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Bei welchen Aktien sich der Einstieg jetzt lohnen könnte – und bei welchen nicht

Konjunkturkrise, Gewinnrückgänge und Zollstreit eröffnen an der Börse neue Chancen. Wie Anleger jetzt die besten Kaufgelegenheiten finden können.

Börsianer honorieren keine Erfolge der Vergangenheit, sondern spekulieren auf die Zukunft. Deshalb gelten bei der Frage, welche Perspektiven die zehn erfolgreichsten Aktien des vergangenen Jahrzehnts haben, andere Kriterien als Kursgewinne oder Dividenden und Gewinne.

Entscheidend ist: In welchen Märkten sind die Unternehmen unterwegs? Was für ein Wachstum ist zu erwarten? Wie stark ist die finanzielle Basis, um kraftvoll neue Projekte anschieben zu können? Und vor allem: Wie teuer sind die Aktien?

Über einen langen Zeitraum stark gestiegene Papiere können immer noch preiswert sein, wenn die Unternehmensgewinne im selben Zeitraum ebenso stark oder gar noch stärker gestiegen sind. Deshalb ist es wichtig, den Aktienkurs in Relation zum Gewinn zu setzen, um so teure und preiswerte Aktien herauszufiltern.

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In einer Studie hat die Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) aus 153 börsennotierten deutschen Unternehmen mit mehr als 500 Millionen Euro Umsatz jene zehn herausgefiltert, die sich in den Geschäftsjahren 2009 bis einschließlich 2018 am besten entwickelt haben. Dabei galten Kriterien wie Kursgewinne, Dividenden sowie Gewinne vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda).

Um die künftigen Perspektiven zu beurteilen, hat das Handelsblatt diese zehn Sieger-Aktien an Hand eigener, zukunftsweisender Kriterien beleuchtet, darunter Investitionen, Verschuldung, Eigenkapital und Börsenbewertung (Kurs-Gewinn-Verhältnis). Die Ergebnisse überraschen, denn bei weitem nicht jede Aktie eignet sich zum Einstieg. So sollte man den Medizintechniker Sartorius aufgrund der hohen Bewertung eher meiden. Doch einige Werte wie Gabelstaplerhersteller Jungheinrich haben weiterhin Potenzial für langfristig orientierte Anleger.

Die schlechte Börsenlage in den vergangenen Tagen dürfte manchen Anleger von Aktien abschrecken. Aber man sollte übergeordnete Erwägungen im Blick haben. Zur Aktie gibt es kaum eine Alternative. Das Sparbuch, aber auch Tages- und Festgeldkonten bringen keine Zinsen und zehren deshalb angesichts der Inflation langfristig am Kapital. Dasselbe gilt für Anleihen. Rund die Hälfte aller europäischen Staatsanleihen erwirtschaftet inzwischen eine negative Rendite, darunter fast alle deutschen Staatsanleihen.

Selbst Unternehmensanleihen rentieren oftmals mit Minuszinsen; die meisten bringen pro Jahr weniger als ein Prozent Zins. Immobilien sind nach jahrelang starkem Wertzuwachs teuer, Rohstoffe eignen sich angesichts großer Kursschwankungen kaum als Langfristanlage. Gold erwirtschaftet keine Gewinne – das ist der große Unterschied zu den hinter Aktien stehenden Unternehmen.

Bleibt als Anlage die Aktie übrig. Ihr größter Vorteil: Mögliche Kursgewinne und Dividenden bescheren eine höhere Rendite als alle Konkurrenzanlagen. Ihr größter Nachteil: Keine Ausschüttung und kein Kursgewinn sind planbar, geschweige denn sicher. Das gilt erst recht in Zeiten sinkender Konjunkturerwartungen – so wie jetzt. Solange in Deutschland, Europa und in den USA die Unternehmensgewinne und vor allem die Erwartungen an künftigen Erträge sinken, werden die Börsen nicht kraftvoll durchstarten.

Immerhin, der Abschwung der Realwirtschaft startete in Deutschland und weiten Teilen Europas bereits im Sommer vergangenen Jahres. Er ist damit zeitlich weit fortgeschritten. Sobald die ersten Frühindikatoren wieder ansteigen, auch wenn gleichzeitig die Realwirtschaft noch im Abschwung verharren mag, werden die Aktienkurse wieder zulegen – so wie zuletzt inmitten der Rezession im Frühjahr 2009.

