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Oops, uns droht eine Zweiklassengesellschaft

Am Sonntagabend hätte er sich als Einziger über Kim gefreut. Als Einziger weltweit. Über Kim Jong-un, den Schrecklichen, der ihn hätte retten können. Zumindest wäre es dem Diktator wohl ein Leichtes gewesen, mit seinem Trojaner WannaCry die Dateien mit den Resultaten in den NRW-Wahlcomputern vor der Veröffentlichung zu blockieren – und damit SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz ein bisschen Luft zu verschaffen.

Am besten bis zur Bundestagswahl. Doch es kam anders. Nordkoreas Hackertruppen, die vermutlich hinter dem weltweiten Angriff stecken, ließen Genosse Schulz im Stich. Dafür blockierte die größte Cyberattacke der Geschichte rund um den Globus Tausende von Rechnern, unter anderem in Krankenhäusern, Autofabriken und bei der Deutschen Bahn. „Oops“ stand auf deren Anzeigetafeln – und das Versprechen der Erpresser, gegen die Zahlung von Bitcoins die Daten aus der Geiselhaft zu entlassen.

Was da übers Wochenende ablief, war wohl einer der lautesten Weckrufe für die deutsche Wirtschaft. Vom Fukushimamoment des Internetzeitalters zu sprechen klingt maßlos übertrieben.

Aber die Richtung stimmt schon. Schlagartig wurde allen klar, dass die totale Vernetzung böse enden kann, wenn keiner aufpasst. Dass der Weg zum Ziel Industrie 4.0 noch nicht geschafft ist, weil wichtige Voraussetzungen dafür fehlen. Und das liegt nicht nur an der Disziplin Cybersecurity, in der es Deutschland im internationalen Vergleich lediglich auf die hinteren Plätze schafft. Vor allem in Sachen Verbindungsgeschwindigkeit spielt das Land mindestens zwei Ligen zu tief. Mit einem Durchschnittswert von 14,6 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) schaffen es die Deutschen auf Platz 25, bei Spitzenübertragungsraten gar nur auf Platz 45. Die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt bewegt sich im Rennen um das schnelle Netz auf der Kriechspur. Lahm und löchrig, das ist Internet auf Deutsch.

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Doch hierbei handelt es sich nur um Durchschnittswerte. Die wahren Tragödien spielen sich nicht in den Hightechtowern der Großkonzerne in Frankfurt, München oder Düsseldorf ab, sondern in Tausenden von tristen Gewerbegebieten. Weit weg von Glasfasernetzen und professioneller Unterstützung warten Unternehmer auf die Zukunft. Diese Mittelständler versuchen sich trotz widriger Rahmenbedingungen wacker über Wasser zu halten und drohen dennoch den Anschluss zu verlieren – zumal sich kein hipper Netznerd zum Arbeiten in die Provinz verirrt. Fußballverein, Kirchenchor und Biertrinken im Dorfkrug kauft die Generation Y als Freizeitprogramm nun mal nicht. Natur statt Netflix reizt nur die wenigsten.

Wenn jetzt im Wahlkampf von Merkel bis Schulz alle Zukunftspläne für Deutschland und Großinvestitionen in die Digitalisierung fordern, dann muss das in erster Linie den Hidden Champions fernab der Zentren zugutekommen. Andernfalls droht eine Zweiklassengesellschaft, die die Statik der hiesigen Wirtschaft gefährdet. Großkonzerne drin, der Rest draußen, eine Art digitale Apartheid. Das würde nur Kim freuen. Oops.

KONTEXT

Digital or dead: So überleben Sie die digitale Zukunft

Digitalisierung muss oberste Priorität haben

Die Digitalisierung wird mittelfristig das Kerngeschäft der meisten Unternehmen beeinflussen. Führungskräfte müssen analysieren (lassen), wie sich die Spielregeln für ihre Branche verändern und die einzelnen Herausforderungen zu ihrer persönlichen Agenda machen.

Quelle: Digital or dead von Serhan Ili und Ulrich Lichtenthaler

Finden Sie die Mitte zwischen Effizienz und Innovation

Viele Firmen konzentrieren sich darauf, vor allem die Effizienz ihrer Produktion durch neue Technologien zu stärken. Wer sich aber ausschließlich auf technologiegetriebene Effizienzsteigerung konzentriert, verschenkt in Zukunft Wachstumschancen. Denn diese entstehen durch digitale und analoge Innovationen.

Probieren Sie verschiedene Apps aus

Führungskräfte müssen besonders vielversprechende digitale Lösungen für ihr Unternehmen identifizieren. Wenn sie ein oder mehrere Tools in der engeren Auswahl haben, sollten sie das Ausprobieren der Software im Unternehmen fördern.

Entwickeln Sie eine langfristige Lösung

Neben dem kurzfristigen Ausprobieren müssen Unternehmen auch langfristig für ihre IT-Zukunft planen. Schließlich sollen die neuen Softwarelösungen, die zum Geschäftsmodell passen, auch in die bestehende Unternehmens-IT integriert werden.

Entwerfen Sie ein passendes Geschäftsmodell

Der Ausgangspunkt der Digitalisierungsinitiative sollte keinesfalls die IT sein. Vielmehr sollten die damit befassten Entscheider zunächst ein klares Bild davon haben, welchen Nutzen die Digitalisierung dem Unternehmen bringen sollte. Auf dieser Grundlage sollte alsdann zunächst ein passendes Geschäftsmodell für die digitalen Aktivitäten entwickelt werden, bevor dieses dann innerhalb der IT tatsächlich umgesetzt wird.

Bedenken Sie mögliche Gefahren durch IT-Dienstleister

Eine zentrale Gefahr für Industrieunternehmen ist das Auftreten neuer Komplettlösungsanbieter wie Uber, die direkt an der Schnittstelle zum Kunden arbeiten und diese besetzen. Umgehen kann man diese Gefahr mit der Entscheidung für eine interne Digitalisierungslösung.

Statten Sie den Chief Digital Officer mit mehr Macht aus

Eine Stelle wie die des CDO zu schaffen, der die Digitalisierungsbemühungen koordiniert, ist sehr hilfreich. Der Chief Digital Officer braucht aber auch genügend Macht und Einfluss innerhalb des Unternehmens. Wenn sein Posten nur eine Alibifunktion innehat, nützt das wenig.

Begreifen Sie die Digitalisierung an Chance

Über die koordinierende Funktion des Chief Digital Officers hinaus beinhaltet die Digitalisierung eines Unternehmens üblicherweise weitere, größere Veränderungen, die ein gewisses Maß an Beteiligung des ganzen Unternehmens erfordert. Die Unternehmenslenker müssen eine überzeugende Digitalisierungsgeschichte entwickeln, um die Einsatzbereitschaft aller Beteiligten sicherzustellen.

Verankern Sie bewegliche Innovationsprozesse im Unternehmen

Unternehmen müssen bewegliche und flexible Innovationsprozesse anstoßen und weiterentwickeln - zumindest als Ergänzung für traditionellere, systematische Prozesse. Darüber hinaus ist es unabdingbar, ganze Produktlösungen innerhalb des geschäftlichen Umfelds zu optimieren, anstatt nur einzelne Produktspezifika zu verändern.

Nutzen Sie externe Innovationskatalysatoren

Digitalisierung erfordert neue Kompetenzen und beinhaltet oft die Veränderung bekannter und bewährter Geschäftsmodelle. Daraus folgt, dass Unternehmen offen für Hilfe von außen, nämlich von Digitalisierungsexperten, sein sollten, um den größtmöglichen Nutzen aus Innovation und den dazugehörigen Kompetenzen ziehen zu können.