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Schulverweis für AfD-Lehrer Höcke

Anti-Islam-Kurs des AfD-Politikers - Schulverweis für AfD-Lehrer Höcke

Björn Höcke gehört zu den bundesweit bekanntesten -Politikern. Schlagzeilen macht er regelmäßig mit umstrittenen und grenzwertigen Äußerungen. Mit seinen Aussagen zum Islam könnte er eine rote Linie überschritten haben, die ihm beruflich noch zum Verhängnis werden könnte. Politiker von SPD und Grünen halten jedenfalls eine Rückkehr des beurlaubten Geschichtslehrers in den hessischen Schuldienst für ausgeschlossen. Die FDP hält gar ein Disziplinarverfahren gegen Höcke für denkbar, an dessen Ende sogar seine Entlassung als Beamter stehen könnte.

„Wer die Religionsfreiheit infrage stellt, verlässt den Boden unserer Verfassung, und ist zur Erziehung unserer Kinder ungeeignet. Sollte Herr Höcke also jemals in den Landesdienst zurückkehren, kann er auf keinen Fall unterrichten“, sagte der Vize-Vorsitzende der Bundes-SPD und Chef der SPD im hessischen Landtag, Thorsten Schäfer-Gümbel, dem Handelsblatt.

Auch die hessischen Grünen lehnen eine mögliche Rückkehr Höckes in den Schuldienst aus. „Kultusminister Lorz hat angekündigt, unter Beachtung der rechtlichen Voraussetzungen alles dafür tun zu wollen, dass Herr Höcke keinen Unterricht an einer hessischen Schule mehr erteilen wird“, sagten die beiden Landesvorsitzenden, Kai Klose und Daniela Wagner, dem Handelsblatt. „Darin hat der Minister unsere volle Unterstützung. Niemand kann wollen, dass ein Lehrer Schüler unterrichtet, der die wichtigsten Grundwerte unserer Verfassung in Zweifel zieht.“

Tatsächlich hatte der hessische Kultusminister Alexander Lorz (CDU) schon Anfang Januar Höcke eine Art Schulverweis erteilt. Auslöser war damals eine Rede des Partei- und Fraktionschefs der in Thüringen bei einer Veranstaltung im November in Sachsen-Anhalt. Höcke hatte von einem „lebensbejahenden afrikanischen Ausbreitungstyp“ gesprochen - was von Experten als rassistisch gewertet worden war. Ermittlungen wegen Volksverhetzung hat die Staatsanwaltschaft Halle aber eingestellt.

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Höcke, der früher als Oberstudienrat Sport und Geschichte im nordhessischen Bad Sooden-Allendorf unterrichtete, dann bis 2019 in den Thüringer Landtag gewählt und für diese Zeit beurlaubt wurde, reagierte damals umgehend auf den Vorstoß des Ministers. Er warf dem -Politiker vor, mit der Äußerung seine Fürsorgepflicht als Dienstherr verletzt zu haben. „Ich war ein bei Kollegen und Eltern geschätzter und bei Schülern beliebter Lehrer“, hatte der AfD-Mann auf Facebook geschrieben. Sein Politikstil sei „volkstümlich-kämpferisch“.

Inzwischen geht es allerdings nicht mehr nur um mutmaßlich rassistische Parolen oder völkisches Gerede Höckes. Nunmehr geht es um seine Aussagen zum Islam, die für ihn wohl die größte Hürde für eine Rückkehr in den Lehrerberuf sein dürften.


Staatsrechtler: Höcke verletzt Treuepflicht der Beamten

Gleich mehrfach kollidiert Höcke, der dem rechtsnationalen AfD-Flügel zugerechnet wird, mit seinem restriktiven Anti-Islam-Kurs mit dem Grundgesetz. Und das, obwohl sein Pflicht laut „Beamtenstatusgesetz“ eine andere wäre. Dort heißt es:

Der Rektor der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer, Joachim Wieland, erläutert, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts diese dienstrechtliche Treuepflicht verlange, den Staat und seine geltende Verfassungsordnung zu „bejahen“, auch soweit sie im Wege einer Verfassungsänderung veränderbar sei. „Die Äußerungen von Herrn Höcke verletzen diese Treueplicht, weil der Bau von Moscheen durch das Grundrecht der Religionsfreiheit geschützt ist und Herr Höcke sich über dieses Gebot der Verfassung hinwegsetzt“, sagte Wieland dem Handelsblatt.

