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Streit der Linken katapultiert Le Pen nach vorne

Wer wird bei der nächsten Präsidentschaftswahl in s Sozialisten beerben und die linke Mitte anführen? Der Linksaußen Jean-Luc Mélenchon, die Sozialisten selber, die ihren Kandidaten noch wählen, und der Linksliberale Emmanuel Macron streiten sich um diese Hinterlassenschaft. Drei TV-Debatten zur besten Sendezeit haben die Chancen der Sozialistischen Partei (PS) bei der Präsidentschaftswahl Ende April und Anfang Mai nicht verbessert. Egal, wer von den sieben Kandidaten für die PS antreten wird: Er kann nur auf sieben bis zehn Prozent der Wähler im ersten Wahlgang hoffen. Ganz vorne liegt in den Umfragen derzeit die rechtsradikale Marine Le Pen, der 25 bis 27 Prozent zugebilligt werden.

Die Rechtspopulistin wäre damit haushoch für die Entscheidung zwischen den beiden bestplatzierten Kandidaten qualifiziert, die am 7. Mai fallen wird. Nach der jüngsten Umfrage verbesserte Le Pen ihr Ergebnis aus dem ersten Wahlgang 2012 um rund fünf Prozentpunkte. „Ich wiederhole es wie ein Prediger in der Wüste: Le Pen kann die Wahl gewinnen!“, erregt sich der Parteichef der PS, Jean-Christophe Cambadelis. Es sei wie immer in Frankreich: „Paris schmort im eigenen Saft und bekommt überhaupt nicht mit, wie viel Wut sich in der Provinz aufgestaut hat.“

Le Pen profitiert von der Schwäche des bisherigen Favoriten François Fillon, der aktuell nur noch auf 23 bis 25 Prozent kommt. Dessen konservatives Lager zerstreitet sich: Die einen stehen hinter Fillons Programm, der unter anderem 500.000 Beamtenstellen abbauen will. Die anderen halten das für zu hart und glauben, es verschrecke viele Wähler. Am Montag fliegt Fillon nach Berlin, trifft sich mit der Kanzlerin, mit Wolfgang Schäuble und Ursula von der Leyen. Fillon will zeigen, dass er Frankreich am besten in Europa und in der Welt vertreten kann. Die CDU aber hat auch ein eigenes Interesse an dem Besuch: Sie will Fillon stützen, ihm aber auch klarmachen, dass es bei dem klaren Kurs gegen Wladimir Putin bleiben muss, den Angela Merkel gemeinsam mit Hollande verfolgt hat. In der jüngsten Vergangenheit hat Fillon sich zum Fürsprecher Russlands gemacht – nach dem Geschmack der CDU ein wenig zu viel.

Dicht dahinter folgt der Newcomer Emmanuel Macron, dem je nachdem, wer die Sozialisten vertritt, zwischen 17 und 20 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang zugerechnet werden. Das ist hervorragend für jemanden, der von den Sozialisten bis vor kurzem noch als „schnell verglühender Komet“ oder „Blase“ verspottet wurde – aber noch nicht genug, um sich für die Stichwahl zu qualifizieren.

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Macron hat schon stark im Lager der Sozialisten gewildert, aber er muss noch mehr von deren Wählern überzeugen und zugleich Stimmen von Fillon und Le Pen abziehen, wenn er eine echte Chance haben will. Das ist schwer, vor allem weil er gleichzeitig seine politische Botschaft klären und seine Vorschläge präzisieren muss. Je deutlicher er aber wird, desto eher können sich Sympathisanten von links oder rechts abgestoßen fühlen. Zudem fehlt ihm Kompetenz bei den Themen Außenpolitik, Sicherheit, Kampf gegen den Terrorismus und Verteidigung. Sein Sprecher Benjamin Griveaux will das nicht wahrhaben: „Die Franzosen sehen ihn als besten denkbaren Präsidenten an, das schließt Themen wie die Sicherheit ein.“ Tatsächlich bezeichnet ihn eine Mehrheit der Wähler als ihren Lieblingskandidaten – doch die konkrete Wahlabsicht spricht dann eine andere Sprache.


Der geistige Sohn Hollandes

Als Viertplatzierter und deutlich vor den Sozialisten rangiert weiterhin Jean-Luc Mélenchon mit 14 bis 15 Prozent. Er hat ausgeschlossen, dass er sich nach der Primärwahl der Sozialisten zugunsten des dann benannten Kandidaten zurückziehen könnte. „Ich erkenne das Verfahren nicht an, deshalb habe ich mich auch nicht beteiligt.“ Genau wie Macron hofft er, einen möglichst großen Teil der sozialistischen Wähler aufsaugen zu können.

