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So wuchs die „App Economy“ von null auf 42,5 Milliarden Dollar Umsatz im Jahr

Wie rapide sich die Welt verändert hat, lässt sich am einfachsten an einer Liste ablesen: Welche Dinge hat es vor zehn Jahren noch nicht gegeben? Dazu gehören WhatsApp und Instagram, MyTaxi und Airbnb, Angry Birds und Candy Crush, Slack und Tinder. Gleiches gilt für Fitness-Tracker und Bluetooth-Boxen, Actioncams und Virtual-Reality-Brillen.

All diese Dinge haben eines gemeinsam: Ohne Smartphone wären sie kaum denkbar. Mit der Vorstellung des iPhones im Januar 2007 trat Apple eine Revolution los, die viele Branchen erschütterte. Es brauchte aber einen Zündfunken: Am 10. Juli 2008, also vor zehn Jahren, eröffnete der Konzern den App Store. Er ermöglichte es Firmen und Entwicklern, Programme für die mobilen Computer zu schreiben – und sie so zu Alleskönnern zu machen. Selbst fürs Geschäftsleben. Es entstand die App-Ökonomie.

Der App Store von Apple und der Play Store von Google haben den Zugang zu Software extrem erleichtert. Schon Schulkinder können ein Programm installieren, wie Eltern immer wieder fassungslos feststellen. Als die größten und einzig relevanten Anbieter haben die beiden Konzerne allerdings auch große Macht erlangt: Was auf ihren Plattformen nicht sichtbar ist, versinkt im digitalen Nirwana.

Einige Zahlen zeigen die Bedeutung von Apps auf. Zunächst waren 500 handverlesene Programme verfügbar, bald waren es Tausende, heute sind es zwei Milliarden im App Store von Apple und sogar 3,8 Milliarden im Play Store von Google. Einige Anbieter in China sind ebenfalls zu einer veritablen Größe herangewachsen.

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1,6 Milliarden Euro Umsatz mit Apps in Deutschland

Darüber ist ein Milliardengeschäft entstanden. Allein in Deutschland wächst der Umsatz mit Apps im laufenden Jahr einer Prognose zufolge um 4,4 Prozent auf 1,575 Milliarden Euro. Das geht aus einer Untersuchung hervor, die das Marktforschungsinstitut research2guidance im Auftrag des Branchenverbands Bitkom erhoben hat. Weltweit gaben Privatnutzer 42,5 Milliarden Dollar aus, hat der Marktforscher App Annie ermittelt.

Die Zahl der Downloads steigt in Deutschland um 17 Prozent auf 2,158 Milliarden, wie die Bitkom-Studie zeigt, die dem Handelsblatt exklusiv vorab vorliegt. Zu diesem Sprung trug das iPhone X wesentlich bei, für das zahlreiche Entwickler ihre Programme anpassten – Updates sind in der Statistik enthalten. Weltweit waren es laut App Annie 30,5 Milliarden.

Einfach klicken, und schon ist die App installiert: Als Steve Jobs dieses Prinzip im März 2008 verkündete, war das eine Besonderheit. Es gab zwar Programme für Handys, allerdings war das Angebot gering, die Einrichtung umständlich. Apple vereinfachte das Prozedere enorm, der Konzern wickelte alles ab. Einschließlich der Bezahlung, bei der er allerdings bis heute 30 Prozent einbehält.

„Es gibt eine App dafür“: Apple warb bald mit diesem Spruch, der zum geflügelten Wort wurde. Er suggeriert, dass es für praktisch für alles im App Store eine Lösung gibt. Anfangs stimmte das nur bedingt: Es gab Programme, die auf Knopfdruck Furzgeräusche von sich gaben oder Stimmen verzerren konnten. Lange ebenfalls beliebt: Das virtuelle Bierglas – kippte man das Smartphone, schwappte auch der Gerstensaft auf dem Bildschirm in die Horizontale.

Doch schnell entdeckten die Entwickler, welches Potenzial besteht, wenn die Nutzer einen Computer mit Kamera und Dutzenden Sensoren dabei haben – und machten das Gerät zum Alltagshelfer für alle Situationen. Heute ersetzt es Kamera, Navigationsgerät, Spielekonsole, Notizblock, Pulsmesser und Scanner, um nur einige Anwendungen zu nennen. Und zunehmend auch Einkaufszentrum, Musikladen und Videothek.