Als gewählter Abgeordneter hätte Höcke laut Wieland nur das Recht, für eine Änderung der Verfassung einzutreten. „Er müsste aber auch dann deutlich machen, dass er uneingeschränkt für die Religionsfreiheit eintritt, solange ein eventuelles Bemühen um eine Einschränkung dieses Grundrechts keinen Erfolg gehabt hat.“ Eine Beurlaubung ändere nichts an der dienstrechtlichen Treuepflicht, betonte der Jurist. „Wenn Herr Höcke sich nicht eindeutig zur Religionsfreiheit auch für den Islam bekennt, ist er als Lehrer im hessischen Schuldienst nicht tragbar.“

Höcke lieferte in den vergangenen Wochen jedoch keinen erkennbaren Anhaltspunkt dafür, dass er uneingeschränkt zur Religionsfreiheit steht. Im Gegenteil: Gleich mehrfach stellte er offen dieses Grundrecht infrage.

So heißt es in einem : „Die Religionsfreiheit ist kein „Supergrundrecht“, das sämtliche Aspekte des Islam unter den Schutz der Verfassung stellt. Sie gewährt nicht das Recht, eine politische Agenda durchzusetzen und schützt auch nicht ohne weiteres alle weltlichen Aktivitäten von Religionsgemeinschaften. Der Moscheebau etwa ist nicht allein am Recht der freien Religionsausübung zu bemessen, weil Moscheen auch weltliche Zentren sind – nämlich Versammlungs-, Wirtschafts- und Unterrichtsgebäude muslimischer Gemeinden.“


Höcke-AfD gegen Pläne für Moschee-Neubau in Thüringen

Wenige Tage später wird Höcke noch deutlicher. Im wird er mit der Aussage konfrontiert: „Den Islam unter die Religionsfreiheit zu stellen, das kommt für Sie nicht Frage.“ Woraufhin er antwortet: „Nein. Die Religionsfreiheit ist kein Supergrundrecht.“

Wenige Wochen später, am 14. Mai, veröffentlicht dann Höckes rechtsnationale AfD-interne Organisation „Der Flügel“ auf ihrer -Seite folgende Stellungnahme: „Lassen Sie sich in der Debatte um den Islam nicht von Gutmenschen beirren, die nur auf die Religionsfreiheit des Art. 4 GG verweisen können. Der Islam ist keine Religion im westlichen Sinne. Er ist (auch) eine politische Ideologie. Moscheen sind also eher politische Kaderschmieden als Gotteshäuser. Sie sind Ausbildungszentren für die Boten einer perfiden Eroberungsideologie.“

Höckes Abneigung gegen den Islam kommt nicht von ungefähr. Seine Partei hatte den Satz „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ bei ihrem Parteitag vor gut zwei Wochen in ihr Parteiprogramm aufgenommen. Der Beschluss erweist sich nun als eine Art Freibrief für Höcke. Und er kann sich mit seiner Partei an die Spitze von Protesten gegen einen Moschee-Neubau in Thüringen setzen.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Thüringer Landtag, Stefan Möller, erklärte dazu am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Erfurt, zur Ausübung des muslimischen Glaubens gehöre nicht zwangsläufig eine Moschee mit Kuppel und Minarett. „Darüber muss diskutiert werden.“

Das Bauvorhaben will die rechtspopulistische Partei am heutigen Mittwoch im Landtag wie auch bei einer Demonstration in der Landeshauptstadt zum Thema machen. Dazu wird erstmals auch ein Vertreter der islam- und ausländerfeindlichen Pegida-Bewegung erwartet.

