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Roboter im Ex-Kuhstall: Cobots sollen Umsatz von TQ Systems auf 500 Millionen Euro bringen

TQ Systems ist bisher gut durch die Krise gekommen – dank breiter Produktpalette. Nun sollen Cobots den nächsten Wachstumsschub bringen, und erstmals für Kleinbetriebe interessant werden.

Die Vereinigung von Laptop und Lederhose ist hier nach Einschätzung von Detlef Schneider fast in Perfektion gelungen: Unter dem Gewölbe eines ehemaligen Kuhstalls montieren und prüfen kollaborative Roboter Elektronikbauteile. Auch die einstige Kornkammer und der Heustadel des idyllischen Guts Delling südwestlich von München sind längst belegt.

Als Schneider hier vor 27 Jahren gemeinsam mit Rüdiger Stahl seine Firma TQ Systems gründete, zahlte er dem Bauern eine D-Mark Miete pro Quadratmeter. Inzwischen beschäftigt das Unternehmen 1700 Mitarbeiter an 15 Standorten. Auch im Corona-Geschäftsjahr 20/21 (30. Juni) sollen die Erlöse von 289 auf 321 Millionen Euro wachsen.

Doch schwebt Schneider noch Größeres vor: „In drei Jahren können wir bei einer halben Milliarde Euro Umsatz sein“, kündigt er im Gespräch mit dem Handelsblatt an. Und dabei spielen die kollaborativen Roboter, die Cobots, die TQ selbst einsetzt, eine zentrale Rolle.

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Schon heute entwickelt und produziert der Mittelständler in mittleren Stückzahlen elektronische Baugruppen, Hauptplatinen, Antriebe und Module für Industriekunden aus Zukunftsbranchen wie der Gesundheitstechnik, der Energiewirtschaft, für E-Bikes und die Luftfahrt, die zuletzt unter Corona litt.

Große Hoffnungen setzt der 64-jährige Schneider, der an der Bundeswehr-Uni Elektrotechnik studiert hat, in das Energiemanagement. Hier sieht sich TQ als einer der führenden Anbieter von entsprechenden Systemen in Europa.

TQ versteht sich im Ganzen als Technologie-Unternehmen für Hardware- und Softwarelösungen, entwickelt aber auch komplette Produkte für seine Kunden. Doch in der Regel werden diese unter dem Markennamen des Kunden vertrieben.

Stolz ist Schneider auf eine Art digitale Tafel, die in Schulen genauso eingesetzt werden könnte wie bei Management-Konferenzen. Fotos und Präsentationen lassen sich hier einfach aufspielen, zudem kann die Tafel mit einem einfachen Holzstift beschrieben werden.

Doch der vielleicht größte Hoffnungswert sind die Cobots: TQ baut für das 2016 gegründete Start-up Franka Emika einarmige, kollaborative Leichtbauroboter, entwickelt Apps zur einfachen Bedienung und verkauft die Roboter auch an die eigenen Kunden, zum Beispiel in der Elektronikindustrie. „Aktuell bauen wir 200 Roboter im Monat, es können aber auch 2000 werden“, sagt Schneider. Eine große Produktionshalle im Allgäu steht bereit.

Hype um die einarmigen Helfer

Denn bei der TQ-Gruppe ist man überzeugt, dass der Durchbruch der Cobots nun wirklich bevorsteht. Vor einigen Jahren hatte es zum Beispiel auf der Hannover Messe einen regelrechten Hype um die einarmigen Helfer gegeben. Auch Branchenriesen wie Kuka und ABB entwickelten Leichtbauroboter, um das neue Segment zu erobern.

