel bricht bereits jetzt ein. Die Wirtschaft wächst langsamer, Unternehmen verdienen weniger. Das hört sich nach schlechten Aussichten für die Aktienmärkte an und weckt böse Erinnerungen an das letzte Quartal des vergangenen Jahres.

Damals hatten Ängste vor einer Rezession die Märkte abstürzen lassen. Strategen fürchten heute aber keine Wiederholung dieses Horrorszenarios. Im Gegenteil: Sie sehen Chancen dafür, dass sich die Stimmung aufhellt.

„Es steckt zu viel Rezessionsangst in den Gewinnerwartungen und in den Markteinschätzungen“, sagt Martin Lück, einer der leitenden Kapitalmarktstrategen beim US-Fondsriesen Blackrock. „Die absoluten Zahlen für das weltweite Wirtschaftswachstum sehen immer noch ordentlich aus“, betont auch Craig Burelle, Makroanalyst beim US-Fondsanbieter Loomis Sayles.

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Auch Michael Kopmann, Analyst bei der DZ Bank, befürchtet für das nächste Jahr keine schwere Rezession. Genau deshalb haben er und seine Kollegen ihre Prognosen für die Aktienmärkte in den kommenden sechs Monaten leicht erhöht und sagen für den deutschen Leitindex Dax und den US-Index S & P 500 ein Plus von rund 2,5 Prozent voraus.

Die Strategen der Bank of America Merrill Lynch (BofaML) sehen den breit angelegten europäischen Aktienindex Stoxx 600 in den nächsten sechs Monaten sogar um rund acht Prozent steigen. Lück von Blackrock kann sich vorstellen, dass der Dax unterm Strich bis zum Jahresende im mittleren einstelligen Bereich zulegt, US-Aktien sogar etwas mehr.

Die Aktienexperten glauben nicht, dass die US-Wirtschaft in eine Rezession rutscht. Bislang schwächelt nämlich vor allem die Industrie. „In den Dienstleistungssektoren sieht man sowohl in den USA als auch in Deutschland zwar eine Abschwächung, aber noch Wachstum“, sagt Lück. Diese Sparten machten inzwischen mindestens zwei Drittel der Volkswirtschaften der westlichen Welt aus. In Deutschland ist der Sektor auch stark von binnenwirtschaftlicher Nachfrage getrieben.

Für eine Stützung der Wirtschaft spricht auch, dass die Haushalte noch ordentlich konsumieren. In den USA ist die Arbeitslosigkeit äußert gering, und die Löhne stiegen zuletzt um 3,2 Prozent. In Europa sieht das Bild auf niedrigerem Niveau ähnlich aus.

„Der politische Einfluss verschleierte den klaren Blick auf die Konjunktur – daher glaubten viele, die Welt stünde mitten in einem wirtschaftlichen Abschwung“, meint Lück: Tatsächlich sollte aber das Wachstum in Europa und den USA in den kommenden sechs Monaten wieder an Fahrt gewinnen. Das Rezessionsgespenst sollte sich daher verflüchtigen.

Das sieht auch Andreas Bruckner, Europa-Aktienstratege bei der BofAML so. Er schaut dabei vor allem auf die Einkaufsmanagerindizes. Die sind zuletzt zwar deutlich gesunken. Bruckner ist dennoch optimistisch. „Vom absoluten Niveau der Einkaufsmanagerindizes sollte man sich nicht erschrecken lassen“, sagt er. „Entscheidend für die Märkte sind die Veränderungsraten in den Indizes – und da sehen wir Anzeichen zur Besserung.“

Über die vergangenen sechs Monate sanken die neuen Aufträge im Gesamtindex der Einkaufsmanager in der Euro-Zone um 1,8 Punkte. Bruckner und seine Kollegen sind überzeugt, dass sich diese Änderungsrate über die nächsten sechs Monate auf plus 1,5 Prozent erholen wird. Schon jetzt stützten Faktoren innerhalb der Euro-Zone wie zum Beispiel verbesserte Kreditkonditionen den Einkaufsmanagerindex, sagt Bruckner.