Hintergrund ist das Vorhaben der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde, am Stadtrand von Erfurt eine Moschee zu bauen. Es wäre der erste Moschee-Neubau in dem Bundesland. Wann und ob der Grundstein überhaupt gelegt wird, ist offen - bislang hat die Gemeinde lediglich eine Bauvoranfrage gestellt. Die AfD plant nach den Worten Möllers ein Treffen mit den Anwohnern. Angestrebt sei eine Zusammenarbeit, allerdings nur mit bürgerlichen Initiativen, betonte er. AfD-Landeschef Höcke sagte: „Entweder passt sich der Islam in Europa und Deutschland unseren rechtsstaatlichen Normen, Sitten und Werten an oder er muss verabschiedet werden.“


FDP will Disziplinarverfahren gegen beurlaubten Lehrer Höcke

Geht es nach der FDP, dann steht bald eher eine Verabschiedung Höckes zur Debatte. „Fest steht, dass der Lehrer Höcke rein rechtlich betrachtet auch während seiner Beurlaubung seine Dienstpflicht verletzen kann“, sagte die Generalsekretärin der Liberalen, Nicola Beer, dem Handelsblatt. Insbesondere die „populationsökologischen“ Aussagen Höckes und seine Theorien zum Islam seien „durchaus geeignet, um ein Disziplinarverfahren wegen der „Beeinträchtigung des Ansehens des Dienstherrn“ einzuleiten“, ist die frühere hessische Kultusministerin überzeugt. „Sein Dienstherr sollte ein solches Disziplinarverfahren anstrengen, an dessen Ende sogar seine Entlassung als Beamter stehen könnte.“

Die hessischen Grünen-Chefs Klose und Wagner sind zwar der Ansicht, dass Dienstvergehen nur bei einem Beamten geahndet werden können, der sich in einem Dienstverhältnis befindet. „Ebenso klar ist aber, dass die Sprüche des Herrn Höcke nicht geeignet sind, die Neutralität und Verfassungstreue zu belegen, die er bei einer möglichen Rückkehr in den Schuldienst einhalten müsste“, fügten sie hinzu.

Für die FDP-Politikerin Beer steht ohnehin außer Frage, dass Höcke mit seinen „verstörenden Äußerungen zu ‚Fortpflanzungsstrategien‘ von Völkern in Europa und Afrika eine biologistische Weltsicht offenbart und damit unzweideutig seine Eignung, Kinder und Jugendliche zu unterrichten, selbst infrage gestellt“. Auch seine Theorien zum Islam disqualifizierten ihn für eine Rückkehr in den hessischen Schuldienst. „Daher halte ich es für notwendig, alle rechtlichen Möglichkeiten zu nutzen, um Björn Höcke zumindest vom Einsatz als Lehrer in einer hessischen Schule auszuschließen“, sagte Beer. „Denn er wäre eine Zumutung für die Schüler und könnte den Versuch unternehmen, Kindern und Jugendlichen sein krudes Gedankengut zu vermitteln.“

Der Deutsche Lehrerverband rechnet damit, dass Höcke sich juristisch gegen einen Schulverweis wehren würde. Sollte Höcke eines Tages in den hessischen Schuldienst zurückkehren wollen, sei es zunächst am hessischen Kultusministerium, eine Wiedereinstellung zu prüfen. „Das Ministerium wird vor einer Entscheidung bezüglich der Verfassungstreue Höckes voraussichtlich die Staatsanwaltschaft und den Verfassungsschutz befragen“, sagte der Verbandschef Josef Kraus dem Handelsblatt.

„Sollte sich das Ministerium auf der Grundlage dieser Mitteilungen beziehungsweise Beobachtungen gegen Höcke entscheiden, ist vermutlich eine Klage Höckes beim Verwaltungsgericht zu erwarten.“ Dann hätten die Richter das Wort. „Sie müssen dann eine schwierige Abwägung zwischen Verfassungstreue eines Beamten und der Meinungsfreiheit eines Abgeordneten vornehmen.“

KONTEXT

AfD-Programm: Das fordert die Partei

Mindestlohn

Die AfD ist für den gesetzlichen Mindestlohn. Damit liegt sie auf einer Linie mit SPD, Grünen, der Linkspartei und Teilen der Union.