Insofern ist die Auseinandersetzung mit geeigneten Aktien nicht in einem Aufschwung, sondern bereits vorher notwendig – also jetzt –, um frühzeitig vom kommenden Börsenaufschwung zu profitieren.

Siltronic: Günstig bewertet und im Nischenmarkt unterwegs

Erfolgreichste Aktie seit dem Börsentief 2009 ist Siltronic: Der deutsche Halbleiterhersteller und Partner führender Chipgrößen, zu denen die Top 20 der Welt zählen, verdiente 2016 unter dem Strich gerade mal zwölf Millionen Euro. Im abgelaufenen Jahr waren es 373 Millionen Euro. Doch wie alle Chipproduzenten leidet auch der Spezialist für Halbleiter aus Reinstsilizium, wie sie vor allem in der Elektronikindustrie gebraucht werden, unter der weltweiten Nachfrageschwäche.

Jüngst warnte der sehr viel größere amerikanische Wettbewerber Micron vor schwierigen Zeiten. Prompt geriet die gesamte Branche in Sippenhaft. Auch Siltronic. Der Aktienkurs hat sich seit Juli vergangenen Jahres halbiert. Der Handelskonflikt belastet, weil sich durch Zölle die Elektronikteile verteuern, sobald sie ex- und wieder importiert werden.

Die Konjunktur- und damit ausgelöste Kursschwäche haben aber auch ihr Gutes: Anleger bezahlen das Unternehmen und heruntergerechnet jede einzelne Aktie aktuell nur mit dem elffachen erwarteten Jahresnettogewinn. Das ist preiswert.
Hinzu kommt die sehr geringe Verschuldung: Den Finanzverbindlichkeiten von 58,2 Millionen Euro steht ein Eigenkapital von 759 Millionen Euro gegenüber. Die Verschuldungsquote liegt damit nur bei 7,7 Prozent. Kein anderes hier porträtiertes Unternehmen ist so gut finanziert.

Günstige Aktien haben aber oft einen Haken. Siltronic hat in diesem Jahr bereits zweimal seine Prognose gesenkt. Auf kurze Sicht zeigt sich der Vorstand wenig optimistisch. Angesichts der sinkenden Nachfrage und des weltweiten Preisverfalls schwächte sich das Geschäft im zweiten Quartal weiter ab. Grund dafür sind höhere Energiekosten und Abschreibungen als Folge von Investitionen. So sank der Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) im zweiten Quartal um fast ein Drittel auf 100 Millionen Euro.

Anleger sollten angesichts der weltweiten Konjunkturschwäche weitere Kursverluste einkalkulieren. Mittel- und langfristig erscheint Siltronic aus Sicht der meisten Analystenhäuser angesichts seiner Marktführerschaft in einem attraktiven Nischenmarkt attraktiv. Die britische Investmentbank HSBC hat Siltronic mit einem Kursziel von 83 Euro in ihre Kaufliste aufgenommen.

Infineon: Profiteur von guter Weltwirtschaft

Infineon ist der einzige Top-10-Wert in der Liste aus dem Dax. Wie alle Halbleiterhersteller leidet der bayerische Konzern, der sich mit seinen Produkten auf Energieeffizienz, Mobilität und Sicherheit konzentriert, unter der weltweiten Konjunkturschwäche. Erschwerend kommt die Strukturkrise in der Automobilindustrie hinzu. Gemessen an so vielen Problemen überraschte es viele Aktionäre, dass Konzernchef Reinhard Ploss im August seine Jahresprognose bestätigte.

Anfang des Jahres hatte er indes innerhalb nur weniger Wochen gleich zweimal die Ziele senken müssen. Nun zeigte er sich zuversichtlicher: „Die strukturellen Treiber in unseren Zukunftsmärkten sind intakt“, sagte Ploss, die langfristigen Perspektiven seien weiterhin gut.

