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„Der Petro ist reine Propaganda für die nächsten Wahlen“ – Mango-Markets-CEO im Interview

Vor fast zwei Monaten traf ich Alejandro V. Betancourt im Room77 in Berlin. Als ich ihn fragte, woher er käme, und er mit „Venezuela“ antwortete, war ich direkt gespannt, was er zu berichten hätte. Die Einschätzung aus erster Hand erachte ich als sehr wertvoll. Alejandro erzählte mir, dass er Gründer und CEO von Mango Markets ist, einer der drei Kryptobörsen in Venezuela. Da musste ich ihn einfach interviewen.

Alejandro, wie ist die Lage in Venezuela gerade?

Das Land ist gelähmt und bankrott. Jede Industrie geht stark zurück oder ist schon tot. Die wenigen Leute, die noch eine Arbeit haben, bekommen so wenig Gehalt, dass sich die Busfahrt zur Arbeit nicht lohnt. Selbst das öffentliche Verkehrsnetz kommt langsam zum Stillstand, weil die Instandhaltung und Reparatur der Busse und Züge zu teuer ist (viele Ersatzteile müssen importiert werden). Die Straßen sind verlassen – eine Mischung aus Unsicherheit, die Zahl der Arbeitslosen, die Leuten, die das Land verlassen haben, und die reduzierte Zahl der Fahrzeuge (neue Autos werden schon seit Jahren nicht mehr verkauft).

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Die meisten Menschen verbringen ihren Tag damit, in Schlangen zu warten, um substituiertes Essen zu kaufen, das sporadisch an verschiedenen Orten der Stadt verkauft wird, bevor es nichts mehr gibt. Die restlichen Leute müssen sich auf Remittences verlassen, die sie von Familienmitgliedern aus anderen Ländern erhalten. Die letztere Gruppe kauft Essen von der zuerst genannten Gruppe für deutlich höhere Preise. Der Verkauf von substituierten Gütern auf dem Schwarzmarkt wird auch „bachaqueo“ genannt.

Wie konnte es dazu kommen?

Der Ursprung der Krise liegt in der Währung. Jahrelang war der Ölpreis hoch – signifikant höher (bis zu 150 US-Dollar) als die durchschnittlichen 40 US-Dollar pro Fass des National Budget. Die Regierung sollte von 40 US-Dollar das Ölfass vollständig finanziert werden, die Differenz ging an die Exekutive für „Ermessensausgaben“. Etwas von dem Geld wurde für die Finanzierung von populistischen Initiativen wie das Verschenken von Waschmaschinen und Essen verwenden – vor allem in Wahlzeit. Staatsausgaben waren exzessiv, obwohl nicht viel dabei herum kam. Der Rest des Geldes ist einfach verschwunden.

Als der Ölpreis in den Boden fiel, musste eine ausgabensüchtige Regierung mit einem Volk betrunken von kostenlosen Gütern umgehen. Um mit den Erwartungen Schritt zu halten, druckten sie Geld (Bolivar). Die Regierung stellt über die Hälfte der Arbeiter an (inklusive staatseigene Unternehmen) und das monatliche Gehalt bestand aus frisch gedrucktem Bargeld.

Inflation und Hyperinflation sind laufende Probleme. Um das „in Angriff zu nehmen“, hatte die Regierung Währungskontrollen für die letzten 15 Jahre eingeführt. Der Wechselkurs zwischen Bolivares und US-Dollar war willkürlich hoch gesetzt und nur für Leute mit guten Verbindungen zur Regierung zugänglich. Der Rest der Wirtschaft operiert auf einem Schwarzmarkt. Das Hauptproblem mit einem Schwarzmarkt ist, dass er ineffizient und unsicher ist. Es gibt keine Möglichkeit, den tatsächlichen Wechselkurs zu bestimmen. Die meisten Leute verlassen sich auf ominöse Webseiten, die ihre Preise alle zwei Tage manuell aktualisieren. Betrug ist weit verbreitet und wird nicht berichtet, weil der Austausch mit Fremdwährungen bereits unter Strafe steht.

Welche Rolle spielen Kryptowährungen in diesem Fiasko?

Während die Bevölkerung schnell das Vertrauen in den Bolivar verliert und unter den staatlichen Restriktionen leiden muss, gewinnen Kryptowährungen rapide an Popularität. Das Hauptmerkmal ist die limitierte Geldmenge und die Möglichkeit, das Geld schnell und günstig weltweit zu versenden (ein ausländisches Bankkonto eröffnen ist nicht einfach). Viele Venezolaner erhalten gerade Remissionen in Kryptowährung, die sie zum Überleben brauchen. Viele Leute minen auch, um sich ihren Lebensunterhalt leisten zu können.