Zu den Pionieren zählt die Hamburger Firma Mytaxi. Die Gründer kamen auf die Idee, als sie 2009 in einer Kneipe saßen und darüber sinnierten, dass man nie wusste, wann das Taxi kommen würde. Die iPhones, die vor ihnen auf dem Tisch lagen, mussten das mit ihren GPS-Empfängern doch ermöglichen! Sie machten sich an die Arbeit.

„Die Voraussetzung für unser Produkt ist das Smartphone“, sagt Johannes Mewes, Mitgründer und Produktchef der Firma. Der App Store war für das Start-up doppelt wichtig. Zum einen beim Marketing: Anfangs stöberten viele Nutzer durch den Katalog und luden interessante Apps herunter – Mytaxi gewann so Kunden, ohne in die Werbung investieren zu müssen. Heute ist das kaum denkbar.

Zum anderen bieten Apps mehr technische Möglichkeiten als klassische Websites. Über die Entwicklungsumgebungen von Apple und Google kann die Daimler-Tochter Funktionen wie den GPS-Sensor oder Mitteilungen einbinden. Auch die digitale Assistentin Siri nutzen die Mytaxi-Programmierer inzwischen – Nutzer können mit zwei Sprachbefehlen einen Wagen ordern.

Zudem dient das Smartphone als Fernbedienung fürs digitale Leben. Geräte wie Fitness-Tracker oder Heizthermostate, die keinen eigenen Bildschirm haben, wären ohne einen Computer in der Hand nur umständlich zu bedienen. Eine Verwandtschaft besteht auch in anderer Hinsicht: Eine ganze Industrie hat sich darauf eingestellt, die aktuell 1,5 Milliarden Smartphones im Jahr zu fertigen. Aus ihrem Baukasten mit billigen Komponenten können sich nun alle bedienen – und neue Produkte entwickeln.

175 Milliarden Downloads im Jahr 2017

„Es gibt keinen Bereich, den Apps nicht berühren“, sagt Silvia Buermann, Managerin beim Analysedienst App Annie. Das schlage sich in den Zahlen nieder: Allein 2017 luden die Nutzer weltweit 175 Milliarden Apps über die Plattformen von Apple und Google herunter. Das sind durchschnittlich 23 Programme pro Erdenbewohner, wenn man alle vom Säugling bis zum Greis einrechnet.

Mit den Apps verändern sich auch Geschäftsmodelle. In Deutschland entfällt mit 1,2 Milliarden Euro ein Großteil des Umsatzes auf Programme, die kostenlos sind, aber Zusatzelemente verkaufen, etwa in Spielen – „In-App Purchases“ nennen das Experten im Branchen-Denglisch. Von vornherein Geld zu verlangen, ist heute kaum noch möglich, kostenpflichtige Apps bringen nur 92 Millionen Euro ein, der Rest stammt aus Werbung.

Auch immer mehr Aufgaben aus der Geschäftswelt lassen sich mit Smartphone und Tablet erledigen. „Es gibt bereits viele Apps für den Business-Bereich“, beobachtet Buermann – ob für Außendienstler oder Verkäufer. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen: Der Marktforscher Gartner schätzt, dass 2022 rund 70 Prozent aller Software-Interaktionen auf mobilen Geräten erfolgen.

Apps für Profis

Ein Beispiel: SAP, bislang nicht unbedingt für schmucke Benutzeroberflächen bekannt, hat beispielsweise eine App namens „Asset Manager“ entwickelt, mit der beispielsweise Techniker den Zustand von Maschinen überwachen oder Aufträge bearbeiten können. Sie kann prinzipiell überall zum Einsatz kommen, von der Immobilienbranche bis zur Ölindustrie. Die Software bereitet Daten aus SAP-Systemen übersichtlich auf.

Für rechenintensive Aufgaben mögen sich Smartphones und Tablets nicht eignen, aber für viele andere. Es ist wie mit Schwerlasttransporter und Pick-up: Manchmal muss es die große Kapazität sein, manchmal kommt es auf die Beweglichkeit an. Apple will den Bereich mit Partnerschaften ausbauen, IBM, SAP und Accenture arbeiten mit dem Konzern bereits zusammen, Hewlett-Packard Enterprise verhandelt Berichten zufolge über eine Kooperation.

Der Werbesatz von Apple ist aus dem Sprachgebrauch indes wieder verschwunden. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass es eine App gibt, für was auch immer. Mehr noch: Viele Nutzer, die schon lange ein Smartphone haben, wollen keine neuen Programme mehr auf ihrem Gerät installieren. Viele Symbole liegen ungenutzt auf der Oberfläche.