Wie sehr Infineon vom Wohl und Wehe der Weltwirtschaft und Börsenstimmung abhängig ist, zeigen die vergangenen großen Konjunkturzyklen. Nach dem Börsengang im März 2000, als die Dotcom-Blase die Anlegerwelt euphorisierte, brach der Aktienkurs ein. Bis heute hat er sich davon nicht erholt. Nie wieder erreichte die Aktie die ersten Kurse von über 80 Euro. Nach einem kräftigen Auf und Ab kostete eine Aktie in der Krise knapp ein Jahrzehnt später weniger als 50 Cent. Die Börse spekulierte 2009 auf eine Insolvenz der ausgegliederten Siemens-Sparte.

Doch Infineon wandelte sich. Auf den schillernden Konzernchef Ulrich Schumacher, der im Rennporsche zur Frankfurter Börse fuhr, um den Börsengang zu feiern, folgte eine neue Managergeneration: trocken und präzise in der Ansprache und mit hoher Fachkenntnis ausgestattet, so wie Peter Bauer und aktuell Reinhard Ploss. Sie machten Infineons Halbleiter unverzichtbar für die weltweite Automobilindustrie.

Inzwischen ist Infineon mit seinen Systemlösungen für Industrieelektronik und Sicherheitsanwendungen in fast allen Bereichen des Lebens vertreten. Die neun Milliarden Euro teure Übernahme des amerikanischen Wettbewerbers Cypress Semiconductor macht weitere Ambitionen deutlich.

Cypress ist Spezialist für Chiplösungen beim autonomen Fahren. Das Geschäft mit Halbleitern ist zyklisch. Das heißt aber auch: Infineon bleibt in jedem Aufschwung der Weltkonjunktur, sobald die Nachfrage nach Speicherchips steigt, eine Spekulation auf steigende Kurse.


Sartorius: Gemessen am Wachstum üppig bewertet

Fernab allen Konjunkturgejammers hat der Göttinger Pharma- und Laborzulieferer Sartorius die Erwartungen im zweiten Quartal übertroffen. Erlöse und Gewinne stiegen erneut zweistellig, Vorstandschef Joachim Kreuzburg hob die Umsatzprognose an. Zum Portfolio des 1870 gegründeten Unternehmens gehören Produkte wie Zellkulturen, Laborinstrumente oder Verbrauchsmaterialien.

Wer heute über einen Kauf von Sartorius-Aktien nachdenkt, sollte wissen, dass die Börse die Erfolgsgeschichte schon lange und außerordentlich stark honoriert. Seit Jahresanfang ist der Kurs um 50 Prozent gestiegen, in den vergangenen zehn Jahren um über 5000 Prozent. Analysten erwarten zwar weiterhin Gewinnzuwächse – allerdings eher im niedrigen zweistelligen Prozentbereich.

Das ist zwar nicht schlecht, allerdings bezahlen Anleger das Unternehmen und heruntergerechnet die Aktie mit dem 50-fachen erwarteten Jahresnettogewinn. Daran gemessen wächst das Unternehmen zu langsam. 2015 verdiente Sartorius unter dem Strich 126 Millionen Euro, ein Jahr darauf 103 Millionen, anschließend 115 und im abgelaufenen Jahr 141 Millionen Euro. Solch bescheidene Steigerungsraten rechtfertigen keine so hohe Bewertung an der Börse. Die Aktie ist also teuer.

Analysten sind angesichts der nicht enden wollenden Börsenrally hin- und hergerissen. Reihenweise heben sie die Kursziele an, zuletzt etwa Warburg Research und Hauck & Aufhäuser. Doch weil der Aktienkurs noch viel rasanter gestiegen ist, mögen die Bankhäuser die Aktie trotz höherer Kursziele nicht mehr zum Kauf empfehlen. Der Grund: Der Aktienkurs legt schneller zu, als die Analysten ihre Kursziele anheben. Kurzum, die Aktie scheint in den vergangenen Jahren viel Zukunft vorweggenommen zu haben.

Jungheinrich: Große Portion Konjunkturpessimismus

Gabelstapler mögen erst einmal wenig nach großer Welt und Zukunftsfantasie klingen. Doch Amerikas Investmenthaus Morgan Stanley hat die erfolgreiche Jungheinrich-Aktie entdeckt. Fortan kümmert sich die Großbank um den deutschen SDax-Titel. Das erste Urteil fällt optimistisch, fast euphorisch aus: Die Aktie sei „ein nahezu perfektes Anlagevehikel, um von einer steigenden Industrieproduktion zu profitieren“, prognostiziert Katie Self. Da die Aktienkurse typischerweise vorweg liefen, sei jetzt der richtige Zeitpunkt zum Einstieg gekommen.

