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Der stotternde Schulstart stresst Eltern und Schüler – und schadet der Wirtschaft

Die Schulen öffnen langsam wieder, Online-Unterricht wird aber der Normalfall bleiben – mindestens bis in den Herbst. Der wirtschaftliche Schaden ist immens.

Die Schulen haben wie hier in Unterhaching wieder geöffnet – doch Online-Unterricht wird bis auf weiteres der Normalfall bleiben. Foto: dpa
Die Schulen haben wie hier in Unterhaching wieder geöffnet – doch Online-Unterricht wird bis auf weiteres der Normalfall bleiben. Foto: dpa

Markus Beyer sagt: „Ich kann nicht mehr – und ich habe mittlerweile einen Hass auf die Lehrer.“ Beyer arbeitet im Homeoffice, doch sein zehnjähriger Sohn „platzt in fast jede Video-Konferenz, weil er völlig unausgelastet ist“. Der Klassenlehrer habe am Mitte März einen Packen Arbeitsblätter in der Schule zum Abholen bereit gelegt. „Seitdem haben wir von ihm nichts mehr gehört.“ Der Lehrer erkundige sich weder nach den Schülern, noch könnten diese ihn erreichen, wenn sie etwas nicht verstehen.

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Beyer lebt in NRW und will seinen echten Namen nicht in der Zeitung lesen. Der hochqualifizierte Akademiker weiß, dass andere Lehrer ihr Bestes geben: „Das gleichalte Kind unserer Nachbarn besucht eine andere Schule, die haben täglich von acht bis zwölf Online-Unterricht nach dem normalen Stundenplan“, sagt er. Am Freitag hatte Beyers Sohn zwar das erste Mal wieder Schule. „Wie es dann weitergeht, wissen wir noch nicht.“

Schrittweise Öffnung der Schulen bedeutet enormen Arbeitsausfall bei Eltern

Eltern wie Beyer werden noch lange mit der Sondersituation und der Unsicherheit zurecht kommen müssen. Denn die Schulen sollen nur „schrittweise eine Beschulung aller Schüler ermöglichen“, heißt es im Lockerungsbeschluss der Länderchefs und der Bundeskanzlerin vom vergangenen Mittwoch.

Dabei sind natürlich die Hygienemaßnahmen und Abstandsregeln einzuhalten, im Unterricht wie in den Pausen und bei der Schülerbeförderung. Alles Nähere regeln die Länder. Ziel sei, „dass in Abhängigkeit vom Infektionsgeschehen bis zu den Sommerferien jeder Schüler einmal die Schule besuchen kann“ und parallel der digitale Unterricht weiterläuft.

Das stresst Eltern und Schüler – und schadet der Wirtschaft: Insgesamt besuchen in Deutschland rund 7,3 Millionen Kinder bis zwölf Jahre Kitas und Schulen. „Letztlich konnten beziehungsweise können über 1,7 Millionen Erwerbstätige ihre Tätigkeit nicht ausüben, weil sie ihre Kinder betreuen mussten beziehungsweise müssen“, heißt es in einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bei der Bundesagentur für Arbeit.

Der gesamte Arbeitsausfall aufgrund der Schließungen belaufe sich bei diesen Eltern bis Ende April auf geschätzte 56 Millionen Arbeitstage. Das entspricht rund 1,2 Arbeitstagen je Erwerbstätigem. Abzuziehen sind allerdings die Eltern, die krankheits- oder quarantänebedingt oder wegen Kurzarbeit ohnehin freigestellt sind.

An aerial view of a mother working on a laptop in her office at hoe with her young daughter string on her lap.
"Homeschooling" stresst Schüler und auch Eltern (Bild: Getty Images)

Normaler Schulbetrieb bei Abstandsregeln nicht möglich

Ein Schulbesuch pro Schüler heißt: „Homeschooling“ bleibt weiter der Normalfall. Denn die Öffnungen „bedeuten keinen Normalbetrieb“, macht etwa Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) klar. Auch mit zunehmendem Präsenzunterricht „werde es wegen des Infektionsschutzes „vorerst bei deutlich kleineren Betreuungsgruppen und halben Klassen bleiben müssen“.

In den meisten Ländern hatten die Abschlussklassen schon in den vergangenen zwei Wochen wieder Unterricht. Diese Woche geht es für weitere Klassen tageweise wieder los. Also beispielsweise für die Erstklässler, die Fünft-, die Neunt- und die Elftklässler. Nach Pfingsten will etwa Baden-Württemberg für die Grundschüler, die altersgemäß zu Hause besonders schwer erreichbar sind, ein rollierendes System einführen, so dass sie alle zwei Wochen in die Schule kommen.

Und schon jetzt ist klar: „Erst wenn die Abstandsregeln grundsätzlich aufgehoben werden, ist eine Rückkehr zu einem regulären und vollumfänglichen Schul- und Kitabetrieb möglich“, sagt Baden-Württembergs Schulministerin Susanne Eisenmann (CDU).

Das bedeutet: Womöglich muss auch der Unterricht nach den Sommerferien weiter nach Corona-Regime laufen – je nach Entwicklung der Pandemie. Denn sowohl die Kanzlerin als auch die Virologen haben klargemacht, das wir es voraussichtlich noch bis ins nächste Jahr mit dem Virus zu tun haben, selbst wenn es nicht zur gefürchteten zweiten Welle mit wieder ansteigenden Infiziertenzahlen kommt.

Also gilt bis auf Weiteres: Um die Abstandsregeln zu halten, müssen die Klassen geteilt oder sogar gedrittelt werden. Das wiederum zieht vor allem auf dem Land das Problem nach sich, dass viele zusätzliche Schulbusse eingesetzt werden müssen, zumindest wenn nicht mehr nur einzelne Jahrgänge in der Schule sind und die Räume knapp werden.

Wie sollen die Schüler den Stoff aufholen?

Zum allgemeinen Lehrermangel kommt nun noch das Problem der Risikogruppen, die weiter vom Unterricht freigestellt sind. Mehrere Länder schätzten diese Gruppe auf rund 30 Prozent der Kollegien. Sie können also bis auf weiteres nur für den Online-Unterricht aus dem Homeoffice eingesetzt werden.

Unklar ist, was dort passiert, wo die magische Grenze von 50 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohner pro Woche überschritten wird, wie dies aktuell etwa im thüringischen Greiz und in Coesfeld in NRW der Fall ist. In Coesfeld werden die Lockerungsmaßnahmen zunächst um eine Woche verschoben, ordnete das Land an. Auf den Websites der Schulen, die eigentlich am Montag loslegen wollten, fand sich am Wochenende noch keine Info, wie es weitergeht.

Unklar ist auch, wie vor allem die Schüler, die zu Hause kaum etwas oder gar nichts gelernt haben, nun den Stoff aufholen sollen. In Berlin etwa müssen die Schulen selbst entscheiden, welche Schüler mit „besonderem Unterstützungsbedarf“ sie unabhängig von der Klassenstufe zurückholen. Also solche, bei denen die Lehrer davon ausgehen, dass sie zu Hause „nicht ausreichend gefördert“ wurden, sei es „häuslichen Gründen“ oder schlicht wegen fehlender Ausstattung.

Das gilt auch für Flüchtlings-Kinder und solche mit ohnehin höherem Förderbedarf. In manchen Schulen dürfte diese Gruppe locker die Hälfte bis zwei Drittel der Kinder ausmachen.