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Trump verlässt das Krankenhaus – doch Zweifel an seiner Gesundheit bleiben

Der US-Präsident will trotz Corona seine schwächelnde Kampagne befeuern und hat am Montagabend das Krankenhaus verlassen. Doch Joe Biden scheint von Trumps Infektion zu profitieren.

Wer erwartet hatte, dass Donald Trump der Corona-Pandemie durch seine Erkrankung demütiger gegenübersteht, wurde eines Besseren belehrt: „Ich fühle mich besser als vor 20 Jahren“, schrieb der US-Präsident am Montag und kündigte seine Entlassung aus dem Krankenhaus an. „Habt keine Angst vor Covid. Lasst nicht euer Leben davon bestimmen!“

Am Montagabend hat er nun das Walter-Reed-Militärkrankenhaus verlassen. Laut seiner Ärzte sei er „noch nicht endgültig über den Berg“. Trump habe jedoch in den vergangenen 72 Stunden kein Fieber gehabt und weise normale Sauerstoffwerte auf. Er erfülle insgesamt alle Kriterien für eine Entlassung. „Er ist wieder da“, sagte einer der Ärzte.

Mit seiner Entlassung gibt Trump seinen Fans Futter, die ihn schon am Vorabend bei seiner Ausfahrt mit „Trump 2020“-Sprechchören angefeuert hatten. Eine Anhängerin rief euphorisch ihre Freundin an: „Ich kann es nicht fassen“, brüllte sie in ihr Telefon: „Jetzt wird er auf jeden Fall gewinnen!“

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Zuvor war Trump keine 48 Stunden nach seiner Einlieferung ins Krankenhaus maskiert und winkend in einem schwarzen SUV an seinen Unterstützern vorbeigefahren, die ihm vor dem Klinikkomplex zujubelten.

Die spontane Rundfahrt hatte eine Welle der Kritik ausgelöst. Sicherheitsleute und Chauffeur, die mit Trump im Auto saßen, „könnten krank werden. Sie könnten sterben. All das für ein politisches Theater. Das ist Wahnsinn“, schrieb James Phillips, Notfallmediziner am Walter-Reed-Krankenhaus, auf Twitter.

Ein Sprecher des Weißen Hauses betonte, Trumps Exkursion sei von seinem Ärzteteam abgesegnet worden. Trump selbst nutzte die Aufregung für einen Angriff auf die Medien. Hätte er seine Fans nicht begrüßt, hätten ihn die Medien als unhöflich bezeichnet.

Bei seinen Unterstützern dürfte der Auftritt und seine bevorstehende Rückkehr ins Weiße Haus die Wirkung nicht verfehlt haben. Der Präsident will seine Covid-Infektion in eine Gewinner-Botschaft für den Wahlkampf umwandeln. Der Klinikaufenthalt soll eine Demonstration der Stärke werden.

Er habe „viel über das Virus gelernt“, nicht „aus Büchern“, sondern am eigenen Leib, sagte Trump in einer Videobotschaft. Am frühen Montagmorgen feuerte Trump eine Serie von Tweets ab, in der er seine Anhänger zum Wählen aufrief. Am Nachmittag europäischer Zeit befand sich der US-Präsident noch in der Klinik. Seine Ärzte hatten am Sonntag nicht ausgeschlossen, dass Trump das Krankenhaus noch am Montag verlassen könne.

Die persönliche Heldenerzählung des Präsidenten konterkariert die Realität in den USA: Mehr als 210.000 Menschen sind an Corona gestorben, über sieben Millionen Infektionen wurden bislang registriert. Schwächen im Gesundheitssystem und die soziale Spaltung wurden durch die rasante Verbreitung des Virus verstärkt. Die Pandemie hat eine historische Wirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit ausgelöst, im Vergleich zum Frühjahr fehlen zehn Millionen Jobs.

Trump soll positiven Corona-Test verschwiegen haben

Gleichzeitig sind Millionen US-Bürger mit einer Krise ihrer Demokratie konfrontiert. Denn Informationen über den Gesundheitszustand ihres Präsidenten erreichen die Öffentlichkeit nur stückweise. Trump, so berichtete das „Wall Street Journal“, habe früh von der Erkrankung seiner Beraterin Hope Hicks erfahren. Bereits am Donnerstagabend soll ihm selbst das positive Ergebnis eines Corona-Schnelltests vorgelegen haben. Trotzdem wurden Mitarbeiter nicht gewarnt, Trump nahm weiter an Veranstaltungen teil.

Am Montag gab auch Trumps Pressesprecherin Kayleigh McEnany in einer Erklärung einen positiven Corona-Test bekannt. Sie habe keine Symptome und werde sich in Quarantäne begeben. Nach ihren Angaben werden keine Medienvertreter von den Gesundheitsexperten des Präsidialamts als „enge Kontakte“ eingestuft.

