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Wohnungskäufer werden immer gieriger

Volle Taschen, billiges Baugeld – die Deutschen kaufen, als gäbe es kein Morgen. Auf dem Land wechseln immer mehr Häuser die Besitzer. Für die Städte warnt die Bundesbank inzwischen vor einer Überhitzung.

Dass Wohnungsmieten und -preise in den deutschen Metropolen hochschießen, gibt schon lange keine Schlagzeile mehr her. Genau so wenig, dass Wohnungen dort in Windeseile verkauft werden. Erstaunlicher ist dagegen, die Erkenntnis der amtlichen Gutachterausschüsse, dass die Besitzwechsel nun auch auf dem Land zunehmen und Mieten und Preise „in den gut ausgebauten ländlichen Gebieten zumindest stabil bleiben werden.“ Ursache für den allgemeinen Wohnimmobilienboom sind für die Ausschüsse die niedrigen Zinsen. Sie sorgen für eine rasante und preistreibende Nachfrage.

Nach wie vor steigen die Preise schneller als die Mieten. Ein Effekt, der immer weitere Kreise um die Ballungszentren zieht. Das Immobilienmarktforschungsinstitut Empirica stellte kürzlich für das vierte Quartal 2016 fest, dass nun in 227 von 402 Landkreisen und kreisfreien Städten die Preise für Wohneigentum stärker als die Mieten gestiegen sind. Im Vorquartal galt dies für 215 Städte und vor drei Jahren nur für 125. Auch dies spricht dafür, dass der Boom vom den prosperierenden Großstädten auf das Umland abfärbt.

Im vergangenen Jahr wechselten Wohnungen, Häuser und Grundstücke für mehr als 210 Milliarden Euro den Besitzer, schätzt Peter Ache, Geschäftsstellenleiter des Arbeitskreises der Gutachterausschüsse. „Es ist nicht absehbar, dass das Investitionsvolumen zurückgeht“, blickt Ache in die Zukunft. 2015 war die Marke von 200 Milliarden Euro übersprungen worden. Die Gutachterausschüsse erheben seit 2007 bundesweite Zahlen. Anders als die Aufzeichnungen der großen Maklerhäuser, die nur Portfoliotransaktionen mit mehreren Millionen Volumen erfassen, basieren die Angaben der Gutachterausschüsse auf den von den Grundbuchämtern der Amtsgerichte erfassten Besitzwechseln.

Das Investitionsverhalten habe viel mit der Zinsentwicklung zu tun, sagt Ache. „Wir beobachten sehr genau, was mit den Zinsen passiert.“ Auch wenn sie leicht stiegen, sei aber längst nicht das Niveau erreicht, bei dem die Bundesbürger nicht mehr investierten. Seit November 2016 ziehen die Baugeldzinsen leicht an, sind aber im historischen Vergleich unverändert auf extrem niedrigen Niveau. Niedrige Zinsen machen Immobilienkredite für Käufer günstiger, was die Nachfrage antreibt. Umgekehrt bremsen steigende Zinsen, weil die Finanzierungskosten zunehmen und alternativen Geldanlagen attraktiver werden.
Empirica warnt allerdings schon seit Monaten vor Rückschlägen bei den Preisen in den Metropolen, sobald die Zinsen steigen.

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Überhitze Wohnungsmärkte, aber keine Immobilienblase

Im Gutachten der Immobilienweisen in der vergangenen Woche bekräftigten die Berliner Experten noch einmal ihre Befürchtung. Sie bezifferten bei dieser Gelegenheit das Rückschlagpotential – also den mögliche Preisrückgang – auf 36 Prozent in Düsseldorf, gut 40 Prozent in Frankfurt und Hamburg, um die 50 Prozent in Köln, Berlin und Stuttgart sowie 75 Prozent in München. In diesen Schwarmstädten stünden die geforderten Kaufpreise in keiner sinnvollen Relation mehr zu den Rahmenbedingungen. „In den Preisen sind offensichtlich bereits weiter signifikant steigende Mieterträge eingepreist“, heißt es in dem Frühjahrsgutachten der Immobilienweisen. Die Rechnung basiert auf der Annahme, dass Neuvertragsmieten und Preise im Jahr 2004 im Gleichklang waren. Neuvertragsmieten setzen sich aus den Mieten nach Mieterwechseln und bei Erstbezug zusammen.

