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US-Banken stürzen ab - Zweites Institut kriselt wegen Zinsen

(Bloomberg) -- Zum größten Ausverkauf im Bankensektor seit fast drei Jahren ist es am Donnerstag an der Wall Street gekommen. Auslöser war die Sorge um die Gesundheit einer kalifornischen Bank, die zur Abfederung von Verlusten aus dem Portfolio eine Milliardenkapitalerhöhung benötigt. Dies schürte die Sorge, dass die steigenden Zinsen die Bankbilanzen auf breiterer Front erodieren könnten.

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Jüngster Problemfall ist die Silicon Valley Bank, die sich auf Startup-Kredite spezialisiert hat und die nun gezwungen ist, junge Aktien über 2,25 Milliarden Dollar auszuegeben, um Abschreibungen in ihrem Portfolio aus US Treasuries und Hypothekenwertpapieren auszugleichen. Die SVB-Aktie sackte um 60% ab. Erst diese Woche hatte die Kryptobank Silvergate Capital ihre Pforten geschlossen, ebenfalls wegen massiver Einlagenabflüsse. Der KBW Bankenindex fiel um 7,7% und damit so stark wie seit Juni 2020 nicht mehr. Auch die Wall-Street-Größen Bank of America, Wells Fargo und JPMorgan Chase sackten um mindestens 5% ab.

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Die Probleme von Silvergate und SVB werfen ein Schlaglicht auf die Fallstricke, die die Zinswende der Zentralbanken für den Bankensektor bereithält. Investoren hatten nicht nur in den USA sondern auch in Europa und Deutschland vor allem darauf gesetzt, dass steigende Zinsen wachsende Erträge bedeuten und massiv in Bankaktien investiert. Nun zeigt sich die Kehrseite der geldpolitischen Straffung: Einleger, die die Bank wechseln um mehr für ihr Geld zu erhalten, und die Banken zwingen, Marktwertverluste auf Wertpapiere zu realisieren.

Konnte Silvergate noch als von der Krypto-Krise induzierter Spezialfall gelten, sieht das bei der Silicon Valley Bank anders aus, sagt Analyst Gary Tenner von DA Davidson im Bloomberg-Interview: “Ist das der Damm, der gebrochen ist, wenn es um die Kapitalbeschaffung weiterer Banken geht? Wird es noch mehr geben?”

Überall in der Investmentwelt dominiere die Frage, “wer ist der Nächste?”, so Jens Nordvig, Gründer der Marktanalyse- und Datenintelligenzunternehmen Exante Data und Market Reader. “Ich erhalte viele Fragen von meinen Kunden zu diesem Thema.” Die Silicon Valley Bank forderte ihre Kunden indes auf, “Ruhe zu bewahren”.

Auch wenn das unmittelbare Risiko für viele Banken nach Ansicht von Analysten nicht existenziell ist, könnte es dennoch schmerzhaft werden. Um einen Ansturm auf die Einlagen zu verhindern und Sparer an sich zu binden, könnten die Banken gezwungen sein, mehr Einlagenzinsen zu zahlen. Das würde die Zinsmarge und damit die Nettozinserträge schmälern, die bei den Banken zuletzt für hohe Gewinne gesorgt hatten.

Die Probleme der US-Banken haben Anklänge an ein Thema, das in Deutschland vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken quält, die wegen der steigenden Zinsen mit großen Abschreibungen auf ihre Wertpapierbestände konfrontiert sind. Bafin-Chef Mark Branson hatte auf das Risiko hingewiesen, das in Deutschland bislang ausgeblieben ist, sich aber nun in den USA materialisiert: Dass diese Verluste nicht auf dem Papier bleiben, sondern real eintreten, wenn die Institute unter Druck geraten, Aktiva zu Geld zu machen.

Auch in den USA wird das Risiko vor allem bei kleinen und mittelgroßen Banken gesehen, bei denen die Finanzierung in der Regel weniger breit gestreut ist. Sie könnten besonders unter Druck geraten und zu Kapitalerhöhungen gezwungen sein, die Aktionäre verwässern könnten.

“Die Silicon Valley Bank ist nur die Spitze des Eisbergs”, sagt Christopher Whalen von der Finanzberatung Whalen Global Advisors. “Ich mache mir keine Sorgen um die Großen, aber viele der kleinen Firmen werden einen schweren Schlag einstecken müssen”, sagte er. “Viele von ihnen werden Eigenkapital aufbringen müssen.”

Ironischerweise hatten sich gerade wegen der Zinserhöhungen der Zentralbanken viele Aktienanleger in Finanzwerte gestürzt. Sie setzten darauf, dass diese den Banken höhere Gewinne bescheren würden — was sie bislang auch taten. Für sie war diese Woche ein Schock.

“Dass die Kosten für Einlagen steigen, ist ein alter Hut”, sagte Chris Marinac, Analyst bei Janney Montgomery Scott. Aber plötzlich “hat sich der Markt darauf gestürzt, denn die Kapitalerhöhung der Silicon Valley Bank war eine echte Überraschung.”

Bei der Silicon Valley Bank trat der Notfall ein, weil viele ihrer Kunden — überwiegend mit Risikokapital finanzierte Start-ups — wegen derzeit kaum fließender Neufinanzierungen ihre Einlagen aufbrauchten. Die Bank musste nahezu alle Wertpapiere in seinem Portfolio verkaufen und kündigte deshalb an, dass ein stärkerer Rückgang des Nettozinsertrags ins Haus stehe.

Nur wenige Stunden nachdem CEO Greg Becker die Kunden am Donnerstag aufgerufen hatte, “Ruhe zu bewahren”, wurde bekannt, dass eine Reihe prominenter Risikokapitalgeber, darunter Peter Thiels Founders Fund, ihren Portfoliounternehmen raten, vorsorglich ihr Geld abzuziehen.

Bei Silvergate begann der Ansturm auf die Einlagen letztes Jahr, als Kunden aus dem Kryptobereich Geld abzogen, um den Zusammenbruch der Kryptobörse FTX zu überstehen. Die Folge waren auch hier massive Verluste durch den raschen Verkauf von Wertpapieren. Am Mittwoch erklärte die Bank die Einstellung des Bankbetriebs und ihre Abwicklung.

Überschrift des Artikels im Original:One Bank Folds, Another Wobbles and Wall Street Ponders a Crisis

--Mit Hilfe von Sridhar Natarajan.

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