Erbschaftssteuer

Geht es nach der AfD soll die Erbschaftssteuer abgeschafft werden. Dafür setzt sich aktuell auch die FDP ein.

Bundespräsident

Die AfD möchte, dass der Bundespräsident künftig direkt vom Volk gewählt wird. Dieser Vorschlag kam 2009 auch vom damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler. Zustimmung erhielt er dafür nur aus der FDP.

Volksentscheid

Die AfD will mehr direkte Demokratie durch Volksentscheide. Auch die SPD, die Linke und die Grünen wollen, dass die Hürden für Volksentscheide abgesenkt werden. Ihre Vorschläge gehen aber nicht so weit wie die Ideen der AfD.

Familie

Die traditionelle Familie gilt der AfD als Keimzelle der Gesellschaft. Das Loblied auf die traditionelle Vater-Mutter-Kind-Familie taucht in dieser Form auch im Parteiprogramm der CSU auf.

Freihandelsabkommen

Die AfD lehnt die Freihandelskommen TTIP und CETA ab. Auch die Linke und die Grünen sind dagegen.

KONTEXT

Der Nazi-Jargon der AfD

Auffällige Nazi-Rhetorik bei einzelnen AfD-Politikern

Der Vorsitzende der Gesellschaft für deutsche Sprache, Peter Schlobinski, betont zwar, dass man nicht die gesamte (Alternative für Deutschland) AfD über einen Kamm scheren dürfe. "Doch einzelne Mitglieder pflegen eine auffällige Nazi-Rhetorik. Der Rhythmus, das sprachliche Diktum, die Emotionalisierung - es gibt einiges, was stark an die NSDAP-Sprache angelehnt ist." Und der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke sei ja schon "fanatisch in seiner Sprache". Es folgen einige Beispiele.Quelle: "Stern", eigene Recherche.

Björn Höcke, Thüringen-AfD-Chef

"3000 Jahre Europa! 1000 Jahre Deutschland!"

Björn Höcke, Thüringen-AfD-Chef (2)

"Erfurt ist "¦ schön "¦ deutsch! Und schön deutsch soll Erfurt bleiben!"

Björn Höcke, Thüringen-AfD-Chef (3)

"Das Boot ist übervoll und wird kentern."

Björn Höcke, Thüringen-AfD-Chef (4)

In einem Vortrag stellte Höcke das Bevölkerungswachstum Afrikas in einen Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise, was weithin als biologischer Rassismus bewertet wurde. Er sprach von einem "Bevölkerungsüberschuss Afrikas" und erklärte, der "lebensbejahende afrikanische Ausbreitungstyp" treffe in Europa auf den "selbstverneinenden europäischen Platzhaltertyp". Dann schlussfolgerte er: "Solange wir bereit sind, diesen Bevölkerungsüberschuss aufzunehmen, wird sich am Reproduktionsverhalten der Afrikaner nichts ändern."

André Poggenburg, Chef der AfD in Sachsen-Anhalt

In ihrem auf Facebook verbreiteten Weihnachtsgruß vom 24.12.2015 sprach die AfD Sachsen-Anhalt unter anderem davon, in der Weihnachzeit über die "Verantwortung für die Volksgemeinschaft und nächste Generation" nachzudenken. Der verwendete Begriff "Volksgemeinschaft" löste daraufhin eine Diskussion aus. Denn, so der Politikwissenschaftler Samuel Salzborn von der Universität Göttingen bei "tagesschau.de", der Begriff der Volksgemeinschaft sei historisch "eindeutig durch den Nationalsozialismus belegt". Der Begriff sei in einer Demokratie unhaltbar, so der Professor, selbst wenn man sich auf den Standpunkt historischer Naivität zurückziehen würde. Die Idee einer Volksgemeinschaft sei generell nicht mit den Vorstellungen von Demokratie vereinbar.

Alexander Gauland, Brandenburg-AfD-Chef

"Es wird Zeit, dass wir das Schicksal des deutschen Volkes, damit es ein deutsches Volk bleibt, aus den Händen dieser Bundeskanzlerin nehmen."

