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ROUNDUP/Nitratbelastung: EU-Kommissar droht Deutschland mit Strafzahlung

BERLIN/BRÜSSEL (dpa-AFX) - Deutschland droht wegen des Umgangs mit zu hohen Nitratwerten im Grundwasser erneut Ärger vor dem Europäischen Gerichtshof. Das geht aus einem Brief hervor, den der europäische Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius an Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) und Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) adressiert hat und der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

In dem Schreiben bemängelt der EU-Kommissar, dass Deutschland bislang die Gebiete mit hoher Nitratbelastung im Grundwasser und schädlicher Nährstoff-Anreicherung nicht korrekt ausweise.

Wenn keine Überprüfung folge, erwäge er, "der Kommission vorzuschlagen", den Fall vor den Europäischen Gerichtshof zu bringen und ein entsprechendes Zwangsgeld in die Wege zu leiten, kündigte der Kommissar an.

Umwelt- und Agrarministerium verwiesen am Dienstag auf Anfrage auf die Zuständigkeit der Bundesländer. Diese seien in der Verantwortung, die "mit Nitrat belasteten und durch Phosphat eutrophierten Gebiete" auszuweisen, erklärte das Bundesagrarministerium. Aus beiden Häusern hieß es, dass man die Warnungen der Europäischen Kommission sehr ernst nehme und sich unter Beteiligung der Bundesländer um Gespräche mit Brüssel bemühe. "Oberstes Gebot" sei es, Strafzahlungen zu verhindern, hieß es aus dem Umweltministerium.

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Die EU-Kommission geht dem Schreiben zufolge derzeit davon aus, dass die Bundesregierung möglicherweise dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 21. Juni 2018 nicht nachkomme. Der EuGH hatte 2018 festgestellt, dass die Bundesrepublik gegen die europäische Nitratrichtlinie verstoße und Maßnahmen gegen die Verunreinigung das Grundwassers angemahnt.

Daraufhin trat in Deutschland zum 1. Mai 2020 eine neue Düngeverordnung in Kraft, die Gegenmaßnahmen in Gebieten vorsieht, in denen die Nitratbelastung im Grundwasser hoch ist und Oberflächenwasser von Eutrophierung, also schädlicher Nährstoff-Anreicherung, betroffen ist. Für die Ausweisung dieser Gebiete sind die Bundesländer zuständig.

Eine erste Bewertung der EU von übermittelten Daten aus Deutschland habe ergeben, dass die meisten Messstellen, die eine hohe Umweltbelastung aufweisen, außerhalb der von den Bundesländern ausgewiesenen Gebiete lägen, heißt es in dem Schreiben. Mit anderen Worten: Die Kommission beklagt, dass Gebiete mit hoher Nitratbelastung und einem entsprechend hohen Handlungsbedarf nicht korrekt erfasst und übermittelt werden.

Dem Schreiben des Kommissars zufolge haben die Bundesländer 80 Prozent der Überwachungsstellen mit Nitrat-Konzentrationen über dem erlaubten Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter und 96 Prozent der als eutroph eingestuften Messstellen, also mit schädlicher Nährstoff-Anreicherung, nicht als Teil der belasteten Gebiete ausgewiesen.

Eine Reihe von Bundesländern - genannt werden Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Saarland und Sachsen - hätte gar keine eutrophen Gebiete angegeben, obwohl "Anzeichen von Eutrophierung" vorlägen, heißt es weiter.

Der Vizepräsident des Verbands kommunaler Unternehmen, Karsten Specht, reagierte wütend. Deutschland sei es zum wiederholten Male nicht gelungen, Düngeregeln zu verabschieden, "mit denen die EU-Nitratrichtlinie von 1991 auch endlich vollständig umgesetzt wird", sagte Specht.

Für die kommunale Wasserwirtschaft und mit Blick auf den Schutz der Wasserressourcen sei das "nicht mehr erklärlich". Die derzeit gültigen Bestimmungen würden zwar strenge Maßnahmen zur Nitratreduktion festlegen. Allerdings würden diese nur "auf sehr kleinen Flächen zur Anwendung" kommen. Der VKU fordert, alle nitratbelasteten Messstellen zu berücksichtigen, besonders die Stellen in den Gebieten zur Gewinnung von Trinkwasser. "Nitratbelasete Messstellen dürfen nicht einfach vorab aussortiert oder durch nicht überprüfte Modellierungen aus einer Gebietskulisse herausgerechnet werden", forderte der Verband.

Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) forderte die Politik auf, die EU-Nitratrichtlinie "endlich vollumfänglich in Deutschland umzusetzen". Wie der BDEW-Hauptgeschäftsführer für den Bereich Wasser/Abwasser, Martin Weyand, erklärte, drohten Deutschland Strafzahlungen "in dreistelliger Millionenhöhe". Ein kürzliches Gutachten im Auftrag des BDEW habe außerdem gezeigt, dass durch Überdüngung in der Landwirtschaft bereits jetzt jährlich Umweltkosten von rund drei Milliarden Euro entstünden.