Auch die Bundesbank ist seit längerem besorgt über teils extreme Preissteigerungen bei Wohnimmobilien. „Die Preisübertreibungen in den Städten betrugen gemäß aktuellen Schätzergebnissen im vergangenen Jahr zwischen 15 Prozent und 30 Prozent“, schreibt die Notenbank in ihrem Monatsbericht Februar, der am Montag veröffentlicht wurde. „Insgesamt dürfte die im Berichtsjahr erhöhte Preisdynamik bei Wohnimmobilien über diejenige Entwicklung hinausgegangen sein, die durch demografische und wirtschaftliche Fundamentalfaktoren angelegt ist, und auch die weiter ermäßigten Finanzierungskosten können nur einen Teil der zusätzlichen Dynamik erklären.“

Wenn die Preise sehr viel stärker als die Mieten steigen, wächst die Gefahr einer Blase. Die Gefahr einer Immobilienblase sehen die Ausschüsse noch nicht. In bestimmten Städten seien die Märkte indes deutlich überhitzt. Dass es in Deutschland eine Immobilienblase gibt, wird von den meisten Experten nach wie vor verneint – auch von Empirica. Denn zu einer Blase würde gehören, dass mehr Wohnungen gebaut würden als nötig und dieser Neubau auch noch in hohem Maße mit Krediten finanziert wird. Beides trifft nicht zu. Landesweit betrachtet kann ohnehin keine Rede von einer Blase sein. Ein Beleg dafür ist das von Empirica bundesweit auf 16 Prozent geschätzte Rückschlagpotenzial für die Wohnungspreise. Dies lasse sich noch mit Nachholeffekten und den niedrigen Zinsen erklären.


Marktforscher streiten über künftige Preisentwicklung

Die Schwarmstädte haben Empirica zufolge neue Bewohner aus allen Teilen Deutschlands und nicht nur aus dem Umland angelockt und ganz besonders Zuwanderer angezogen. In ganz Deutschland ist die Bevölkerung seit 2010 um 2,9 Millionen Menschen gestiegen. Nun ebbe die Zuwanderungswelle ab. Aus der Vergangenheit zieht Empirica die Lehre, dass auf Zuwanderungen Abwanderungen folgten. Gleichzeitig werde aufgrund der vielen erteilten Baugenehmigungen insbesondere in den Schwarmstädten das Wohnungsangebot steigen, meint Empirica und zieht daraus den Schluss, dass in Berlin, München und möglicherweise in Hamburg die Neuvertragsmieten nicht mehr steigen. „Doch schon eine Stagnation der Mieten wird auf die Kaufpreise zurückwirken.“ Deshalb prognostiziert Empirica in einigen Schwarmstädten sinkende Kaufpreise.

Mit dieser These provoziert Empirica Widerspruch. „Hohe Preiskorrekturen in den Metropolen sind unrealistisch, reagiert Konkurrent Bulwiengesa. Die Immobilienmarktbeobachter gehen von einer weiterhin hohen Anziehungskraft der Kernstädte in Ballungsräumen aus, weil die Arbeitsplätze in stabilem wirtschaftlichem Umfeld, gute Infrastruktur und ein vielfältiges Freizeit- und Kulturangebot böten. Die Berliner zweifeln an, dass die Zahl der Baufertigstellungen die Zahl der Genehmigungen erreicht. Bulwiengesa geht deshalb unverändert von Nachholbedarf im Neubau aus und erwartet auch weiterhin Druck auf Mieten und Preise. Die Einschätzung wird von Gutachter Ache unterstützt: „Ich gehe nicht davon aus, dass die Preise in den Städten stark verfallen.“