Letzteres ist eine etwas gewagte Spekulation der Analystin. Sie setzt voraus, dass der Abschwung in der Realwirtschaft die Talsohle bereits jetzt oder zumindest sehr bald erreicht. Tatsächlich sinkt die Industrieproduktion Monat für Monat weltweit, und auch die Frühindikatoren fallen unverändert weiter. Deshalb leidet der international führende Anbieter von Hubwagen, Treibgasantrieben, Schubmast- und Hochregalstaplern unter sinkenden Erträgen.

Auf seinem europäischen Heimatmarkt, auf dem die Hamburger zwei Drittel ihrer Umsätze erzielen, schrumpft die Nachfrage nach Gabelstaplern und Lagertechnik. Deshalb dürfte der Nettogewinn 2019 eher niedriger als im Vorjahr ausfallen – nachdem er bereits 2018 leicht gesunken ist.

Der Trend weist erst einmal weiter nach unten, zumal Aufsichtsratschef Hans-Georg Frey die Aktionäre im Sommer – damals noch als Vorstandschef – mit einer Gewinnwarnung verschreckte: „Nach einem starken Start in das laufende Geschäftsjahr spüren wir allerdings seit Kurzem einen deutlichen Rückgang der Investitionstätigkeit der Kunden.“

Nach einem baldigen Aufschwung klingt das nicht. Allerdings hat sich der Aktienkurs seit Anfang 2018 halbiert, und auf dem Kursniveau ist die Wette auf den Aufschwung naheliegender als auf den fortgesetzten Abschwung. Zumal sich die Bewertung stark reduziert hat: Wer heute Jungheinrich-Aktien kauft, bezahlt die Anteilsscheine mit dem zwölffachen Jahresnettogewinn. Darin drückt sich bereits mehr Pessimismus als Optimismus aus.

Noch etwas stimmt positiv: Die großen Trends Digitalisierung und Automatisierung dürften den Bedarf an Staplern und Lagertechnik auf Dauer steigen lassen. Dass sich Jungheinrich auf elektrisch betriebene Stapler konzentriert, ist in der Klimadiskussion von Vorteil.

Auch selbstfahrende Stapler gehören zum Sortiment. An diesen Investitionen in Zukunftstechnologien, wozu alle Angebote rund um die Elektromobilität zählen, hält Vorstandschef Frey nach eigener Aussage trotz der weltweiten Konjunkturabkühlung fest.


Sixt: Viel Wachstumspotenzial, aber kein Schnäppchen

Weniger als fünf Euro kostete eine Sixt-Aktie im Frühjahr 2009. Damals war Europas größter Mietwagenverleiher gut 200 Millionen Euro an der Börse wert. Heute kostet eine Aktie knapp 90 Euro, und Sixt ist 3,7 Milliarden Euro wert.
Geschickt macht sich Sixt die Klimadebatte und das veränderte Verhalten zum Auto als Besitz- und Prestigeobjekt zu eigen und kontert mit der Sharing-Philosophie: Anstatt ein Auto ungenutzt in der Garage stehen zu lassen und dafür Steuern, Versicherung, Reparaturen und Stellplatz zu bezahlen, sei es logischer, Autos zu leihen.

Sixt will Carsharing an allen 2200 Standorten weltweit anbieten, allein in Deutschland an 500 Orten. Die Krise der Automobilindustrie dürfte sich für Sixt eher positiv auswirken, weil Autos immer häufiger geliehen als gekauft werden – und das gilt längst nicht mehr nur für die Weiterfahrt nach dem Flug.

Die Wachstumsperspektiven erscheinen immer noch groß. Während Sixt mehr als 70 Prozent des europäischen Marktes abdeckt, gibt es in den USA noch viel zu erschließen. Der Markt hat ein Volumen von über 25 Milliarden Dollar, doch Sixt erwirtschaftet dort weniger als 500 Millionen Euro – in Deutschland ist es das Vierfache. Die Schweizer Großbank UBS lobt die Wachstumsstory. Für das Bankhaus Lampe zählt Sixt zu den Top-Favoriten in der gesamten Transport- und Logistikbranche. Nach dem Übergangsjahr 2019, das durch hohe, aber wertsteigende Investitionen geprägt sei, werde Sixt wieder Wachstumsraten im zweistelligen Prozentbereich schaffen.

