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Was hinter den neuen Discountern steckt

Was macht eigentlich Tengelmanns Karl-Erivan Haub? Mit Hilfe von Kik-Gründer Stefan Heinig unter der Marke Black.de einen Angriff im Billigsegment starten. Doch dort wartet schon die niederländische Gruppe Action.

Mit nicht so schönen Ecken in Deutschlands Städten kennt Karl-Erivan Haub sich aus. Die Unternehmenszentrale im Stadtteil Speldorf von Mülheim an der Ruhr liegt nah einer Bahnlinie, Besucher der Stadt verirren sich kaum zwischen den Fußballplatz des VfB Speldorf und dem Neubau der Hochschule Ruhr-West.

Es sind nur neun Kilometer, die Haub, der Chef der Tengelmann-Gruppe, zurücklegen müsste, um sich im schmucklosen Gewerbegebiet von Duisburg Kaßlerfeld eine seiner jüngsten Aktivitäten anzuschauen. Eine Filiale der Marke Black.de, mit Zufahrt vorbei am Chinarestaurant Asia Palace und in direkter Nachbarschaft zu Detlev Louis Megashop. Sie gehört über Umwege und Beteiligungen zu Haubs Tengelmann-Reich.

Ein neuer Zweikampf im untersten Handelssegment steht Deutschlands Gemeinden bevor und Tengelmann steckt mitten drin: In der Partiebranche, die mit Restposten, Überproduktionen, Billigstartikel und clever am Weltmarkt vereinbarten Lieferverträgen ein Sortiment für diejenigen zusammenstellt, die vor allem auf eines schauen: den Preis.

Das Angebot aus diesen Kanälen führt zu unübersichtlicher Fülle und einer zusammenhangslosen Varianz. „Das Segment ist nicht neu, Billigstheimer wird es immer geben, Ramsch gehört zum Konsum“, sagt David Bosshart vom Gottlieb Duttweiler Institut in Zürich, das sich mit den Handelsstrukturen unter anderem in Deutschland beschäftigt.

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In der schwarzen Ecke: „Black.de – massiv günstig“. Es ist eine Tochter von Tedi, an der Tengelmann beteiligt ist. In der anderen Ecke Action, ein Handelsunternehmen aus den Niederlanden. Der Auftritt der Spieler unterscheidet sich in Nuancen, ist dennoch sichtbar.

Black.de mit großen Expansionsplänen

In Duisburg Kaßlerfeld steht Black.de in großen Lettern auf Plakatwänden der Nachbarschaft, die zur Filiale des „legalen Schwarzmarktes“ führen. Sie ist eine der ersten von 1000, die binnen fünf Jahren in ganz Deutschland Kunden anlocken sollen. Eine stolze Zahl, die sichtbare Präsenz gewährleisten würde. Aldi Nord und Süd betreiben zusammen knapp 4100 Filialen in Deutschland.

Die Mutter Tedi ist einer jener Sonderpostenmärkte mit allem von Kerzen über Pfannenwender bis Kaugummi. An ihm ist die Gründerin, die Tengelmann-Gruppe, mit 30 Prozent beteiligt. Tengelmann, so schreibt es Haub im Geschäftsbericht für das Jahr 2015, möchte auch ohne Kaiser’s/Tengelmann weiter wachsen: „Nach Abgabe unserer Supermärkte können wir uns nun ausschließlich auf Handelsunternehmen fokussieren, die in ihrem jeweiligen Markt die klare Nummer eins sind: OBI, KiK und TEDi.“

Während Filialen des als 1-Euro-Shop gestarteten Tedi wie Resterampen wirken, in deren Regalen Platz findet, was irgendwo bei einer Havarie anfiel, wirkt die Filiale von Black in Duisburg geradezu gut strukturiert. Black setzt beim Verkauf von Fahrradflicken, Toilettensteinen oder Bratpfannen vor allem auf Ladenfläche, 800 Quadratmeter sollen es mindestens sein. Mit dieser Mischung aus aggressivem Marketing, halbwegs netter Atmosphäre und überbordendem Produktportfolio könnte Black den Markt rasch dominieren.

Action: Angriff aus den Niederlanden

Wenn da nicht Action wäre, das Konkurrenz-Unternehmen aus den Niederlanden. Action, weißblauer Schriftzug mit dem Charme einer 80er-Jahre-Krimiserie, ist mit der Eroberung der deutschen Kundschaft weiter als Black.de – bei einer gewaltigen Schnittmenge an Produkten aus Garten, Hobby, Deko, Werkzeug, Haushalt, Spiele, Süßigkeiten oder Handyhüllen.

Action expandiert so, wie sich eine Lache bildet, wenn ein Glas Wein umkippt. Wer die Karte mit den 861 Europa-Filialen betrachtet, kann in den Niederlanden von lauter Einträgen das Logo nicht mehr erkennen, nach Osten hin werden die Logos immer seltener.

In Deutschland ist das Rheinland in der Nähe zu den Niederlanden noch gut besetzt, in Sachsen ist Görlitz Actions einzige Filiale. Dabei wird es nicht bleiben. In schöner Regelmäßigkeit berichtet die Lokalpresse von Mittelbayern bis Viersen über Ladenflächen, die Action übernehmen will. Wie groß das Action-Reich schlussendlich werden soll, ist unklar. Das Unternehmen selbst reagiert auf Anfragen zu seinen Expansionsplänen nicht.

Und wie fühlt sich der Einkauf bei den Billigstheimern an?


