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Mit dem Urlaubs-Express aus dem Lockdown: Privater Bahnbetreiber erwartet gute Reisesaison

Niko Maedge füllt mit seinen Nacht- und Autoreisezügen eine Nische. Im Sommer startet der Kölner Unternehmer eine neue Verbindung von Basel bis Binz.

Niko Maedge ist einer der wenigen privaten Herausforderer der Deutsche Bahn. Schon zu normalen Zeiten ist das nicht einfach, in Zeiten der Pandemie besonders schwierig. Der übermächtige Konzern wird mit dem Staat im Rücken und der Hoffnung auf ein milliardenschweres Hilfspaket aus Steuermitteln mühelos überleben. Maedge dagegen muss sein Unternehmen mit Kurzarbeit und den üblichen Corona-Hilfen des Bundes über Wasser halten.

Doch der gebürtige Kölner bläst keine Trübsal. Im Gegenteil: „Die Leute glauben an den Urlaub, sie müssen auch in den Urlaub. Die Leute wollen raus.“

Und Urlaub ist sein Geschäft. Maedge betreibt seit 2017 Autoreisezüge und Nachtzüge unter dem Label Train4you, das besser bekannte Produkt heißt „Urlaubs-Express“. Seine Nachtzüge waren vor Corona zwischen Hamburg und Wien oder Düsseldorf und Villach unterwegs, tagsüber von Köln und Hannover Richtung Nord- und Ostsee. Das brachte einen Umsatz zwischen acht und zehn Millionen Euro, inklusive der Charterzüge.

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Ein halbes Dutzend Unternehmen ist schon daran gescheitert, der Deutschen Bahn auf Fernstrecken Konkurrenz zu machen. Maedge versucht es gar nicht erst, sondern besetzt konsequent die Nische. Der Urlaubs-Express fährt in Urlaubregionen. Wer will, kann bei Maedge auch einen kompletten Zug für den Betriebsausflug, die Pilgerreise nach Rom oder zum Auswärtsspiel der heimatlichen Kicker buchen.

Diese Wintersaison ist Corona-bedingt natürlich ausgefallen. Aber ab Mai soll der Urlaubs-Express wieder starten. Und Maedge ist zuversichtlich, dass es eine außerordentlich gute Saison wird, weil die Menschen endlich wieder unbeschwert reisen wollten.

Seit Tagen beobachten die Mitarbeiter des Kölner Unternehmens wachsendes Interesse. Und „je weiter die Züge fahren, desto größer die Nachfrage“, berichtet Maedge. Vor allem seine Autozüge nach Verona und Villach seien gerade gefragt. Auch wenn die Lage an der Corona-Front derzeit noch vollkommen unklar ist.

Mit den Zielen in Italien und Österreich, die einmal in der Woche angefahren werden, füllt Maedges eine Lücke, die der Staatskonzern Deutsche Bahn durch seinen Ausstieg aus dem Nacht- und Autoreisezuggeschäft 2016 hinterlassen hatte. Für Maedge, der seit 20 Jahren Charter- und Urlauberzüge organisiert, war das sogar der Anstoß, sich selbst Züge zu kaufen. Von einem holländischen Unternehmen übernahm er den Wagenpark.

Unabhängig mit eigenem Fahrzeugpark

Fast 70 Waggons nennt er heute sein Eigentum: Autotransporter, Liege- und Schlafwagen, Reisezugwagen der 1. und 2. Klasse. Die haben ihn einen „kleinen siebenstelligen Betrag gekostet“, sagt der Unternehmer. Aber: Ein gutes Geschäft zuvor habe ihm die Finanzierung leicht gemacht.

Das Risiko, nun einen eigenen Fahrzeugpark ständig unterhalten zu müssen, „das hat mich sicher etwas altern lassen“, räumt er ein. „Aber es macht mir großen Spaß, neue Linien aufzulegen und neue Kundengruppen zu erschließen.“ Mit dem Kauf einer eigenen Flotte – Loks und Lokomotivführer werden geleast – hat sich der 41-Jährige unabhängig gemacht. Und damit ein Handicap ausgeschaltet, das alle Neueinsteiger im Bahngeschäft immer wieder ausbremst, der Mangel an Fahrzeugen.

Neue Waggons sind sehr teuer, und sie können von der Industrie oft erst nach Jahren geliefert werden. Die Deutsche Bahn wiederum mit ihrem Beinahe-Fahrzeugmonopol hat wenig Interesse, potenzielle Konkurrenten zu unterstützen. Die Waggons werden lieber verschrottet.

Auch Flixtrain musste einsehen, dass die Expansionspläne auf dem deutschen und europäischen Schienennetz nur mit einem eigenen Fahrzeugpark realistisch sind. Allerdings schaltete das Münchener Start-up eine Leasinggesellschaft dazwischen, die fürs Erste 135 alte Schnellzugwagen kaufte und runderneuern ließ.

Mit seinem eigenen Fahrzeugpark kann Maedge schneller reagieren, wenn sich herausstellt, dass Wien mehr gefragt ist als Westerland. Für das kleine Unternehmen mit wenigen Mitarbeitern ist es kein Problem, kurzfristig das Programm zu ändern. Das sieht Maedge als seinen großen Vorteil. Selbst die Deutsche Bahn steht ihm offenbar dabei nicht im Wege, sie muss schließlich die sogenannten Trassen bereitstellen, sozusagen die Slots für Maedges Züge.

Der Urlaubs-Express fährt nicht nur die klassischen Linien wie Düsseldorf-Verona. Ab diesem Sommer ist eine Nachtverbindung aus der Schweiz auf die Insel Rügen geplant – von Basel durchgehend bis Binz. Das habe es schon Jahre nicht mehr gegeben, versichert Maedge. Im letzten Sommer, als das Infektionsgeschehen vorübergehend nachließ, hat er kurzfristig eine neue Linie Köln-Sylt gestartet. Und in diesem Jahr soll es darüber hinaus eine Tagesverbindung vom Rheinland an den Timmendorfer Strand gehen.

Charterzüge statt Kölner Haie

Maedges erste berufliche Station waren die Kölner Haie, das Eishockeyteam der Domstadt. Er ist kein Eisenbahnfreak. Das unterscheidet den 41-jährigen Unternehmer grundlegend von anderen, letztlich gescheiterten Versuchen auf der Schiene. Locomore etwa, die zwischen Stuttgart und Berlin einen per Crowdfunding finanzierten Zug fahren ließen. Das Unternehmen musste schon nach kurzer Zeit aufgeben. Auch dem Hamburg-Köln-Express HKX, finanziert durch einen amerikanischen Eisenbahnenthusiasten, war kein langes Leben beschieden.

Beim Urlaubs-Express herrscht dagegen Zuversicht. Firmenchef Maedge spricht mitten im zweiten Lockdown von „stabiler bis sehr guter Nachfrage“. Auch die Homepage vom „Urlaubs-Express“ verbreitet Normalität. „Essen. Schlafen. Ausgeruht ankommen.“ Zur Vorsicht wird aber auch eine Corona-Reiseschutz-Versicherung angeboten.