Alexander Gauland, Brandenburg-AfD-Chef (2)

"Das Boot ist voll. Auch um der Flüchtlinge willen muss Deutschland jetzt die Notbremse ziehen."

Frauke Petry, AfD-Bundesvorsitzende

"Die deutsche Politik hat eine Eigenverantwortung, das Überleben des eigenen Volkes, der eigenen Nation sicherzustellen."

Markus Frohnmaier, Bundesvorsitzender der Jungen Alternative (JA)

"Ich sage diesen linken Gesinnungsterroristen, diesem Parteienfilz ganz klar: Wenn wir kommen, dann wird aufgeräumt, dann wird ausgemistet, dann wird wieder Politik für das Volk und nur für das Volk gemacht - denn wir sind das Volk, liebe Freunde."

KONTEXT

Wie die Parteien mit der AfD umgehen

CDU und CSU

Als Spezialproblem der Union wird die AfD ausdrücklich nicht betrachtet. Aus Sicht von Kanzlerin Angela Merkel ist dem Protest die Spitze zu nehmen, indem man Probleme anspricht und zu lösen versucht. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) beharrt darauf, die AfD zu ignorieren. Die CSU fährt einen eigenen Kurs. Mit scharfer Kritik an Merkels Kurs versucht Parteichef Horst Seehofer, eine dauerhafte AfD-Etablierung rechts von der Union zu verhindern.

SPD

Die SPD fordert, der Verfassungsschutz müsse die AfD beobachten. Als schräg empfanden es viele, dass in Mainz SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer sich einem TV-Duell mit der AfD verweigerte - ihr SPD-Landeschef ging dann hin. Die AfD könnte auch der SPD kleinbürgerliche Anhänger abjagen, die denken, der Staat kümmere sich nur noch um Flüchtlinge. So fordert Parteichef Sigmar Gabriel ein Solidarpaket für sozial benachteiligte Bürger.

Grüne

Die Grünen haben die geringsten politischen Schnittmengen mit der AfD und müssen von den etablierten Parteien wohl am wenigsten eine Abwanderung ihrer Wähler befürchten. Korrigiert wurde aber das Nein zu TV-Talkrunden mit der AfD. Die Rechtspopulisten haben laut Grünen-Chefin Simone Peter "eine Wucht erzeugt", dass man sich mit der Partei "an einen Tisch setzen" müsse.

Linke

Die Linke setzt auf klare Abgrenzung zur AfD. Durch die leichten Zugewinne bei den Kommunalwahlen in Hessen sieht sie diesen Kurs bestätigt. Union und SPD wirft die Linke dagegen vor, als Reaktion auf die AfD-Erfolge nach rechts zu driften. "Wir können durchaus von einer Polarisierung nach rechts reden", sagt Parteichef Bernd Riexinger.

FDP

FDP-Chef Christian Lindner wollte die AfD lange ignorieren. Doch spätestens nach den Silvester-Übergriffen überwiegend ausländischer Täter auf Frauen in Köln und Hamburg, die auch die bürgerliche Mitte verunsicherten, war dieser Kurs nicht durchzuhalten. Lindner sieht die AfD aber nicht als direkte Konkurrenz: "Die Freien Demokraten sind unter allen Parteien der schärfste Kontrast zur AfD".

KONTEXT

Europas Populisten: Von AfD bis Ukip

Deutschland: Alternative für Deutschland (AfD)

Die Alternative für Deutschland (AfD) wurde einst beherrscht von heftigen internen Richtungskämpfen zwischen wertkonservativem und liberalem Flügel. Den Machtkampf entschied die dem rechtskonservativen Flügel zugerechnete Frauke Petry. Aktuell lässt sich die Partei dem rechten Spektrum zuordnen. Die AfD konnte sich zunächst mit scharfer Kritik am Euro-Rettungskurs der Bundesregierung, aber auch mit Positionen zur Einwanderungspolitik und familienpolitischen Themen in der deutschen Meinungslandschaft wirksam profilieren und positionieren. Die Flüchtlingskrise gibt ihr - und vor allem den rechtsnationalen Vertretern in der Partei Rückenwind.Quelle: Deutsche Bank Research "Europas Populisten im Profil", April 2015; Handelsblatt-Recherchen