Die vielen Investitionen haben allerdings ihren Preis. Hohe Ausgaben für den Wagenpark und der Aufbau der Digitalplattform setzten zuletzt den ‧Gewinn unter Druck und trieben die Verschuldung nach oben. Im laufenden Jahr rechnen Analysten im Schnitt mit knapp 270 Millionen Euro Nettogewinn – nach 426 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Einem Eigenkapital von 1,3 Milliarden Euro stehen Finanzverbindlichkeiten von knapp vier Milliarden Euro gegenüber.

Beides rechtfertigt erst einmal keine Kurssprünge mehr. Zumal Anleger die Aktie mit dem knapp 17-fachen erwarteten Gewinn bezahlen. Ein Schnäppchen ist Sixt nicht.

Jenoptik: In Zukunftstechnologien gut aufgestellt

Zu den gefallenen Stars zählt Jenoptik. Die Aktie ist in den vergangenen sechs Monaten um mehr als ein Drittel eingebrochen. Zu den Kunden des Optoelektronikkonzerns zählen einerseits Unternehmen aus sehr konjunkturempfindlichen Branchen wie der Halbleiter-, Automobil- und Zulieferindustrie.

Sie bremsen derzeit das Wachstum und sind hauptverantwortlich dafür, dass Jenoptik in diesem Jahr rund 15 Prozent weniger verdienen wird als 2018. Andererseits ordern bei den Thüringern auch viele Unternehmen aus konjunkturresistenteren Zweigen. Dazu zählen Firmen aus der Medizin-, Sicherheits- und Wehrtechnik sowie der Luft- und Raumfahrtindustrie.

Die wohl größten (Kurs-)Perspektiven schlummern im rasanten Wachstum des Fotonikbereichs, also der technischen Nutzung von Licht in all seinen Formen: in Smartphones, Autos, Flugzeugen, der Laserdiagnostik und -therapie sowie der energieeffizienten Beleuchtung mit LEDs – und OLEDs, das sind organische Leuchtdioden, wie sie in der Displaytechnik zum Einsatz kommen. Researchunternehmen wie Marketsandmarkets und Mordor Intelligence prognostizieren, dass der Markt für Fotonik Jahr für Jahr um gut acht Prozent wachsen wird.

Wer auf den schnellen Gewinn aus ist, dürfte mit Jenoptik eher schlecht beraten sein, denn die schwächere Nachfrage aus den vielen konjunkturempfindlichen Branchen setzt der Aktie hart zu. Doch die langfristigen Perspektiven erscheinen unverändert gut.


VTG: Großaktionär setzt Börsenrückzug durch

Aktien des Schienenlogistikunternehmens VTG galten lange Zeit als der Börsentraum für Langfristanleger, die ihre Nerven schonen wollen. Der Waggonvermieter, einschließlich Reparatur und Instandhaltung, überzeugt seit Jahren mit stetig wachsenden Erträgen, Dividenden und Aktienkursen. Es schien die perfekte Langfriststory zu sein. Leider etwas zu perfekt, denn das Geschäftsmodell überzeugte den amerikanischen Ankeraktionär, einen Infrastrukturfonds der amerikanischen Großbank Morgan Stanley, so sehr, dass er VTG komplett aufkaufte. Die Hamburger Gesellschaft zieht sich von der Börse zurück.

Ein paar Aktien werden zwar noch immer an der Hamburger Börse gehandelt – und auch nur dort. Doch seit dem Übernahmeangebot der wenigen Restbestände für 53 Euro je Aktie ist die Fantasie raus. Experten raten davon ab, die Aktie auf diesem Niveau noch zu erwerben. Erstens, weil die Perspektiven fehlen. Zweitens, weil bei einem Komplettrückzug von der Börse kein Kurs mehr gestellt wird und verbliebene Aktionäre der künftigen Entwicklung recht hilflos ausgeliefert sind.