In welchem Maß ihm das gelingt, hängt vor allem auch von dem sozialistischen Kandidaten ab, den die Teilnehmer der Urwahl an diesem Sonntag und am 29.1. bestimmen werden. Sollte es der Links-Nationalist Arnaud Montebourg oder der Linke Benôit Hamon sein, wird Mélenchon es schwer haben. Montebourgs Positionen lassen sich kaum von denen des Linksaußen Mélenchon unterscheiden.

Bei der letzten Debatte der sieben Kandidaten am Donnerstagabend wiederholte Montebourg, dass die Stabilitätskriterien des Maastricht-Vertrages wie das Defizitlimit von drei Prozent der Wirtschaftsleistung ihn nicht interessieren: „Die Franzosen haben sie beim Referendum 2005 abgelehnt“, behauptete der Souveränist und beugte damit einmal mehr die Wahrheit. „Die Verträge sind hinfällig, arbeiten wir an einem neuen Vertrag von Rom“, schwadronierte der Politiker mit völliger Verachtung für geltendes Recht. Im Zivilberuf ist er übrigens Rechtsanwalt.

An diesem Punkt, den Staatsschulden, prallten die Auffassungen der sieben Bewerber hart aufeinander: Ex-Premier Manuel Valls, der Grüne François de Rugy und der Sozialist Vincent Peillon setzten sich dafür ein, das Defizit zu verringern. „Wie wollen wir verlangen, dass unsere deutschen Freunde uns ernst nehmen, wenn wir die von uns selber eingegangene Verpflichtung nicht einhalten?“, fragte Peillon.

Bei der Debatte über die Außenpolitik war überraschenderweis der Grüne de Rugy zusammen mit Valls der einzige, der wirklich Klartext redete. „Syrien ist das Labor für die Außenpolitik von Wladimir Putin, dort probiert er seinen Expansionismus aus“, sagte er. Europa müsse sich militärisch und diplomatisch stärken. „Wir müssen Trump ernst nehmen, das bedeutet: Um unsere Verteidigung müssen wir uns stärker selber kümmern“, fügte er hinzu. In der ganzen Debatte fiel er als einer der sachkundigsten und überzeugendsten Redner auf. Dennoch hat er keine Chance gegenüber einem Linkspopulisten wie Montebourg: Viele französische Wähler interessieren sich weniger für die Inhalte als für die Pose.

Ähnlich wie de Rugy forderte auch Valls: „Nehmen wir Trump ernst, er sagt, dass er aus der raus will und er will die EU zerbrechen.“ Trumps Worte seien unerträglich, wenn man sich vor Augen halte, dass die USA „seit 100 Jahren die Alliierten Frankreichs sind.“

Sollten Montebourg oder Hamon bei der Vorwahl gewinnen, könnte Macron sich freuen: Viele Wähler der Sozialisten, die keinen Abenteurer als Spitzenkandidaten wollen, würden zu ihm kommen. Angeblich bereiten sogar schon zahlreiche sozialistische Abgeordnete ihren Wechsel zu Macrons Formation „En Marche!“ vor. Der Trend soll so stark geworden sein, dass Macron bereits fürchtet, er könne zum Auffangbecken für hoffnungslose Politiker der Sozialisten werden und damit das Image seiner eigenen Bewegung gefährden. Die lebt nämlich davon, dass Macron behauptet, er überwinde den sterilen Links-Rechts-Gegensatz und das Verhalten der klassischen Parteien, die „die Institutionen der Republik usurpiert haben.“

Macrons Furcht, zu sehr in das Fahrwasser der Sozialisten zu geraten, geht mittlerweile so weit, dass er sich gegen eine mögliche Unterstützung durch seinen politischen Ziehvater wehrt. Der „geistige Sohn Hollandes“, als den manche französischen Politiker Macron sehen, weist den Vater zurück. In den vergangenen Tagen ist in den französischen Medien die Spekulation stärker geworden, Hollande könne in den kommenden Wochen seine Sympathie für Macron ausdrücken. Für Macron wäre das angesichts der Unpopularität Hollandes eher schädlich.

Am Donnerstag setzte er deshalb eigens eine Pressekonferenz an, um die Aufstellung seiner eigenen Kandidaten für die Parlamentswahl zu erläutern und nur scheinbar beiläufig Hollande abzuwehren. Nichts war dem Zufall überlassen. Macrons Mitarbeiter bestimmten schon vorher, wer zu welchem Thema eine Frage stellen durfte. Für einen Bewerber, der angeblich alles anders machen will als die etablierten Parteien, ein eher fragwürdiges Vorgehen. „Der Präsident hat sich entschieden, sich bis zuletzt voll seinem Amt zu widmen, er hat auf eine Kandidatur verzichtet, will also nicht in den Wahlkampf eingreifen“, sagte der Ex-Minister auf eine der organisierten Fragen hin. Mit anderen Worten: Danke, François, aber nein danke!