Gebremst würden die Euro-Einkaufsmanagerindizes und die darin enthaltenden Auftragseingänge vor allem durch die Schwäche der US-Einkaufsmanager – und nicht, wie vielfach angenommen, der chinesischen. Für die USA erwartet Bruckner eine positivere Entwicklung in den nächsten Monaten – vor allem dank der Zinssenkungen der US-Notenbank und des nicht mehr ganz so deutlich steigenden Dollars.

Deshalb sieht die BofAML auch an den Aktienmärkten noch Aufwärtspotenzial. „Die Veränderungsrate der Auftragseingänge korreliert sehr deutlich mit der Entwicklung des Stoxx Europe 600“, erklärt Bruckner.

Erste Anzeichen für eine mögliche Stabilisierung erkennt auch Philip Gisdakis, Chef-Anlagestratege der Hypo-Vereinsbank: So hat sich im September die Lage im deutschen Stimmungsbarometer Ifo-Index gerade in exportabhängigen Sektoren wieder gefangen.

Dazu kommt, dass – anders als vor einem Jahr – die Notenbanken die Märkte stützen. Im Herbst 2018 fürchteten Investoren noch, dass die US-Notenbank (Fed) die Wirtschaft durch Zinserhöhungen bremsen würde. Doch die Fed hat die Kehrtwende vollzogen und in diesem Jahr die Leitzinsen schon zweimal gelockert.

Auch die Europäische Zentralbank hat die Rolle rückwärts gemacht: Die Einlagenzinsen für Banken hat sie weiter gesenkt, und im November nimmt sie sogar ihre umstrittenen Anleihekäufe wieder auf. Damit können die Notenbanken nach Ansicht der meisten Analysten die Wirtschaft zwar nicht nachhaltig ankurbeln. Aber zumindest gibt es keine geldpolitischen Störfeuer mehr.

Noch viele Probleme

Über alldem schweben aber die dunklen Wolken politischer Konflikte: Als Hauptproblem für die Wirtschaft gilt vor allem der seit 18 Monate anhaltende Handelsstreit zwischen den USA und China. „Bis zu dessen Lösung ist noch ein weiter Weg – aber zumindest eskaliert er im Moment nicht weiter“, resümiert BofA-Experte Bruckner.

US-Präsident Donald Trump hatte am Wochenende die Einigung auf ein Teilabkommen mit China verkündet, das unter anderem die Themen Schutz geistigen Eigentums, Finanzdienstleistungen, Währungsfragen und Agrarprodukte enthalten soll. Doch erst im November soll dies unterzeichnet werden, und China äußerte bereits, dass nachverhandelt werden müsse.

Auch um den Brexit wird zwischen der EU und den Briten immer noch heftig gerungen. Allerdings sendete EU-Chefunterhändler Michel Barnier am Dienstag ein Hoffnungszeichen, als er eine Einigung noch in dieser Woche als möglich bezeichnete. Erschwert werden politische Kompromisse dadurch, dass derzeit in wichtigen Volkswirtschaften populistische Machthaber das Sagen haben.

Trotzdem dürften auch sie ein Interesse haben, sich zu einigen, weil dies der Wirtschaft des jeweiligen Landes und damit dem Machterhalt dient. Deswegen erwarten Experten, dass politische Ereignisse zu deutlichen – aber letztlich nur kurzfristigen – Rücksetzern führen. „Letztlich stehen die Kurse da, wo sie auch Anfang Oktober vergangenen Jahres vor dem Einbruch notierten“, resümiert Kopmann von der DZ Bank. Die Belastungsfaktoren für die Wirtschaft seien zwar nicht gesunken, dürften die Märkte aber eben auch künftig nicht belasten.

Viele Investoren sind dennoch skeptisch – das zeigt die monatliche internationale Fondsmanagerumfrage der BofAML unter 175 Investoren. 31 Prozent von ihnen fürchten im kommenden Jahr eine Rezession, und kaum jemand ist in europäischen Aktien übergewichtet. Genau das könnte aber ein Argument für steigende Aktienkurse sein. Wenn sich herausstellt, dass die Ängste vor einer Rezession und einem Einbruch an den Märkten übertrieben sind, gibt es noch viel Geld, dass in Aktien fließen kann und die Kurse nach oben treibt.