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Darum zweifeln die Anleger an der Strategie von Deutsche-Bank-Chef Sewing

Der Chef der Deutschen Bank hat 2018 all seine Versprechen eingelöst. Doch Investoren bleiben für das laufende Jahr kritisch.

Eigentlich hätte der vergangene Freitag ein guter Tag für Christian Sewing sein müssen. Schließlich hatte der Deutsche-Bank-Chef mit der Vorlage seines ersten Jahresergebnisses all seine Versprechen eingelöst: Die Deutsche Bank schrieb 2018 erstmals nach drei Verlustjahren Gewinne. Und mit dem Personalabbau und der Senkung der Kosten kam er zügiger voran als erwartet.

Doch Sewing wird ein eher bitteres Fazit aus seiner ersten Bilanzpräsentation ziehen müssen, denn dem Kapitalmarkt genügen die präsentierten Zahlen nicht. Die Bank habe lediglich ihr Minimalziel erreicht, über den Berg sei sie aber noch lange nicht, resümiert etwa ein einflussreicher Großinvestor. Auch weitere Analysten und Investoren zeigten sich wenig begeistert. Schließlich hat die Bank 2018 wegen des schwachen vierten Quartals gerade einmal 267 Millionen Euro 2018 verdient.

Obwohl der Vorstand all seine Ziele erreicht hat, nimmt ihm kaum jemand ab, dass ihm das für sein Renditeziel für dieses Jahr gelingt. Vier Prozent Rendite auf das materielle Eigenkapital hat Sewing versprochen. Die Analysten trauen ihm nur die Hälfte, zwei Prozent, zu. Zu groß scheint der Abstand zu den 0,5 Prozent Rendite, die die Bank 2018 erreicht hat. „Wo diese Steigerung herkommen soll, ist mir noch ein Rätsel“, sagt Michael Hünseler, Fondsmanager beim Vermögensverwalter Assenagon.

Und auch Stuart Graham, Bankenanalyst des renommierten Analysehauses Autonomous, konstatiert: „Der Markt glaubt nicht daran, dass die Bank in diesem Jahr das Ziel erreichen wird.“ Die Investoren wollten jetzt Antworten auf die Frage erhalten, was die Bank dafür ändern wolle.

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Ein wichtiger Baustein für Sewings Plan ist die Anlagepolitik für seine mit 259 Milliarden Euro üppigen Liquiditätsreserven. Einen Teil dieses Notgroschens für schwere Zeiten will er umschichten in sichere Wertpapiere. Bislang liegt das Geld zu großen Teilen zum Minuszins bei der Europäischen Zentralbank (EZB). Das soll 300 Millionen Euro zusätzliche Erträge im Jahr bringen. Das ist „ganz essenziell“ für das Renditeziel der Bank, betont er.

Der Finanzinvestor Cerberus, der seit Herbst 2017 mit drei Prozent am Institut beteiligt ist, berät die Bank dabei. Zusammen mit weiteren Einsparungen – die Bank hat ihr Kostenziel noch einmal um 200 Millionen Euro auf 21,8 Milliarden Euro gesenkt – und einer im nächsten Jahr vermutlich niedrigeren Steuerquote sollen diese Maßnahmen die Eigenkapitalrendite auf drei Prozent hieven.

„Lippenbekenntnisse bei Erträgen“

Das alles sind Faktoren, die der 48-jährige Sewing selbst in der Hand hat. Für das letzte Prozent setzt der seit April 2018 amtierende Vorstandschef darauf, dass das Marktumfeld für die Investmentbank-Sparte mitspielt. Die Bank plane dabei nicht mit einem „auf wundersame Weise verbesserten Umfeld“, beteuerte er, räumte aber zugleich ein: „Wenn wir wieder in das extrem unfreundliche Marktklima des vierten Quartals zurückfallen sollten, würde das unsere Planung sicher herausfordern.“

Finanzchef James von Moltke hatte Analysten gesagt, wenn der Rückenwind von den Märkten ausbleibe, müsse noch härter gespart werden. Diese Aussichten reichen für die meisten Finanzprofis nicht aus, um frische Zuversicht zu schöpfen. „Sewing setzt Akzente bei den Kosten, bei den Erträgen gibt es nur Lippenbekenntnisse“, heißt es bei einem institutionellen Investor, der ungenannt bleiben will. Es sei schwer zu sagen, ob das nur an der Restrukturierung oder auch an etwas anderem liege.

Sein Fazit: „Bei den Kosten ist Sewing glaubwürdig, bei den Erträgen sehr schwammig.“ Auch Alexandra Annecke, Fondsmanagerin bei Union Investment, lobt zwar „die stringente Umsetzung des Kostenabbaus“, moniert aber: „Die Schwäche im Investmentbanking ist eklatant. Hier muss es endlich gelingen, die Marktanteilsverluste zu stoppen.“ Annecke ist nicht die Einzige, die sich an der desolaten Entwicklung im Anleihehandel stört, die einst die große Stärke der Deutschen Bank war.

