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Was Verbraucher tun können, wenn durch Corona die Baufinanzierung wackelt

Hält die Corona-Pandemie länger an, werden manche Hauskäufer ihre Darlehensraten nicht mehr bezahlen können. Was Kreditnehmer jetzt wissen müssen.

In der Coronakrise bekommen einige Hauskäufer Probleme mit ihrer Baufinanzierung. Foto: dpa
In der Coronakrise bekommen einige Hauskäufer Probleme mit ihrer Baufinanzierung. Foto: dpa

Wegen der Coronakrise droht vielen Arbeitnehmern Kurzarbeit oder im schlimmsten Fall ein Verlust des Arbeitsplatzes. Zahlreiche Selbstständige bangen um ihre Existenz. Wer keine Rücklagen aufgebaut hat, gerät schnell in eine finanziellen Schieflage. Oft können auch die Raten für die Baufinanzierung nicht mehr gezahlt werden.

Aus dieser Klemme gibt es mehrere Auswege, auch mit gesetzlicher Hilfe. Kreditnehmer sollten genau abwägen, welcher Schritt passt, um nicht später folgenschwere Entscheidungen zu bereuen.

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„Ein Liquiditätsengpass ist immer ein höchst individuelles Problem“, sagt Niels Nauhauser, Abteilungsleiter Altersvorsorge, Banken, Kredite bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Die Möglichkeiten, sich Luft zu verschaffen, hängen vor allem mit der Dauer der Finanzklemme und ihrer Höhe zusammen. Betroffene sollten frühzeitig mit ihrer Bank sprechen.

Die Kreditgeber seien an einer langfristig funktionierenden Kundenbeziehung und an möglichst wenig Kreditausfällen interessiert, sagt Horst Biallo, Gründer des Verbraucherportals Biallo: „Die Kreditinstitute sind bereit, den Darlehensnehmern in der aktuellen Situation Zugeständnisse zu machen“, ist seine Erfahrung aus Gesprächen mit Kredithäusern.

Ähnliches berichtet Mirjam Mohr, Vorständin beim Kreditvermittler Interhyp: „Wir haben den Blick auf rund 500 Kreditgeber und sehen, dass die große Mehrheit bemüht ist, bei Problemen Lösungen zu suchen.“

Viele Kunden haben sich bereits an ihre Bank gewandt. Ein Sprecher der Direktbank ING sagt: „Wir bekommen aktuell vermehrt generelle Anfragen nach Tilgungspausen und Tilgungsherabsetzungen.“ Eine Sprecherin der Hamburger Sparkasse berichtet, dass bereits mehrere Hundert Privatkunden mit einer Baufinanzierung die Aussetzung von Zins- und Tilgungszahlungen veranlasst haben.

„Wir kümmern uns derzeit vorrangig um die Unterstützung unserer von der Corona-Krise betroffenen Privat- und Firmenkunden. Deshalb bitten wir um Verständnis, dass wir Kunden von anderen Banken in nächster Zeit leider keine Baufinanzierung anbieten können“, ergänzt die Sprecherin. Zuerst hatte das Portal Finanz-Szene.de darüber berichtet. Eine Nachfrage des Handelsblatts bei anderen Banken und Finanzdienstleistern zeigt, dass viele Geldhäuser weiterhin Baufinanzierungen auch für Neukunden anbieten. Vereinzelt hätten aber auch regionale Kreditinstitute aufgrund von Kapazitätsengpässen entschieden, Neugeschäft nicht oder nur eingeschränkt anzunehmen.

Der Gesetzgeber hilft

Die neuen gesetzlichen Stundungsregeln der Bundesregierung helfen nun Kunden mit bestehenden Baufinanzierungen: Bei Konsumentenkrediten und Immobiliendarlehen, die vor dem 15. März abgeschlossen wurden, können jetzt die Zins- und Tilgungsleistungen ausgesetzt werden – wenn jemand von der Coronakrise betroffen ist. „Das gesetzliche Moratorium löst solche Probleme auf kurze Sicht, denn Kreditnehmer können ihre Raten später zurückzahlen“, erklärt Verbraucherschützer Nauhauser.

Die Stundung gilt zunächst für einen Zeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni. Möglicherweise wird dieser noch verlängert. Nach Ablauf der Frist werden die gestundeten Beträge nicht mit einem Mal fällig, sondern die Vertragslaufzeit wird entsprechend gestreckt. Interhyp-Vorständin Mohr beobachtet zudem, dass die Kreditinstitute bereit sind, die „Darlehensraten vereinzelt auch länger als gesetzlich vorgegeben zu stunden“.

Die Möglichkeit einer Stundung gibt es nicht nur für Darlehensnehmer, die ihre eigengenutzte Immobilie abzahlen. Michael Neumann, Vorstandschef des Kreditvermittlers Dr. Klein, erklärt: „Privatvermieter, die aufgrund von Mietausfällen unter Umständen selbst in Not geraten, können prüfen, ob sie ihrerseits die Zahlung des Baudarlehens aussetzen können.“ Ganz wichtig sei: „Niemand kann einfach aufhören, seine Rate zu zahlen“. Die Kunden müssten nachweisen, dass sie aufgrund der Pandemie Einnahmeausfälle in einer solchen Höhe haben, dass die Zahlung der monatlichen Rate den angemessenen Lebensunterhalt gefährden würde.

Tilgung aussetzen oder verändern

Zudem gibt es bei Immobilienkrediten weitere Optionen, die Finanzierung an sich verändernde Umstände anzupassen. Häufig kommt es darauf an, was bei Vertragsabschluss vereinbart wurde – oder wie kulant sich die Kreditinstitute zeigen.

