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Raus aus dem Lockdown: Bundesländer preschen vor dem Gipfel mit Merkel vor

Die Bundeskanzlerin hat klare Vorstellungen von einer vorsichtigen Rückkehr zur Normalität. Doch die Länder schaffen Fakten – zuletzt Mecklenburg-Vorpommern.

Das Tourismusland Mecklenburg-Vorpommern beendet noch vor Pfingsten das mehrwöchige Einreiseverbot für auswärtige Touristen. Foto: dpa
Das Tourismusland Mecklenburg-Vorpommern beendet noch vor Pfingsten das mehrwöchige Einreiseverbot für auswärtige Touristen. Foto: dpa

Die Kanzlerin hatte nach der letzten Schaltkonferenz mit den Regierungschefs der Länder klare Vorstellungen, wie es bei der vorsichtigen Lockerung der Corona-Maßnahmen weitergehen sollte. Angela Merkel mahnte: Zunächst müsse abgewartet werden, wie sich die Öffnungen im Einzelhandel auf das Infektionsgeschehen auswirkten.

Entscheidungen für eine weitere schrittweise Normalisierung des Wirtschaftslebens, vor allem in der Gastronomie und im Hotelgewerbe, sollten daher frühestens Mitte Mai fallen. In ihrer Pressekonferenz am vergangenen Donnerstag erklärte Merkel, die zuständigen Fachminister der Länder würden nun erst einmal Konzepte erarbeiten, die dann zu gegebener Zeit beraten werden sollten.

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Doch einige Bundesländer wollen nicht mehr abwarten und haben noch vor der nächsten Bund-Länder-Runde am Mittwoch Fakten geschaffen. Am weitesten ging Niedersachsen: Schon ab kommender Woche sollen Restaurants, Cafés und Biergärten unter Auflagen wieder öffnen dürfen. Die Beschränkung der Verkaufsfläche im Einzelhandel auf 800 Quadratmeter soll fallen.

Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) erklärte stolz, mit dem „Niedersächsischen Weg in einen neuen Alltag mit Corona“ als erstes Land ein Gesamtkonzept für alle Bereiche vorgelegt zu haben. Zugleich beendet der niedersächsische Weg endgültig Merkels Versuche, den Bund und die 16 Länder im Gleichschritt zu halten.

Regierungssprecher Steffen Seibert schien überrascht, als er in der Bundespressekonferenz von den kurz vorher verkündeten Plänen aus Niedersachsen hörte. Natürlich seien die regelmäßigen Beratungen von Bund und Ländern weiter sinnvoll, sagte er. Es sei immer so gewesen, dass es bei den Corona-Maßnahmen „regionale und lokale Nuancen“ gegeben habe. Das Wichtigste sei aber eine „gemeinsame Strategie“. Allerdings ist zunehmend schwieriger zu erkennen, wo die strategischen Gemeinsamkeiten liegen.

Ostsee-Urlaub wird möglich

In Mecklenburg-Vorpommern sollen Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen wieder öffnen – ab dem 18. Mai und zunächst nur für Einheimische. Darauf einigten sich am Montagabend Vertreter von Landesregierung und Gastgewerbe. Zum 25. Mai soll dann das seit Mitte März geltende Einreiseverbot für Touristen aus anderen Bundesländern aufgehoben werden.

Den Hotels soll eine Vermietung von maximal 60 Prozent ihrer Bettenkapazitäten erlaubt werden. Damit wäre nach dem verpassten Ostergeschäft Pfingsturlaub von Ende Mai an der Ostsee oder in der Mecklenburgischen Seenplatte wieder für alle Bundesbürger möglich. Trotz geringerer Infektionsquote hält das Land jedoch bis auf weiteres an der strengen Zwei-Personen-Regel für Kontakte im öffentlichen Raum fest.

In Sachsen-Anhalt hingegen weichte die schwarz-rot-grüne Landesregierung schon am Wochenende die wegen Corona verhängten Kontaktbeschränkungen deutlich auf. In dem ostdeutschen Land dürfen sich nun bis zu fünf Menschen in der Öffentlichkeit treffen, statt mit maximal einer Person außerhalb des eigenen Haushalts unterwegs zu sein.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) stellte in der „Rheinischen Post“ den Ansatz der Bundesregierung infrage, eine gemeinsame Linie in Deutschland zu verfolgen. Die Länder sollten selbst bestimmen, „zu welchem Zeitpunkt was startet“. Laschets Familienminister Joachim Stamp (FDP) hatte bereits am Montag erklärt, sein Land werde die Kitas im Alleingang wieder aufmachen, sollte sich die Kanzlerin am Mittwoch gegen einen einheitlichen Öffnungskurs sperren.

