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Der Sturm auf das Kapitol war ein Angriff auf die Demokratie

Das Eindringen von Trump-Anhängern in den US-Kongress zeigt einmal mehr, in welch fragilem Zustand sich die amerikanische Gesellschaft befindet.

Vieles hat man in den vier Jahren Donald Trump für möglich gehalten. Man hatte sich gewöhnt an die Eskapaden des Präsidenten, an die offensichtlichen Unwahrheiten, die er verbreitete, an die Willkür, mit er Politik betrieb.

Aber die Bilder vom Nachmittag aus Washington erreichen noch einmal eine neue Qualität. Ein Sturm auf das Parlament – das hat Symbolcharakter, es bedeutet ein Angriff auf die Demokratie. Der despotische Charakter des amtierenden Präsidenten und seiner Bewegung manifestiert sich in diesen Bildern von gewaltbereiten Trump-Anhängern, die in das Kapitol eindrangen.

Die Wut, die Trump säte, sie schlägt sich Bahn. Es ist die Wut über die verlorene Präsidentschaftswahl und es ist die Wut über die verlorene Senatswahl in Georgia.

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Trumps Metapher von der „gestohlenen Wahl“ hat ihre ganze Wirkung entfaltet. Der Kern jeglicher Demokratie ist die friedliche Machtübergabe – in den Vereinigten Staaten von Amerika ist sie keine Selbstverständlichkeit mehr.

Das Gerede vom Staatsstreich mag übertrieben sein, doch dass die einst so stolze und stabile amerikanische Demokratie in einer tiefen Krise, vielleicht der größten seit Ausbruch des Bürgerkriegs vor 160 Jahren steckt – das dürfte auch dem größten Amerika-Optimisten spätestens jetzt klar sein.

Trump hat zu lange gezündelt, die so traditionsbewussten konservativen Republikaner haben das vier Jahre lang geduldet, ja unterstützt.

Jetzt steht die Grand Old Party, die Trump zu einem Präsidenten-Fanclub degradierte, vor einem Scherbenhaufen. Verlorene Präsidentschaftswahl, verlorene Mehrheit im Senat – und vor allem auch: verlorene Reputation.

Joe Biden steht vor einer großen Herausforderung

Joe Biden kann jetzt mit der demokratischen Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses durchregieren, wie es so schön heißt. Aber es bleibt ein Rätsel, wie der neue Präsident, der in knapp zwei Wochen sein Amt antritt, dieses zerrissene Land, wie versprochen, einigen will.

Dort, wo die Mitte der Gesellschaft sein sollte, klafft ein riesiges Loch. Die Massen flüchteten an die Ränder. Gerne wird vergessen, dass knapp die Hälfte der Wähler den Präsidenten in seinem Amt bestätigen wollten. Und auch bei den Demokraten gibt es eine starke Strömung die nach links außen tendiert.

Trump, vielleicht einer der wirkmächtigsten Präsidenten seit dem Zweiten Weltkrieg, hat die Schwellen des Sagbaren und die Grenzen des Vorstellbaren verschoben. Vier Jahre lang hat der „Fake-News“-Präsident der erstaunten Welt gezeigt, was es bedeutet, sich konsequent dem zu verweigern, was man gemeinhin die Realität nennt.

Die Vereinigten Staaten waren schon immer anfällig für Gewaltausbrüche – die amerikanische Geschichte ist voll davon. Neu ist, dass der Mann an der Spitze des Staates sie propagiert.

Wenn Trump am 20. Januar das Weiße Haus verlässt, wird er das politische System tief greifend verändert haben. Das erste Opfer seiner Regentschaft war die Wahrheit – und es sollten viele Folgen: die Berechenbarkeit Amerikas, die politische Kultur des Landes, ja der Anstand als solches.

Was haben wir in den verbliebenen Amtstagen noch alles zu erwarten? Dass Trump zu Überraschungen fähig ist, hat er öfter als genug bewiesen. Nicht nur auf die Gewinner einer Wahl kommt es in Demokratien an, sondern vor allem auch auf die Verlierer. Die Demokratie ist die einzige Regierungsform, in der sich die Bürger per Wahl eines inkompetenten politischen Führers entledigen können. Das ist die Essenz dieser Herrschaftsform – leider ist es keine Selbstverständlichkeit.