Portalbetreiber Biallo meint, dass viele Kreditnehmer nicht unbedingt ihre komplette Monatsrate, also Zins und Tilgung, stoppen müssten. „In der Niedrigzinsphase dürfte es vielen Baufinanzierungskunden schon helfen, wenn sie die Tilgung aussetzen und eine Zeit lang nur die Zinszahlungen leisten müssen.“

Wer allerdings einen älteren Kreditvertrag mit höheren Zinssätzen hat, dem könnte das vielleicht nicht reichen – auch wenn sich der Zinsanteil an der Monatsrate reduziert, je weiter die Restschuld sinkt. Normalerweise ist die Möglichkeit von Tilgungsaussetzungen im Kreditvertrag festgelegt. „Aktuell wird die Aussetzung der Tilgung aber unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne vertragliche Vereinbarung gestattet“, heißt es in einem Blogbeitrag von Dr. Klein. Etliche Banken akzeptieren sogar eine Tilgungsaussetzung von bis zu sechs Monaten, hat Biallo festgestellt.

In vielen Kreditverträgen ist zudem ein Tilgungssatzwechsel vereinbart. Dann kann ein Kreditnehmer die Tilgungshöhe verändern. Dr. Klein zufolge bieten die meisten Banken aber nur einen einmaligen Tilgungssatzwechsel an: „Soll die Tilgung nach der Coronakrise wieder erhöht werden, sind Kreditnehmer auf die Kulanz der Bank angewiesen.“

Bei Schnelltilgerdarlehen, bei denen die Kunden für eine schnelle Rückzahlung mit besonders günstigen Zinskonditionen belohnt werden, sind solche Möglichkeiten häufig nicht vorgesehen. Die neuen gesetzlichen Stundungsregeln gelten aber auch hier. Was im einzelnen Fall sinnvoll ist, sollten die Kunden mit ihrem Kreditinstitut besprechen, rät Mohr von Interhyp: „Die Kunden sollten aber wissen, dass sich die Laufzeit eines Darlehens durch die Reduktion der Tilgung oder die Stundung verlängert.“ Wo viele Immobilienkredite zudem Flexibilität bieten, ist bei Sondertilgungen. Mohr betont, dass es jetzt häufig möglich sei, selbst fest vereinbarte Sondertilgungen zu verschieben.

Manche Banken bieten ihren Kunden in der Coronakrise einen vereinfachten Zugang zu Ratenkrediten. Portalbetreiber Biallo rät davon ab, einen solchen, meist teureren Kredit aufzunehmen, um damit die Baufinanzierung zu bedienen. Wenn es nur darum gehe, ein paar Monate zu überbrücken, könnten Kreditnehmer in Absprache mit der Bank ihr Girokonto überziehen, meint Verbraucherschützer Nauhauser. „Allerdings ist das keine Dauerlösung, weil diese Art Kredit am teuersten ist.“
Hilfe in der Krise gibt es auch für Kunden, die einen Finanzierungsvertrag unterschrieben haben, der noch nicht ausgezahlt wurde – etwa, weil der Kaufpreis erst später fällig wird. In der Regel ist der Abschluss eines Kreditvertrags bis zu sechs Monate vor der Auszahlung möglich, ohne dass die Bank Bereitstellungsgebühren verlangt. Biallo beruhigt: „Selbst wenn bei dem Kreditnehmer jetzt Kurzarbeit droht, dürfte die Bank den Kredit noch auszahlen.“ Viele Institute zeigten sich flexibel, was etwa den Beginn von Tilgungsleistungen betreffe.

Schwieriger wird es, wenn absehbar ist, dass der Kreditnehmer längerfristig Probleme hat. Nauhauser rät: „Wenn jemand dauerhaft seine Schulden nicht bezahlen kann, sollte er zunächst prüfen, ob es Sinn macht, Vermögen zu liquidieren.“ Das könnte eine Lebensversicherung sein. Unter Umständen gibt es Betriebsvermögen, das als Sicherheit hinterlegt werden kann.

Letzter Ausweg: Immobilienverkauf?

In seiner Not könnte mancher Hausbesitzer auf die Idee kommen, das Eigenheim zu verkaufen, bevor es vielleicht zu einem größeren Preisrutsch am Immobilienmarkt kommt. In einer Studie der Deutschen Bank heißt es: „Für viele Menschen stellt die aktuelle Lage eine ungewohnte psychologische Belastung dar. Daher erwarten wir, dass vereinzelt verunsicherte Verkäufer und Käufer zu Überreaktionen tendieren könnten.“ Die Experten aber raten von Reflexhandlungen ab: So rechnet Dr.-Klein-Chef Neumann nicht mit einem Absturz der Immobilienpreise.

Einige Menschen werden jetzt zwar einen Hauskauf verschieben. Es werde aber wohl nicht zu Preisrückgängen, sondern nur zu schwächer steigenden Preisen oder einer Stagnation kommen. Denn auch das Angebot dürfte zurückgehen. Bei einer Erholung von der Pandemie könnte es zudem auf der Nachfrageseite zu Nachholeffekten kommen. Biallo sagt: „Wer ein Haus oder eine Wohnung unter Zeitdruck verkauft, kann nur verlieren.“ Auch Nauhauser mahnt: „Solche Entscheidungen mit gravierenden Folgen sollte man mit Bedacht treffen.“ Denn für die meisten Menschen bedeutet ein eigenes Heim viel mehr als nur eine Investition. Oft hängt ein Lebenstraum daran, den niemand voreilig aufgeben sollte.