Axel Springer: Der Einstieg lohnt sich nicht

Ebenso wenig wie bei VTG lohnt sich ein Einstieg bei Axel Springer. Deutschlands größter Zeitungs- und drittgrößter Zeitschriftenverlag notiert zwar noch an der Börse. Doch die US-Beteiligungsgesellschaft KKR hat ein Übernahmeangebot in Höhe von 63 Euro je Aktie unterbreitet. So viel kostet eine Aktie auch aktuell. Ein Kauf lohnt sich also nur für Anleger, die auf eine noch höhere Offerte spekulieren. Darauf deutet bislang nichts hin.

Experten gehen davon aus, dass KKR bis Anfang 2020 alle gesetzlichen Freigaben für eine Übernahme des Medienkonzerns hat. Ob sich anschließend im außerbörslichen Handel für die dann verbleibenden frei handelbaren Aktien ein fairer Preis erzielen lässt, ist mehr als fraglich. Wer Axel-Springer-Aktien weiterhin hält oder sie gar neu kauft, setzt sich nach einem möglichen Komplettrückzug von der Börse höheren Risiken als Chancen aus.


Compugroup: Marktführer mit zukunftsträchtigem Geschäftsmodell

Nur nach oben ging es lange Zeit für Compugroup. Doch seit einigen Quartalen ist die Rally abgebrochen. Grund dafür sind verfehlte Gewinnprognosen und ein gesenkter Jahresausblick. An der grundsätzlichen Erfolgsstory, dass der Marktführer vom Bedarf nach elektronischen Patientendaten und Abrechnungssystemen überproportional profitiert, hat sich indes nichts geändert.

Als einer der führenden Anbieter von Software im Gesundheitswesen mit Produkten für rund eine Million Nutzer in 55 Ländern profitiert Compugroup von der Einführung elektronischer Informationssysteme in Arztpraxen, Apotheken und Krankenhäusern. Der Kurseinbruch um ein Viertel in den vergangenen zehn Wochen hat die Aktie wieder auf ein etwas attraktiveres Bewertungsniveau geführt. Anleger bezahlen das Unternehmen mit dem 22-fachen erwarteten Jahresnettogewinn.

Das ist in einer Branche mit dem zukunftsträchtigen Mix aus Software und Gesundheit nicht teuer. Kursfantasie birgt das Geschäft mit Krankenhäusern, in dem das Unternehmen von Frank Gotthardt, dem seit 1992 alle Stammaktien gehören, bislang nur schwach vertreten ist.

Stabilisierend wirkt der Effekt, dass der Anteil wiederkehrender Erträge, etwa durch regelmäßige Softwareupdates, kontinuierlich zunimmt. Dadurch werden die Erlöse und Gewinne berechenbarer. Deshalb sollten Gewinnwarnungen wie in diesem Jahr eher die Ausnahme bleiben.

Grammer: Börsenkrimi ist zu Ende, Einstieg nicht zu empfehlen

Ein Börsenkrimi entwickelte sich um den Oberpfälzer Automobilzulieferer Grammer. 2016 war bei dem Spezialisten für die Innenausstattung von Geländewagen, Lkws, Bussen und Bahnen der Schrecken groß, als die in der Branche gefürchtete bosnische Familie Hastor Aktienpakete kaufte und nach der Macht griff. Die Belegschaft fürchtete um ihre Arbeitsplätze und der Vorstand um die Firma. Doch zur Rettung eilte ein zweiter Aktionär: der chinesische Autozulieferer Ningbo Jifeng.

Die Chinesen halten inzwischen 84,2 Prozent der Anteile – und haben die Bosnier verjagt. Zuvor hatte Ningbo den freien Aktionären ein Übernahmeangebot von 60 Euro je Aktie unterbreitet. Wer es annahm, machte ein gutes Geschäft, denn so hoch notierte die Aktie noch nie – und danach auch nicht mehr. Inzwischen kostet eine Aktie knapp über 30 Euro. Der Krimi ist zu Ende und die Fantasie raus. Stattdessen hat die Krise der Automobilindustrie Grammer längst erreicht.

Angesichts der Mehrheitsverhältnisse erscheint die Kursfantasie begrenzt. Es sei denn, der Großinvestor macht die Übernahme komplett und strebt den Rückzug Grammers von der Börse an. Dafür wäre ein erneutes Übernahmeangebot nötig. Doch darauf zu spekulieren erwies sich in der Börsengeschichte selten als kluge Entscheidung.