In vier Wochen wählen die Amerikaner einen neuen Präsidenten. Noch ist völlig unklar, in welcher Form Trump in den Wahlkampf zurückkehren kann. Darum sind auch die Folgen für die Wahl nicht absehbar. Knapp drei Millionen Wähler haben ihre Entscheidung schon getroffen und ihre Stimme per Brief abgegeben.

Trumps Markenzeichen sind kultartige Bühnenreden vor Massenpublikum. Solche Kundgebungen wird er angesichts der Pandemie wohl nicht mehr abhalten können. Zudem sind mehrere Personen aus Trumps engstem Zirkel mit dem Coronavirus infiziert, neben McEnany auch Wahlkampfmanager Bill Stepien und die Chefin des Republikanischen Nationalkomitees, Ronna McDaniel. Der Kampagnen-Apparat ist geschwächt.

Und eine wichtige Erfolgsbotschaft, die Nominierung der konservativen Supreme-Court-Kandidatin Amy Coney Barrett, ist in den Hintergrund gerückt. Barretts Bestätigung im US-Kongress ist ungewiss, da auch mehrere republikanische Senatoren mit dem Coronavirus infiziert sind.

Bidens Vorsprung wächst

Trumps Konkurrent Biden kann seine Kampagne derweil fast ungestört weiterführen. Allein am Montag standen vier Auftritte auf dem Programm, während Trumps Terminplan leer blieb. Attacken gegen Trump wurden aus Respekt vor dessen Krankheit zurückgefahren.

Den meisten Umfragen zufolge muss Biden aber auch gar nicht angreifen. Er führte schon, bevor Trump sich infizierte. Laut einer Umfrage des Senders NBC konnte Biden seinen bundesweiten Vorsprung gegenüber Trump nun von acht auf 14 Prozent ausbauen. Außerdem sammelte er zuletzt mehr Spenden als der Präsident. Und laut dem Institut Ipsos sind zwei Drittel der US-Bürger der Meinung, Trump nähme das Virus nicht ernst genug.

Andere Umfragen zeigen allerdings ein enges Rennen in mehreren Bundesstaaten, die Trump 2016 gewann und die für die Wahlen entscheidend sind, darunter North Carolina, Georgia, Florida, Michigan, Wisconsin und Pennsylvania. Um die Wahl zu gewinnen, muss sich ein Kandidat in genügend Bundesstaaten durchsetzen, um das US-Wahlkollegium zu gewinnen. Die absolute Mehrheit der bundesweiten Stimmen, der sogenannte „popular vote“, ist zweitrangig.

Dazu kommt: Schon einmal konnte Trump einen beachtlichen Rückstand in der Schlussphase des Wahlkampfs wettmachen. 2016 lag Trump zu diesem Zeitpunkt 14 Prozentpunkte hinter Hillary Clinton, damals sorgten Tonbänder, auf denen Trump mit sexueller Nötigung prahlte, für Aufregung. Die Wahl gewann er trotzdem.

Sauerstoffwerte sackten mehrfach ab

Vieles wird davon abhängen, wie schnell sich Trump erholt, auch nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus. Leibarzt Sean Conley räumte nachträglich ein, er habe zu Beginn ein zu positives Bild von Trumps Zustand gezeichnet. Mittlerweile ist bestätigt, dass Trumps Sauerstoffwerte mehrfach absackten und er mit hohem Fieber kämpfte.

Der Präsident wurde mit einem experimentellen Medikamentencocktail behandelt: Er bekommt den Antikörper-Aktivator Regeneron, das Ebola-Medikament Remdesivir und das Steroid Dexamethason, das laut Weltgesundheitsorganisation WHO eher schweren Fällen vorbehalten sein sollte.

Während Trump noch als aktiver Wahlkämpfer ausfällt, springt sein Stellvertreter Mike Pence ein. Auch Trumps Söhne Donald Trump Jr. und Eric Trump wollen verstärkt Anhänger im Land besuchen. In dieser Woche sollte der Präsident eigentlich eine Kundgebung im umkämpften Bundesstaat Arizona abhalten, diese übernimmt nun Pence.

Am Mittwoch trifft sich Pence mit Bidens Vizepräsidentschaftskandidatin Kamala Harris zum TV-Duell. Sollte Trump als Präsident doch noch handlungsunfähig werden, würden seine Aufgaben laut Verfassung an Pence übertragen.

Mehr: Für den Rest des Wahlkampfs sollten sich die US-Demokraten nicht mehr auf ein TV-Duell mit Trump einlassen. Mit ihm zu debattieren ist sinnlos. Ein Kommentar.