Werbung
Deutsche Märkte öffnen in 4 Stunden 40 Minuten
  • Nikkei 225

    37.792,92
    +164,44 (+0,44%)
     
  • Dow Jones 30

    38.085,80
    -375,12 (-0,98%)
     
  • Bitcoin EUR

    60.249,95
    +364,91 (+0,61%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.391,86
    +9,29 (+0,67%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.611,76
    -100,99 (-0,64%)
     
  • S&P 500

    5.048,42
    -23,21 (-0,46%)
     

Umweltschützer stellen Kohle-Konzerne an den Pranger

Es ist eine Fleißarbeit, aber sie wurde rechtzeitig fertig: Rund 770 Unternehmen hat die Umweltschutzorganisation Urgewald mit Partnern zusammengetragen – und alle haben eine gemeinsame Aktivität: Kohle. Die einen fördern Kohle, die anderen handeln mit Kohle, transportieren Kohle, bauen Kohlekraftwerke oder produzieren selbst Strom mit Kohle. Damit, so die Botschaft, tragen die Unternehmen zum Ausstoß des klimaschädlichen CO2 bei.

Die „Global Coal Exit List“ ist als digitaler Pranger gedacht. Und entsprechend passend wurde die Datenbank am Donnerstagvormittag in Bonn präsentiert, wo die Vereinten Nationen die Regierungen zur Weltklimakonferenz zusammengerufen hat. Im Sommer hatte Urgewald schon einen Teil der Datenbank freigeschaltet, in der die Betreiber von Kohlekraftwerken mit ihren aktuellen und geplanten Anlagen gelistet waren.

Jetzt sind auch die Bergbaukonzerne und andere Unternehmen dabei. Dabei sind beispielsweise Daten zur Kohleproduktion enthalten, die installierte Kohlekraftwerkskapazität und der Kohle-Anteil gemessen an Umsatz und Stromproduktion. Sie stammen aus Geschäftsberichten, Investorenpräsentationen und den Websites der Unternehmen.

Die meisten Kohlefirmen gibt es demnach in China mit 143, Indien mit 95, den USA mit 92 und Australien mit 71 Unternehmen. Aber auch Deutschland ist prominent vertreten, unter anderem mit RWE. Der Konzern ist in Europa der größte Betreiber von Kohlekraftwerken und fördert zudem so viel Braunkohle wie kein anderes Unternehmen auf der Welt. Die meisten neuen Kraftwerke werden in China, Indien, der Türkei, Indonesien, Vietnam und Japan geplant.

WERBUNG

Der Pranger hat vor allem einen Adressaten: die Finanziers der Unternehmen – Banken, Fonds, Anleger. „Wir haben diese Datenbank entwickelt, um der Finanzindustrie eine übersichtliche Liste der größten Kohlefirmen zur Verfügung zu stellen, die sie nicht mehr finanzieren sollten“, sagte Heffa Schücking von Urgewald. Die Klimaschutzziele seien nur zu erreichen, wenn sich Banken und Investoren zügig von ihren Investments trennen.

Die Strategie ist dabei erfolgsversprechend. Internationale Investoren nehmen das Thema Klimaschutz inzwischen ernst. Versicherer wie Allianz oder Axa haben schon vor längerem angekündigt, ihr Engagement zu verringern. Sylvain Vanston von der Nachhaltigkeitsabteilung bei Axa lobte die Datenbank: „Die Global Coal Exit List gehört zu den umfangreichsten Kohledatenbanken, die wir bisher gesehen haben. Sie ist ein großartiges Instrument für Investoren, die ihre Portfolios von Kohle befreien wollen.“


In Kohle wird weiter kräftig investiert

Erst vor wenigen Tagen teilte die Großbank HSBC mit, bis 2025 rund 100 Milliarden Dollar in nachhaltige Investments anzulegen. Auch will sie in Industrieländern keine Kohlekraftwerke mehr finanzieren - im Rest der Welt aber schon.

Deshalb sehen Klimaschützer wie Heffa Schücking die Finanzbranche zwar auf einem richtigen Weg. Ihnen fehlt aber noch die endgültige Konsequenz. „Es ist nicht immer leicht, Kohleunternehmen zu erkennen. Sie verstecken sich zum Teil hinter Namen wie Lemur Resources, Silver Unicorn Trading oder Africa China Sunlight Energy“, erklärt Schücking. „Unsere Recherche zeigt, dass das Universum der Unternehmen mit bedeutendem Kohlegeschäft viel größer ist als Investoren denken.“

Trotz der weltweiten Klimadebatte wird nach wie vor fleißig in Kohle investiert. In der Liste sind 225 Unternehmen enthalten, die den Ausbau des Kohlebergbaus planen, und 282 Unternehmen, die neue Kohlekraftwerke bauen wollen. Derzeit sind nach Angaben von Urgewald noch über 1600 neue Kohlekraftwerke geplant. Würden sie gebaut, würden sie die weltweite Kohlekraftwerkskapazität um 42,7 Prozent erhöhen.

Unter den 775 gelisteten Unternehmen sind 218 Minenbetreiber, 214 Kraftwerksbetreiber und 110 Unternehmen, die beides machen. Dabei sind auch Firmen erfasst, die auf den ersten Blick nicht als Kohlekonzerne erkennbar sind. Beispiel Marubeni, ein diversifiziertes japanisches Handelshaus, ist zum Beispiel immerhin die Nummer 26 unter den größten Kohlekraftwerksentwicklern der Welt und plant Kohlekraftwerke in neun Ländern mit 5800 Megawatt.

In der Datenbank sind aber auch 233 sogenannte Kohle-Dienstleistungsunternehmen enthalten. „Das Universum der kohlebasierten Geschäftsmodelle ist sehr vielfältig“, sagt Schücking. Dazu gehörten Unternehmen, deren Hauptgeschäftsfeld die Kohleförderung, die Kohleverarbeitung, die Herstellung von Spezialgerät für den Kohleabbau, der Transport oder der Handel mit Kohle, die Umwandlung von Kohle in Öl oder Gas, die Herstellung von Ausrüstung für Kohlekraftwerke und viele andere Aktivitäten entlang der Kohle-Wertschöpfungskette umfasst. „Diese Unternehmen sollten genauso wie Kohlebergbau- und Kohlekraftwerksfirmen kein Geld mehr aus der Finanzwirtschaft erhalten“, sagt sie.