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Pharma-Chef von Novartis wird neuer Sanofi-CEO

Die Hauptaufgabe des gebürtigen Briten Paul Hudson, der zum 1. September als Nachfolger von Olivier Brandicourt die Führung von Sanofi übernehmen soll, wird darin bestehen, die Produkt-Pipeline des französischen Pharmakonzerns zu verstärken und den Konzern wieder auf einen nachhaltigeren Wachstumskurs zu bringen.

In seinen drei Jahren bei Novartis hat er aus der Sicht vieler Experten positive Impulse gesetzt und die Perspektiven des Schweizer Konzerns gestärkt, unter anderem durch erfolgreiche Produkteinführungen in Bereichen wie Gentherapie und Immunologie. Der Kapitalmarkt reagierte entsprechend positiv auf die Wahl Hudsons. Die Sanofi-Aktie legte am Freitagmorgen um fast vier Prozent zu.

Der Wechsel Hudsons von Basel nach Paris bestätigt, dass das Personalkarussell in der Pharmabranche kräftig in Schwung bleibt. Der Wechsel hochkarätiger Manager innerhalb der Branche ist im Pharmasektor an der Tagesordnung. Der 51-jährige Hudson ist derzeit Chef der Pharma-Sparte von Novartis. Bis 2016 stand er noch in Diensten des britischen Pharmakonzerns Astra Zeneca.

Sanofi hat bereits im vergangenen Jahr seine Führungsriege durch zwei weitere Topmanager von außen verstärkt. So holte man zum einen den früheren Forschungs-Chef von Roche, John Reed, als neuen globalen F+E-Chef an die Seine, zum anderen den damaligen Bayer-Pharma-Chef Dieter Weinand als neuen Leiter der wichtigen Geschäftseinheit Primary Care (Diabetes, Herz & Kreislauf etc.). Im Gegenzug wechselte Sanofi-Manager Stefan Oelrich zurück zu seinem früheren Arbeitgeber Bayer, um künftig das Pharmageschäft der Leverkusener zu führen.

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Auch Brandicourt selbst war vor vier Jahren von Bayer zu Sanofi gekommen, wo er Chris Viehbacher ablöste, der wiederum zuvor von Glaxo-Smithkline zu Sanofi gewechselt war. Vorgänger Brandicourts bei Bayer war Jörg Reinhard, der heute Verwaltungsrats-Präsident bei Novartis ist. Der britische Konkurrent Astra Zeneca wiederum wird seit 2012 vom ehemaligen Roche-Manager Pascal Soirot geführt. Dessen Nachfolger als Pharmachef von Roche, Daniel O’Day, übernahm Anfang März die Führung des US-Biotech-Konzerns Gilead.

Auch die Nachfolgerin von Hudson bei Novartis, Marie-France Tschudin, bringt internationale Erfahrung mit. Sie war Anfang 2017 zu Novartis gekommen, nachdem sie zuvor diverse Führungspositionen beim US-Biotech-Konzern Celgene verantwortet hatte.

Derartige Wechsel von Topmanagern innerhalb der Branche sind auch deshalb naheliegend, weil sich die Herausforderungen der Unternehmen in vieler Hinsicht ähneln. Das gilt auch für die beiden Pharmariesen Novartis und Sanofi. Der Schweizer Konzern kämpfte in den letzten Jahren mit einer Wachstumsschwäche aufgrund des Patentablaufs bei wichtigen Krebs- und Herzkreislaufmedikamenten.

Sanofi wiederum wurde vor allem von heftigen Einbußen im wichtigen Diabetes-Geschäft gebremst. Sein Bestseller Lantus, ein modifiziertes Insulin, verbuchte insbesondere auf dem US-Markt aufgrund von Generikakonkurrenz und wachsendem Preisdruck von Seiten der Versicherer empfindliche Einbußen.

De facto bewegt sich der Pariser Konzern daher seit Jahren in einer Stagnationsphase, mit einem Pharmaumsatz von um die 30 Milliarden Euro, einem Gesamtumsatz von etwa 35 Milliarden Euro und einem bereinigten Nettogewinn, der sich seit 2010 von neun auf sieben Milliarden Euro verringerte.

Anschluss im Krebsgeschäft verloren

Sanofi hatte bereits heftig gegengesteuert und einiges in die Erneuerung der Pipeline investiert – insbesondere im Jahr 2013 mit dem Kauf des US-Biotechkonzerns Genzyme, wodurch Sanofi eine starke Position im Geschäft mit Mitteln gegen seltene Erbkrankheiten erhielt.

Brandicourt hat den Umbau in den letzten Jahren zudem mit dem Verkauf der Tierarznei-Tochter Merial vorangetrieben und den Konzern wieder stärker auf innovative sowie frei verkäufliche Medikamente fokussiert. Mit den Übernahmen der Biotechfirmen Bioverativ und Ablynx für zusammen mehr als 12 Milliarden Euro verbreiterte er im vergangenen Jahr das Produktsortiment und die Forschungs-Pipeline weiter in Richtung Biotechprodukte. Ob das für einen größeren Wachstumsschub ausreicht, bleibt vorerst offen.

Die Bilanz fällt durchwachsen aus: Zwar konnte Sanofi mit dem Neurodermitis-Medikament Dupixent einen wichtigen Zulassungserfolg verbuchen. Ein neu entwickelter Cholesterinsenker indessen entpuppte sich bisher eher als Flop. Als kompletter Fehlschlag erwies sich ein mit großen Hoffnungen verbundener Impfstoff gegen Dengue-Fieber. Hier stellte sich heraus, dass er bei einem Teil der Geimpften mehr Schaden als Nutzen anrichtete.

Schmerzhaft für Sanofi war zudem, dass man ausgerechnet im boomenden Onkologiegeschäft, wo der Konzern im letzten Jahrzehnt noch eine solide Position hielt, den Anschluss verloren hat. Sanofi verpasste hier sowohl den Schwenk in Richtung zielgerichteter Wirkstoffe als auch den Aufstieg der Krebsimmuntherapie. Mit einem stagnierenden Umsatz von 1,8 Milliarden Dollar ist Sanofi im wichtigsten Wachstumssegment der Pharmabranche weit zurückgefallen.

Das wird eine der großen Aufgaben für den neuen CEO: den Konzern hier wieder stärker voranzubringen.

Ähnliches gilt für das Diabetesgeschäft: Hier unterschätzte Sanofi lange die drohende Generika-Konkurrenz im Insulin-Bereich und die Möglichkeiten neuer Wirkstoffklassen wie etwa der SGLT-2-Inhibitoren, die in jüngerer Zeit aufgrund ihrer Vorteile mit Blick auf Herzkreislauf-Risiken Karriere machen.

Erst vor wenigen Wochen, und damit Jahre nach der Konkurrenz, erhielt auch Sanofi eine Zulassung für einen eigenen Wirkstoff aus dieser Substanzklasse, die sich nach und nach als neue Basistherapie für Diabeteskranke herauskristallisiert. Es dürfte dem Konzern schwer fallen, in diesem Bereich aufzuholen.

Mehr: Gut zwei Millionen Dollar: So viel kostet die neue Gentherapie von Novartis. Noch in diesem Jahr könnte sie auch in Europa genehmigt werden.