Im vierten Quartal hatte die Bank dort nur 786 Millionen Euro eingenommen. Damit hat sie deutlich schlechter abgeschnitten als ihre US-Konkurrenten und die ohnehin schon zurückhaltenden Prognosen der Analysten noch unterboten. „Das Unvermögen der Deutschen Bank, im Anleihegeschäft die Trendwende zu schaffen, bereitet uns Sorgen“, sagt auch Kian Abouhossein, der Bankenanalyst von JP Morgan.

Aus Sicht von Fondsmanager Hünseler müsste die Bank ihr Profil im Investmentbanking noch einmal deutlich schärfen und klarer artikulieren, auf welche Bereiche sie weiter setzen will. „Es genügt nicht, überall dabei zu sein und zu hoffen, dass sich eine Strategie durchsetzt.“ Ein anderer institutioneller Investor ist der Ansicht, dass die Bank in den USA noch immer an wenig profitablen Geschäften festhält. „Da müsste Sewing noch mehr arrondieren und kürzen“, sagt er.

Trotz der teils deutlichen Kritik glauben die Finanzprofis aber noch an Vorstandschef Sewing. „Herr Sewing hat in seinem ersten Jahr an der Spitze viel erreicht. Schließlich hat er eine sehr schwierige Situation vorgefunden“, sagt etwa Autonomous-Analyst Graham. Und ein für die Bank wichtiger Großinvestor betont, er sei „Teil der Lösung und nicht Teil des Problems“, weil er die Bank genau kenne und wisse, wo man ansetzen müsse.

Anders als sein Vorgänger packe er die Probleme auch wirklich an. „Sewing kann nicht zaubern und etwas an dem ändern, was andere verbockt haben“, sagt ein anderer institutioneller Investor.

Bemerkenswerte Rückendeckung

So viel Rückendeckung ist nicht selbstverständlich angesichts der Rückschläge, die die Bank auch unter Sewings Führung erleiden musste. Der Aktienkurs hat seit seinem Amtsantritt etwa ein Drittel an Wert verloren, deutlicher als der Branchendurchschnitt. Es ist allerdings auch nicht so, dass Investoren dem neuen Vorstandschef einen Blankoscheck ausstellen würden.

„Die Deutsche Bank ist mit ihrer Restrukturierung sehr spät im konjunkturellen Zyklus. Leider besteht daher für Sewing das Risiko, dass ihm die Zeit davonläuft“, sagt Autonomous-Analyst Graham. Und bei einer Fondsgesellschaft hieß es zwar, man müsse Sewing mehr Zeit geben. Klar sei aber auch, dass sich in den nächsten Monaten zumindest Fortschritte abzeichnen müssten.

Darüber hinaus rückt wieder ein Szenario in den Vordergrund, über das Sewing am Freitag kein Wort verlieren wollte: eine Fusion etwa mit der Commerzbank. Schneidet das Institut im ersten Quartal nicht überzeugender ab, wird ein solches Szenario wahrscheinlicher.

Für die Regierung ist eine Fusion mit der Commerzbank die bevorzugte Option, falls die Deutsche Bank nicht von selbst die Wende schafft, ist in Berlin wie Frankfurt oft zu hören. An ein ausländisches Institut will man in Berlin weder die Deutsche Bank noch die Commerzbank verlieren.

Das untermauert auch der Entwurf eines industriepolitischen Papiers von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), das die Deutsche Bank explizit zu den Unternehmen zählt, deren dauerhafter Erfolg im „nationalen wirtschaftlichen Interesse“ sei.

Investoren können sich für die industriepolitischen Wünsche der Bundesregierung allerdings kaum erwärmen. „Eine paneuropäische Bank wäre für Deutschland besser als ein nationaler Champion“, sagt etwa Fondsmanager Hünseler – und sieht es damit so wie auch andere Investoren und die EZB. Selbst die Deutsche Bank hatte bei einer Strategiesitzung im vergangenen Herbst festgestellt, dass aus Aktionärssicht ein Zusammenschluss mit der Schweizer UBS am sinnvollsten wäre.

Bei einem Zusammengehen mit der Commerzbank müssten dagegen zwei Unternehmen mit großen strukturellen Problemen noch eine weitere Fusion stemmen, warnt ein großer Investor. Die Analysten der DZ Bank listeten am Freitag gleich sieben Gründe auf, warum eine solche Lösung aus Sicht von Deutsche-Bank-Aktionären keine gute Idee wäre: Das Unterfangen ist ihnen zu komplex, die Umsetzung riskant, der Kapitalbedarf hoch, die möglichen Kostensenkungen sind gering, das Risiko sich abwendender Kunden ist hoch und die Restrukturierung zu langwierig und teuer.

Doch all diese Einwände machen eine innerdeutsche Fusion nicht unwahrscheinlicher. Der politische Druck und die Probleme der Bank, endlich die Ertragswende zu schaffen, könnten am Ende zu diesem Zusammenschluss führen, heißt es bei einem großen Aktionär.