Finnland: Die Finnen

Dem rechten Spektrum zuzuschreiben sind die Finnen, die sich 1995 gegründet haben. Im Zuge der Euro-Krise konnten sie sich insbesondere mit EU-skeptischen Positionierungen profilieren. Sie fordern die Verteidigung der nationalen Identität und eine stärkere Verantwortung der Nationalstaaten in Europa.

Frankreich: Front National

Der 1972 gegründete Front National (FN) findet in Frankreich nach einer strategischen Neuausrichtung im Jahr 2011 unter der neuen Parteivorsitzenden Marine Le Pen zunehmend Zuspruch. Die Rhetorik und das Verhalten des FN wurden gemäßigt. Zugleich hat der FN auch sein Themenspektrum erweitert, sodass neben Einwanderung auch Globalisierungstendenzen und die EU kritisiert werden. Der FN ist daher dem rechtspopulistischen Spektrum zuzuordnen.

Griechenland: Syriza-Bündnis

Griechenland ist ein Sonderfall. Hier stehen Populisten in Regierungsverantwortung. Das linke Parteienbündnis Syriza hat die Parlamentswahlen im Januar 2015 als stärkste Kraft gewonnen und bildet eine Koalition mit den rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen. Syriza weist die Verantwortung für Fehlentwicklungen des Landes konsequent der Euro-Rettungspolitik zu. Die Ursachen der nationalen Schieflage verortet Syriza in der internationalen Finanzwirtschaft und der EU. Im Wahlkampf konnte das Bündnis mit der Forderung nach einem Schuldenschnitt für Griechenland punkten.

Italien: Movimento 5 Stelle, Lega Nord und Forza Italia

In Italien gibt es gleich mehrere populistische Kräfte: Movimento 5 Stelle, Lega Nord und Forza Italia. Allerdings ist die Regierungspartei Partito Democratico (PD) mit 37,2 Prozent in Umfragen immer noch sehr stark und wäre eindeutiger Sieger bei Parlamentswahlen. Fraglich ist, ob eine absolute Mehrheit zustande kommen kann oder eine Koalition mit einer der populistischen Parteien gegründet werden müsste. Die Koalitionsverhandlungen dürften vermutlich wie bei den letzten Wahl en schwierig werden und den Einfluss populistischer Parteien insofern stärken, als dass die PD diesen inhaltlich entgegenkommen müsste.

Niederlande: Partei für die Freiheit

Die Partei für die Freiheit (PVV) ist dem rechtspopulistischen Parteienspektrum zuzuordnen. Im Kern positioniert sich die Partei gegen Einwanderung und die EU. Vor allem durch ihren Vorsitzenden Geert Wilders erlangt die PVV in den Niederlanden eine hohe Aufmerksamkeit in den Medien.

Österreich: Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ)

Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) ist mit Gründung 1955 eine die der ältesten populistischen Parteien. Nach der Abspaltung des rechtsliberalen Flügels als Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) im Jahr 2005 mobilisiert die rechtspopulistische FPÖ gegen weitere europäische Integration und die "Islamisierung" Österreichs.

Spanien: Podemos-Bewegung

Neu im linken Spektrum ist die spanische Podemos-Bewegung. Sie ging im März 2014 aus der Bewegung der "Empörten" hervor und sieht sich als Vertretung der Bevölkerung gegen eine "politische Kaste."

Großbritannien: United Kingdom Independence Party (Ukip)

Im Vereinigten Königreich ist EU-Skepsis tendenziell verbreiteter als in anderen EU-Ländern. Dies spiegelt sich auch in der Parteienlandschaft wieder, in der die rechtskonservative United Kingdom Independent Party (Ukip) mit ihrer Forderung nach einem EU-Austritt die stärksten EU-skeptischen Züge trägt.