Doch der Hype schlug sich nicht in Zahlen nieder: „Verkauf und Verbreitung von Cobots hinken hinter den Erwartungen her“, sagt TQ-Mitgründer Stahl. Der Grund: zu kompliziert, zu teuer. Dies ändere sich aber gerade: „Ist der Einsatz von Robotern heute noch die Ausnahme, wird dies in der produzierenden Industrie in ein paar Jahren umgekehrt sein.“

Cobots von TQ könnten binnen weniger Stunden programmiert und in die Fertigung integriert werden. Die Kunden könnten mithilfe von Apps die Maschinen dann sehr flexibel und für verschiedene Aufgaben einsetzen.

Damit seien die Cobots nun auch erstmals für Kleinbetriebe wirklich interessant. Das liegt auch an gesunkenen Preisen. Inzwischen sind die einarmigen Roboter oft schon für etwa 15.000 Euro zu haben. „Das amortisiert sich bei vielen Anwendungen in weniger als einem Jahr“, sagt Stahl. Zuletzt kaufte zum Beispiel ein Zerspanungs-Techniker einen Cobot von TQ – und kurz darauf bereits den zweiten.

In der Branche steht TQ mit seinem Optimismus nicht allein da. Corona werde den Firmen einen zusätzlichen Schub geben, glaubt Helmut Schmid, Vorsitzender des Deutschen Robotik-Verbands. „Roboter können 24 Stunden arbeiten und stecken niemanden an“, sagte Schmid dem Handelsblatt. „Wir gehen daher davon aus, dass Roboter zu den Gewinnern der Pandemie gehören werden.“

TQ setzt auf eine breite Aufstellung

Auch andere Unternehmen neben TQ arbeiten an einer einfacheren Programmierbarkeit von Cobots. So hat zum Beispiel das Dresdner Start-up Wandelbots einen sogenannten TracePen entwickelt, mit dem sich Roboter sehr einfach bedienen lassen können.

Die ersten größeren, industriell einsetzbaren, kollaborativen Roboter seien aus Deutschland gekommen, sagt Stahl mit Blick auf Kuka. „Nun ist das Unternehmen in chinesischer Hand.“ Deutschland habe eine starke Forschung und Wissenschaft. „Wir dürfen nicht zulassen, dass das, was wir mit Steuermitteln erforscht und entwickelt haben, nach China abwandert und dort industrialisiert und genutzt wird“, warnt Stahl.

Die TQ-Gruppe hat den Vorteil, dass sie Kunden, die zum Beispiel Elektronikmodule mit der neuesten Prozessor-Generation bestellen, gleich Roboter mitanbieten kann, die bei der Fertigung oder der Prüfung von Platinen helfen.

Die Kunden sind anfangs skeptisch gewesen, doch das hat sich geändert: „In den vergangenen zwölf Monaten haben wir unzählige Anfragen von Mittelständlern bekommen“, sagt Stefan Schneider, ebenfalls Geschäftsführer der TQ.

Der 37-jährige Sohn von Mitgründer Detlef Schneider hat Wirtschaftsingenieurswesen studiert und zwischendurch unter anderem bei Heine Optotechnik gearbeitet. Vor gut zehn Jahren trat er dann aber doch in den Familienbetrieb ein. Heute verantwortet er vor allem die Produktionsthemen.

Im Unternehmen hatte man auch schon einmal gehofft, die 500 Millionen Euro Umsatz etwas früher zu erreichen – nun soll es in den nächsten drei Jahren so weit sein. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren erzielte die TQ-Gruppe Erlöse von 100 Millionen Euro.

Doch alles auf eine Karte setzen – zum Beispiel auf die Robotik – wird TQ nicht. In der Coronakrise profitierte der Konzern von seiner breiten Aufstellung in gleich mehreren Wachstumsbranchen.

Als die Aufträge aus der Luftfahrtindustrie plötzlich ausblieben, konnten andere Felder die Einbußen mehr als wettmachen. Gestemmt wurde das Wachstum bislang aus eigener Kraft. „Wir sind bislang ohne Banken und ohne Investor ausgekommen, und so soll es auch bleiben“, sagt Detlef Schneider.