Gesundheitsminister Jens Spahn kritisierte am Dienstag das Vorpreschen der Länderchefs. Er verstehe die Debatte, aber es sei genauso wichtig, „dass wir auch Verlässlichkeit und Vertrauen geben durch klare Kriterien und ein gemeinsames Vorgehen“, sagte er im Deutschlandfunk. „Dass so wenige Tage vor einer Runde der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin, der Bundesregierung, allzu viele unterschiedliche Signale durch Entscheidungen bereits gesetzt werden, das ist natürlich nicht das, was zu einem einheitlichen Vorgehen beiträgt.“

Disziplin und Geduld in Bayern

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der an der Seite der Kanzlerin für Disziplin und Geduld in der Coronakrise wirbt, kritisierte das Vorpreschen der Länderkollegen. Söder sagte am Montag, er sei ein „bisschen unglücklich“ darüber, dass manche Länder jetzt schon über das hinausgingen, was man zwischen Bund und Ländern vergangene Woche vereinbart habe.

Wenige Stunden später klang aber auch Söder etwas anders: „Wir können keinen verpflichten, etwas genau so zu tun wie der andere.“ Es sei nun besser, Bewertungsmaßstäbe zu setzen, Zahlenmaterial mit „Ampeln von Grün bis Rot“, und dann müsse jedes Land selber entscheiden. „Das wäre das jetzt effizientere Verfahren, als kleinste Fragen jede Woche zu entscheiden, die sich dann zwei Tage später wieder überholt haben.“

Das bayerische Kabinett will am Dienstag einen umfassenden Fahrplan für Lockerungen beschließen. Es solle dazu ein langfristiges Konzept geben, verlautete aus Regierungskreisen. Es werde einen Fahrplan für nahezu alle Bereiche geben, von Schule und Kitas über Gastronomie und Hotels bis hin zu Pflegeheimen. Zudem muss das Kabinett entscheiden, ob die Ausgangsbeschränkungen Bestand haben oder nun gelockert werden. Welche Maßnahmen wann gelockert werden, wollen Söder und mehrere Minister am Mittag bekanntgeben.

Bei der Schaltkonferenz am Mittwoch sind nach Angaben der Bundesregierung Beschlüsse zu den Bereichen Schule, Kita und Sport geplant. Die Kultusministerkonferenz hatte ein Konzept ausgearbeitet, wie der Schulbetrieb in der Coronakrise wieder hochgefahren werden kann.

Bis zu den Sommerferien könnte es demnach keine Rückkehr zum normalen Unterricht geben. Kinder und Jugendliche sollen aber zumindest abwechselnd in der Schule und mit digitalen Mitteln zu Hause unterrichtet werden.

Bei den Kitas bereiteten die zuständigen Landesminister mit dem Bundesfamilienministerium einen Stufenplan vor, der über eine erweiterte Notbetreuung und einen eingeschränkten Regelbetrieb bis zur vollständigen Öffnung führen soll. Die erwarteten Entscheidungen im Sportbereich werden sowohl Amateure in Vereinen als auch Profis betreffen – und damit die Frage, ob die Fußball-Bundesliga die Saison vor leeren Stadionrängen zu Ende bringt.

Seibert sagte am Montag, die Runde werde außerdem über „Perspektiven“ für Gastronomie, Hotels und Tourismus sowie weitere Kultureinrichtungen sprechen. Beschlüsse sind hier aber nicht geplant. Die Perspektiven eröffnen Länder wie Niedersachsen allerdings schon eigenständig.

Die Regierung in Hannover erklärte, in dem Bundesland gebe es „eine deutliche und nachhaltige Entspannung im Infektionsgeschehen“. Auch die Zahl der in den Krankenhäusern und insbesondere auf den Intensivstationen behandelten Corona-Patienten sei weiter rückläufig.

Öffnungsplan in Niedersachsen

Niedersachsen legte einen Öffnungsplan für verschiedene gesellschaftliche und wirtschaftliche Bereiche vor – von Kita und Schule über Handel, Gastronomie und Touristik bis zu Versammlungen und privaten Kontakten. Die Rückkehr zur Normalität soll in fünf Stufen verlaufen.

Ab dem 11. Mai soll die Restaurants, Cafés und Gaststätten im zweitgrößten Flächenland wieder öffnen, allerdings unter Hygieneauflagen und mit maximal halb gefüllt. Der Tourismus soll ebenfalls ab kommender Woche hochgefahren werden, Ferienhäuser und -wohnungen können dann vermietet werden. Ende Mai sollen Hotels folgen.

Einen konkreten Fahrplan gibt es auch für Freibäder und Freizeitparks. Die Schulen sollen vom 25. Mai an für weitere Klassen öffnen, so dass noch vor den Sommerferien alle Jahrgänge wieder zurückkehren können.

Endgültig beschließen will die rot-schwarze Regierung in Hannover ihren Plan erst nach den Bund-Länder-Beratungen am Mittwoch. Doch die Botschaft ist eindeutig. Ministerpräsident Weil sagte: „Nach all den Belastungen und Unsicherheiten haben die Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch darauf, zu erfahren, wann welche weiteren Lockerungsmaßnahmen zu erwarten sind, wenn sich das Infektionsgeschehen weiterhin so moderat entwickelt wie bisher.“

Die Kanzlerin hat derartige Öffnungssignale stets vermieden, stattdessen warnte sie vor einem „Rückfall“ im Kampf gegen das Virus.