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So behaupten sich die Geschwister Lettmann gegen die internationale Kajak-Konkurrenz

Im Bootsmarkt steht Lettmann damit da wie David gegen Goliath. Dennoch sind die Geschwister Martina und Jochen mit ihren Kajaks erfolgreich. Wie auch schon ihr Vater.

Die Menge tobt, als Jochen Lettmann sein Kajak durch die Gischt ins Ziel wuchtet. So laut, dass sie sogar die Lautsprecher übertönt, aus denen der Name des deutschen Kanuten schallt. Doch das Publikum weiß ohnehin, wie der Sportler heißt – ein Blick auf sein Kanu genügt: „Lettmann“ prangt da. Gefertigt von seinem Vater Klaus Lettmann im 1400 Kilometer entfernten Moers am Niederrhein.

Genau dort sitzt Martina Lettmann, als ihr Bruder bei den Olympischen Spielen von Barcelona Bronze im Kanuslalom gewinnt. Mit Mitarbeitern der Lettmann GmbH verfolgt sie das Rennen im Fernsehen. Zu den Spielen konnte sie ihn nicht begleiten, stattdessen vertritt sie Bruder und Vater im Betrieb. Letzterer, selbst ehemals Wildwasserkanu-Weltmeister und Gründer der Lettmann GmbH, ist zum Anfeuern mitgereist.

Eine Rollenverteilung, die bis heute im Familienunternehmen Lettmann besteht: Während seine Schwester das operative Geschäft managt und sich um „alles mit Zahlen kümmert“, lässt Jochen wie auch in seiner Zeit als Profikanute keine Gelegenheit aus, um möglichst nahe am Boot zu sein. Er springt in der Produktion ein, wenn ein Fabrikarbeiter ausfällt, prüft frisch gelieferte Kunststoffe und überlegt sich neue Konstruktionen.

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Damit eifert er seinem Vater Klaus Lettmann nach. 2004 hat dieser, nach über 400 entwickelten Bootsmodellen, den Betrieb an seine Kinder übergeben. Mittlerweile vertreiben über 60 Fachhändler in Europa, Nordamerika, Neuseeland und Japan die Produkte der Geschwister. Insgesamt 1500 Kanus, Kajaks und Kanadier verkauft das Unternehmen im Jahr. Der Umsatz beläuft sich auf etwa zweieinhalb Millionen Euro.

Im Bootsmarkt steht Lettmann damit da wie David gegen Goliath. Marktführer Nelo aus Portugal erwirtschaftet mit über 4000 produzierten Rennkanus den dreifachen Umsatz. Bei Wanderkajaks und Kanadiern muss sich Lettmann gegen börsennotierte Firmen wie Johnson Outdoors beweisen.

Paddeln auch im Winter

Der amerikanische Konzern für Outdoorausrüstung erzielt mit seinen massentauglichen Booten sowie Paddeln der ehemals eigenständigen Marken Old Town, Ocean Kayaks, Necky und Carlisle einen Jahresumsatz von über 425 Millionen Dollar. Doch die Lettmann-Geschwister haben ihre Nische gefunden. „Unsere Haupteinnahmequelle sind individuelle Serienboote“, sagt die Geschäftsführerin.

Dafür hat Lettmann auch einen Onlineshop mit Bootkonfigurator eingerichtet. Hier kann jeder sein „Traumkajak“ in über 30 Farben selbst gestalten. „Wer will, dem färben wir sein Boot auch pink mit grünen Punkten“, bemerkt Jochen Lettmann und zeigt in den hinteren Bereich der Fabrikhalle. Dort lehnen etwa ein Dutzend in den Regenbogenfarben sortierte Wanderkajaks.

Die bunten Kajaks und Kanadier aus Polyethylen (PE) machen gut zwei Drittel der Produktion aus. Für durchschnittlich 1500 Euro pro Stück gehen sie vor allem an Kanutouristik-Unternehmen und Wildwasserfahrer in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Auch in der kalten Jahreszeit produziert Lettmann.