Was hältst du vom Petro?

Eine gute Idee, die von inkompetenten und korrupten Leuten gekidnappt wurde und stattdessen als Propaganda fungiert.

Warum brauchen Staaten Kryptowährungen, wenn sie doch schon das Monopol auf ihre Nationalwährungen haben? Wie viele unprofessionelle Projekte und Betrugsversuche waren auch die kommunistischen Beamten von ICOs und der Aussicht auf leichtes Geld angezogen.

Die Argumentation der Regierung in der Kreation des Petro war:

  1. Man braucht Geld. (Sie sind nicht mehr in der Lage, Geld durch andere Quellen zu sammeln. Das liegt zum einen an der aktuellen Verschuldung und Risikobewertung, zum anderen an den internationalen Sanktionen der USA.)

  2. Traditionelle Kryptowährungen betten das nötige Vertrauen in den unveränderlichen Open Source Code ein. Alle Teilnehmer können diesen überprüfen, sich entscheiden teilzunehmen und sicher sein, dass niemand die Macht hat, die Regeln zu ändern. Allerdings möchte eine Regierung, die alles kontrolliert, nicht die Kontrolle über ihre frisch geschürften Münzen aufgeben.

  3. Wenn du nicht dem Code vertrauen kannst, musst du dem Herausgeber vertrauen. Und niemand vertraut der Regierung. Deshalb mussten sie sich einfallen lassen, wie sie die Währung sichern könnten. Öl ist das einzige, was sie haben – also wurde es eine „Öl-gesicherte“ Kryptowährung.

  4. Nur, dass es nicht wirklich gesichert ist – also nicht 1 Petro = 1 Fass Öl. Das Öl soll mehr als Garantie dienen, wenn alles den Bach runter geht. Es gibt eine komplizierte und nicht bekannt gegebene Methode das Öl zu beanspruchen. Mit anderen Worten, man wird das Öl niemals sehen.

Das ganze Unterfangen ist das neuste Netz an Korruption, Oppertunismus und sozialer Kontrolle, die das Regime charakterisiert.

Die meisten Leute haben das Vertrauen verloren, als am Veröffentlichungstag des White Papers der Präsident plötzlich verkündete, dass der Petro nicht mehr im Ethereum-Netzwerk existiert, sondern in NEM (New Economy Money). Der NEM-Vertrag zeigt, dass mehr Petros herausgegeben werden können. Sie behaupten Milliarden verkauft zu haben, aber kein einziger Petro hat die Haupt-Wallet verlassen.

Ich glaube, dass es sich Um eine Propaganda-Farce für die nächsten Wahlen handelt. Sobald diese vorbei sind, werden sie das Projekt vergessen, wie alle ihre „grandiosen“ Projekte. Sie haben weder das Interesse noch die Fähigkeit den Petro zu implementieren.

Wie lang wird die Situation anhalten?

Der Umbruch könnte über Nacht kommen. Die Bevölkerung ist sehr wütend und frustiert. Hunger getriebene Gewalt ist nur eine Frage der Zeit. Große Teile der Bevölkerung verhungern, während eine handvoll Kameraden Millionen von Dollars in Übersee horten. Niemand wird die korrupten Milliardäre verteidigen, wenn das Volk für sie kommt.

Was kann der Rest der Welt von Venezuela lernen?

Wählt keine Regierung, die behauptet „für die Armen“ zu herrschen. Ihr erklärtes Ziel ist einfach: Sie werden dafür sorgen, dass du arm bleibst, damit du weiter für sie wählen gehst. So können sie für immer an der Macht bleiben. Wählt für Regierungen, die ermöglichen. Wir brauchen kleine Regierungen, die jedem erlauben, die beste Version seiner selbst zu werden, anstatt den Erfolg zu bestrafen.

Venezuela könnte ein Fallbeispiel für die Blockchain werden. Es ist das Land, das am wahrscheinlichsten die traditionelle Rolle des Staates durch bürger-geführte Initiativen ersetzt. Das passiert bereits mit der Währung. Bald wird es noch mehr Wettbewerb, Kollaboration und Zugriff auf Informationen geben, die nicht von Autoritären aufgehalten werden können.

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Source: BTC-ECHO

Der Beitrag „Der Petro ist reine Propaganda für die nächsten Wahlen“ – Mango-Markets-CEO im Interview erschien zuerst auf BTC-ECHO.