Pophits der 80er und große Wagen

Black bietet einen Rest an Charme für Shopper, die vor allem den Preis im Blick haben. Grauer Fußboden in Holzimitat, Pophits der 80er in Mitsinglautstärke und sauber bestückte Regale in einer hellen Atmosphäre zeichnen den Shop in Duisburg Kaßlerfeld aus. Stöbern zwischen Spielzeugwerkzeug, Haarshampoo und Kuchenformen bringt Kunden eines jener Erlebnisse, die Shopping so beliebt machen von Kaßlerfeld bis Fifth Avenue: Etwas gefunden zu haben, von dem man nicht wusste, dass man es braucht. Handyhüllen für 1,39 oder Fahrräder für 88 Euro – zu preiswert, um es nicht zu mitzunehmen, während man die ungewöhnlich großen Einkaufswagen durch die breiten Gänge schiebt.

Black offeriert einige Artikel gar als Eigenmarke. Bekannte Marken, wie sie im Fachhandel üblich sind, finden sich hingegen kaum. Das Sortiment ist keine Kampfansage an eine spezielle Gattung Handel, sei es DM, Fressnapf oder Staples – es wirft den Fehdehandschuh in den Ring von Drogeriemärkten, Deko-Ketten, Baumärkten, Spielwarenläden, Technikkaufhäusern.

Bei Action ist das Bild es Sortiments ähnlich, die Atmosphäre nur trister. In Duisburg Kaßlerfeld sind die Filialen keine 500 Meter weit entfernt. Die meisten Kunden nehmen dennoch das Auto, um erst den einen, dann den anderen Laden aufzusuchen. Man trifft sich. Die Filiale des niederländischen Unternehmens teilt sich das Gebäude mit einer Bowlingbahn, viel auffälliger als der eigene Eingang, ist das Werbeplakat von Konkurrent Black – samt Wegweiser und Entfernungsangabe.

Atmosphärisch ist der Unterschied von Action zu Black ähnlich wie der zwischen den nüchterneren Filialen von Aldi Nord im Kontrast zu den geringfügig heimeligeren von Aldi Süd. Action lockt unmittelbar nach dem Eingang mit einem Regal für die Action der Woche. Eigenmarken sind nicht zu sehen, die Sortimentsmischung ähnlich diffus wie bei Black: Wer Schnellhefter braucht, findet die ebenso wie Klebeband, Autoreiniger oder Malerbedarf.

Möglich sind die Preise unterhalb derer von spezialisierten Märkten auch durch die Wahl der Immobilien. Im Gegensatz zur Ausstattungskette Butlers, die Insolvenz anmeldete mit ihren Geschäften in Innenstadtlagen, belegen die Billigheimer des Handels Flächen in sehr günstigen Lagen.

Bei der Expansion an nur wenig attraktiven Standorten und Wachstum mit der Brechstange kann Karl-Erivan Haub auf die Erfahrung eines Spezialisten darin bauen: Dem Gründer des Textildiskonters Kik, Stefan Heinig. An Tedi ist auch der Textildiscounter Kik beteiligt, hinter Kik steht der sehr öffentlichkeitsscheue Kaufmann Stefan Heinig mit seiner Holding B.H.. Ein Wikipedia-Eintrag zu der wurde gelöscht, 2007 gab er der Zeitung Welt ein Interview – ohne sich fotografieren zu lassen.

Mit kräftiger Expansion kennt Heinig sich aber aus, das verriet er in dem Interview. Und bei der Expansion von Black werden Haub und Heinig an einem Strang ziehen – da hilft es, dass laut Lebensmittelzeitung Heinigs Unternehmensgruppe im Januar 300 Filialen des Schweizer Modehändlers Vögele übernommen haben soll. Die sollen nun umgeflaggt werden – und einige, so vermuten Experten, in ganz schwarz.

KONTEXT

Die Discounter mit den zufriedensten Kunden

Zur Studie

Zur Studie: Die Service-Barometer AG hat zwischen September 2015 und August 2016 die Deutschen zu ihrer Zufriedenheit mit Discountern befragt. Vergeben werden konnten Punkte für "vollkommen zufrieden" (1), "sehr zufrieden" (2), "zufrieden" (3), "weniger zufrieden" (4) und "unzufrieden" (5).

Insgesamt sind die Deutschen mit ihren Discountern "sehr zufrieden" (2,26) - wenn auch etwas weniger als mit Supermärkten (2,20). Die Zufriedenheit mit dem Preis-Leistungs-Verhältnis (2,27) hat bei Discountern im Vergleich zur sonstigen Lebensmittelbranche einen besonders großen Einfluss auf die Gesamtzufriedenheit. Aber auch die Zufriedenheit mit Auswahl und Angebotsvielfalt allgemein (2,43) ist relevant für die Gesamtzufriedenheit.

Lidl

2,12 Punkte geben die Deutschen Lidl. ("Sehr zufrieden").

Aldi Süd

Aldi Süd bekommt 2,19 Punkte - kein nennenswerter Unterschied in der Zufriedenheit im Vergleich zu Lidl. Mit beiden Discountern sind die Deutschen im Vergleich zu anderen Discountern überdurchschnittlich zufrieden.

Aldi Nord

Leicht unterdurchschnittlich ist die Zufriedenheit mit Aldi Nord. Die Umfrageteilnehmer sind dennoch "sehr zufrieden" (2,30).

Penny

Auch mit Penny sind die Deutschen "sehr zufrieden": (2,32).

Norma

2,40 Punkte gehen an Norma.

Netto (Nord)

Netto Nord bekommt 2,42 Punkte.

Netto-Marken-Discount

Und auch mit Netto-Marken-Discount sind die Umfrageteilnehmer im großen und ganzen noch "sehr zufrieden". 2,44 Punkte.