Mit der richtigen Ausrüstung mache Paddeln auch im Winter Spaß, so die Geschäftsführer, die selbst oft im Tourenkajak auf Reisen gehen. Hergestellt werden die PE-Boote in Moers in einem Rotationsverfahren, bei dem Kunststoffpulver in eine heiße, rotierende Form gestreut wird. Beim Abkühlen härtet das PE aus, übrig bleibt die fertige Bootshülle.

„Unsere Kanadier sind PE-Sandwiches“, erklärt der Geschäftsführer, während er mit einer Spachtel einen Teil der Bootsform von zähem, dunkelgrünem Kunststoff befreit. „Das heißt zwei Lagen PE und innen eine Lage Schaum.“ Dafür müsse er den Produktionsablauf zwar zweimal unterbrechen, das Boot sei dadurch aber „unsinkbar“.

Wie schon 1992 managt Martina das laufende Geschäft im Büro direkt gegenüber. Im Familienbetrieb ist sie „zuständig und verantwortlich für alles“, wie sie es mit einem Schmunzeln beschreibt. Papa Klaus tüftelt an neuen Bootskonstruktionen. Obwohl der 81-Jährige in Rente ist, experimentiert er laufend an neuen Booten. Vor seiner Karriere als Profikanute hatte er als technischer Zeichner für Thyssen-Krupp Kräne entworfen und sich Wissen angeeignet, das er bis heute abruft, um noch bessere Boote zu bauen. Jedes Jahr mindestens eines.

Paddel als Aushängeschild

„Mein Vater ist noch immer unser Designer“, sagt Martina Lettmann, schlägt den aktuellen Produktkatalog auf und zeigt auf ein rot-gelbes Kajak. Skagerak MV steht da. „Den hat er zusammen mit Jochen vergangenen Herbst entwickelt“, erläutert sie. Mittlerweile ist es der Verkaufsschlager unter den Seekajaks.

Das Modell zählt zu einem der laminierten „High-End-Boote“, die das Unternehmen für Wettkämpfer und ambitionierte Freizeitsportler anbietet. „Die laminierten Boote sind unsere hochwertigsten“, sagt Jochen Lettmann. Mit Preisen von 3500 bis zu 7300 Euro sind sie auch die teuersten. Philipp Witte, Branchenexperte vom Bundesverband Kanu, lobt: „Lettmann ist für seine penibel gefertigten Boote bekannt.“

Neben Prijon aus Rosenheim und Gatz aus Köln sei Lettmann einer der bekanntesten deutschen Kanubauer und international hervorragend etabliert. Witte: „Wer Lettmann-Produkte kauft, weiß, dass Hirnschmalz dahintersteckt.“ Liebe zur Perfektion zeigt sich auch an den Lettmann-Paddeln. Sie gelten als die härtesten und langlebigsten.

Zwischen 70 und 100 Prozent Karbon steckt in ihnen, die genaue Fertigungstechnik ist Familiengeheimnis. Beim Zusammenbau ist Millimeterarbeit gefragt, schließlich soll jedes Paddel wie das andere sein – trotz Handarbeit. Um die 500 Euro kostet das Kanutenwerkzeug, Profis wie Tom Liebscher oder Max Rendschmidt erpaddeln sich damit regelmäßig Medaillen bei internationalen Großevents.

Aktives Sportsponsoring würden die Lettmanns allerdings nicht betreiben. Unter anderem osteuropäische Kanubauer wie Braca oder Vajda haben das für ihren Markteintritt genutzt. „Einige Hersteller fahren mit Lastern zu Regatten und verkaufen ihre Boote dort zu Spottpreisen“, sagt Jochen Lettmann. Die Paddel würden den Athleten teilweise sogar geschenkt.

„Das können wir uns als Unternehmen, das seine Steuern in Deutschland zahlt, einfach nicht leisten“, meint Lettmann. Verglichen mit den individuellen Booten, seien die Rennsport-Paddel eher „Herzensangelegenheit“ als Umsatztreiber. Dennoch sollen sie Bestandteil der Produktpalette bleiben. „Jetzt, wo keiner mehr von uns im Profisport unterwegs ist, sind die Paddel unser sportliches Aushängeschild auf der internationalen Bühne.“