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Siemens droht das Aus für Gasturbinen-Geschäft in Russland: Partner droht mit Rückzug aus Kooperation

Siemens hofft in Russland auf große Geschäfte. Doch nun droht der russische Partner des deutschen Konzerns, die Kooperation zu beenden – und das nicht im Guten.

Der Milliardär hatte schon einmal mit einem Ausstieg aus dem Joint Venture gedroht. Foto: dpa
Der Milliardär hatte schon einmal mit einem Ausstieg aus dem Joint Venture gedroht. Foto: dpa

Am Ende der Feier gab es noch Redebedarf: Dietrich Möller, langjähriger Siemens-Chef in Russland, schnappte sich Milliardär Alexej Mordaschow zur Aussprache. Mordaschow hatte zuvor gerade in salbungsvollen Worten der deutsch-russischen Auslandshandelskammer (AHK) zum Umzug in ihr neues Domizil, das hochmoderne Moskauer Business-Center Fili-Grad, gratuliert und das als Sinnbild für die erfolgreiche deutsch-russische Wirtschaftskooperation gepriesen.

Doch mit dem Erfolg scheint es nicht so weit her zu sein. Mordaschow will angeblich die Kooperation beenden. Dabei steht er als Person für die Zusammenarbeit.

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Der Stahlbaron, der mit dem Konzern Severstal reich geworden ist, ist Vize-Präsident der AHK und hat 2015 einen Anteil am deutschen Reisekonzern TUI übernommen. Mit Siemens baut er sogar bereits seit seinem Einstieg bei Power Machines vor mehr zehn Jahren gemeinsam an großen Gasturbinen.

Seit 2011 besteht ein Joint-Venture zwischen seinem Power-Maschines-Konzern und Siemens, das 65 Prozent daran hält. Doch dass es Spannungen in der Partnerschaft gibt, war bereits im Sommer bei der Filialeröffnung der AHK zu spüren, als Mordaschow sich beim Gespräch mit Möller angestrengt um einen unbewegten Gesichtsausdruck bemühte und kurz darauf das Weite suchte.

Nun scheint die Verbindung endgültig vor dem Aus zu stehen. Medienberichten zufolge will Power Machines zum Jahresende aus dem Joint-Venture aussteigen. Zerrüttet scheint die Beziehung nach dem Skandal um die Lieferung von Siemens-Turbinen auf die Krim ohnehin. 2017 war bekannt geworden, dass die Gasturbinen aus der Joint-Venture-Produktion trotz westlicher Sanktionen auf die Krim geraten waren.

Siemens sprach daraufhin davon, betrogen worden zu sein. Am Ende konnte der deutsche Konzern Sanktionen des US-Finanzministeriums vermeiden. Stattdessen landeten 2018 Mordaschow und sein Konzern Power Machines wegen der Affäre auf der Schwarzen Liste der USA.

Der Milliardär hatte keine Lust auf die Rolle des Sündenbocks und drohte schon damals mit einem Ausstieg aus dem Gemeinschaftsprojekt. Die Leitung des Joint-Ventures werde „vollständig von Siemens kontrolliert“, doch gegen Siemens gebe es merkwürdigerweise keine Vorwürfe, klagte er. Weder gegen Siemens noch das Joint-Venture gebe es Vorwürfe, „aber alles richtet sich gegen Power Machines“, empörte er sich.

Im Dezember könnte Power Machines nun eine Option für den Ausstieg ausloten und Siemens zum Kauf der Minderheitsanteile zwingen. Das täten die Deutschen wohl auch gern, um Power Machines durch die Gazprom Energieholding als neuen Partner zu ersetzen. Nur dürfte die Scheidung schmutzig ausfallen. Denn aus den einstigen Partnern werden dann erbitterte Rivalen auf dem Markt für Großturbinen.

Das wird bereits jetzt deutlich: Mordaschow betreibt in der Regierung Lobbyarbeit gegen Siemens. An die Öffentlichkeit geriet die Forderung des Power-Machines-Generaldirektors Timur Lipatow, Siemens vonseiten der russischen Regierung keinen Special Investment Contract (SPIC) zu geben.

Ansehnlicher Markt

Siemens braucht den SPIC, um Zeit für die Lokalisierung seiner Produktion zumindest bis 2023 zu gewinnen. Siemens werde bis dahin Lagerprodukte aus dem Ausland verkaufen und so russischen Unternehmen, Marktanteile wegnehmen, gab Lipatow seiner Argumentation einen patriotischen Anstrich.

Ohne den Vertrag ist der Markt für Siemens verschlossen, da der Kreml nach dem Fiasko mit den Krim-Turbinen für die Auftragsvergabe eine Verlagerung der Produktion nach Russland fordert. Siemens neuer Russland-Chef Alexander Liberow bezeichnete den Ausfall Lipatows daher als Verletzung der Joint-Venture Vereinbarung.

Es geht für die beiden Konzerne um einen ansehnlichen Markt. Große Gasturbinen können nicht viele Konzerne bauen. Konkret geht es um Anlagen mit einer Leistungsfähigkeit in der Bandbreite von 60 bis 80 Megawatt und 150 bis 180 Megawatt. Nach Schätzung des russischen Industrieministeriums beläuft sich das Auftragsvolumen 2030 für solche Gasturbinen auf über 550 Millionen Euro.

Zumeist handelt es sich um Staatsaufträge. Siemens rechnet sich als langjähriger Partner Russlands und mit der Gazprom Energieholding als potenzieller Begleiter dabei gute Chancen aus, doch nach der Scheidung wird sich zeigen, wer von beiden ehemaligen Partnern die besseren Beziehungen zum Kreml hat.