Monte Paschi bildet das spektakuläre Schlusslicht
Der Stresstest unter den europäischen Banken kennt einen klaren Verlierer: Die italienische Bank Monte dei Paschi hat im Stresstest der Europäischen Bankenaufsicht Eba am schlechtesten abgeschnitten. Im härtesten Szenario kam bei dem ältesten Kreditinstitut der Welt eine negative Eigenkapitalquote von 2,4 Prozent heraus, wie die Eba am späten Freitagabend mitteilte. Monte dei Paschi hatte quasi in letzter Minute vor Veröffentlichung der Stresstest-Ergebnisse ein Rettungspaket geschnürt, das eine Kapitalerhöhung von fünf Milliarden Euro und den Verkauf von notleidenden Krediten im Umfang von gut neun Milliarden Euro vorsieht.
Der Test zeigt nun, wie nötig das war: Immerhin stürzt die Kapitaldecke von Monte dei Paschi unter Härtebedingungen um 14,5 Prozentpunkte ab, auch das Rekord beim dieser Fitnessprüfung für Europas Bankenwelt.
Insgesamt mussten 51 Großbanken aus 14 EU-Ländern und Norwegen beweisen, dass sie eine drei Jahre anhaltende Rezession, einen Absturz der Börsenkurse, des Euros und der Immobilienpreise ohne größere Blessuren überstehen können. Über Monate haben dazu die Banken gut 100 000 Daten gesammelt und an die Aufsichtsbehörden weitergeleitet.
Monte dei Paschi mag Klassenletzter gewesen sein. Doch andere europäische Banken, darunter die irische AIB sowie die britische Royal Bank of Scotland, haben bei der Eba-Prüfung ebenfalls massive Schwachstellen bei ihrer Kapitalausstattung offenbart. Auch die italienische Großbank Unicredit schrammte an einer Blamage nur knapp vorbei: Die Eigenkapitaldecke des größten italienischen Geldhauses schrumpfte im Härtetest auf gerade einmal 7,1 Prozent. Der Schwelle von sieben Prozent an hartem Eigenkapital wird eine wichtige Signalwirkung zugeschrieben, denn dort liegt das gesetzliche Kapital-Minimum für eine voll funktionsfähige Bank. Unicredit erwägt ebenfalls eine Kapitalerhöhung in Höhe von fünf Milliarden Euro, hatte vor kurzem die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet. Im Durchschnitt verringerte sich die Kapitaldecke der geprüften Institute von 12,6 auf 9,2 Prozent.
Gerissen haben diese Sieben-Prozent-Hürde von den 51 Teilnehmer-Banken gerade einmal fünf Institute, neben Monte dei Paschi und AIB auch die österreichische Raiffeisen-Landesbanken-Holding, der spanische Banco Popular Espanol sowie die Bank of Ireland. „Der Stresstest deutet auf jeden Fall nicht auf die Gefahr einer systemischen Krise hin“, twitterte die Finanzprofessorin und Wirtschaftsweise Isabel Schnabel.
Im Gegensatz zu vorausgegangenen Stresstest konnten die Banken dieses Mal nicht durchfallen. Denn die Institute mussten nicht eine bestimmte Kapitalhürde nehmen. Vielmehr fließen die Ergebnisse in die Entscheidungsgrundlage der Aufsichtsbehörden für die individuelle Kapitalausstattung der Banken ein. Kleiner Trost für die Geldhäuser: Das Stresstestergebnis wird nicht die Grenzwerte beeinflussen, ab der Banken einem automatischen Verbot für Dividenden- oder Bonuszahlungen unterliegen.
„Wir erkennen durchaus an, dass eine Kapitalbeschaffung im großen Ausmaß stattgefunden hat“, räumte Eba-Chef Andrea Enria ein. Immerhin haben Europas Banken ihre Kapitaldecke seit 2013 um 180 Milliarden Euro gestärkt. Dennoch könne man nicht in jedem Fall eine gesundheitliche Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellen, denn es gebe noch einiges zu tun.
Im Vorfeld des Stresstests hatte es vor allem Sorgen über das Abschneiden des italienischen Bankensektors gegeben. Schließlich schieben die Geldhäuser der Apenninhalbinsel faule Kredite im Umfang von 333 Milliarden Euro vor sich her, das entspricht einem Drittel der Problemdarlehen der gesamten Europäischen Union. Es ist das zweite Mal, dass italienische Banken bei einem Stresstest negativ auffallen. Sieht man aber einmal von Monte dei Paschi und Unicredit ab, schlugen sich andere italienische Institute wacker: Banco Popolare und UBI Banca lagen bei neun Prozent oder knapp darunter, Intesa lag mit 10,2 Prozent sogar über dem europäischen Durchschnitt.
Damit schnitten diese drei italienischen Banken besser ab als die beiden großen deutschen Geschäftsbanken: Die Commerzbank erreichte im schlimmsten Stressszenario gerade einmal eine harte Kernkapitalquote von 7,4 Prozent und damit knapp über der symbolisch wichtigen Sieben-Prozent-Marke. Die Deutsche Bank lag mit 7,8 Prozent sogar knapp davor. Das ist einigermaßen überraschend, schließlich sind die Rechtsrisiken und das Kapitalmarktgeschäft der Deutschen Bank, die beide erstmals bei einem Stresstest eine Rolle spielten, wesentlich größer als bei der Commerzbank.
Andere deutsche Stresstest-Teilnehmer wie etwa die Landesbank Baden-Württemberg, die Landesbank Hessen-Thüringen, Volkswagen Financial Services oder der Sparkassendienstleister Dekabank erreichten Werte, die über dem europäischen Durchschnitt von 9,2 Prozent lagen. Zumindest die Landesbanken profitieren allerdings auch davon, dass sie zum einen weniger Rechtsrisiken haben als etwa Deutsche Bank oder Commerzbank, die im vergangenen Jahr wegen umstrittener Iran-Geschäfte eine hohe Strafe erhalten hatte. Außerdem haben Commerzbank und Deutsche Bank ein breiter aufgestelltes Geschäftsmodell – und bieten daher bei einem Stresstest auch mehr Angriffsfläche.
Die irische AIB kam im Stresstestszenario auf eine harte Eigenkapitalquote von 4,3 Prozent. Das dürfte die Hoffnungen der irischen Regierung auf eine baldige Reprivatisierung der Bank, die im Zuge der Finanzkrise mit Steuergeldern gerettet wurde, vorerst zunichte machen. Ähnliches gilt für die britische Royal Bank of Scotland (RBS). Sie kommt zwar auf eine harte Eigenkapitalquote von acht Prozent, verliert aber im Stresstest mehr als sieben Prozentpunkte. Das ist deutlich mehr als die durchschnittliche Verschlechterung bei dieser Eba-Prüfung. Auch die britische Großbank Barclays kann nicht überzeugen. Die harte Eigenkapitalquote verschlechtert sich von 11,4 auf 7,3 Prozent im Stresstestszenario.
Der Stresstests offenbart die Schwäche der europäischen Banken und steht im starken Gegensatz zu einer ähnlichen Untersuchung in den USA vor einem Monat. Dieser hatte den Banken auf der anderen Seite des Atlantiks bescheinigt, dass sie widerstandsfähig und auch im ausreichenden Maße kapitalstark sind. Lediglich zwei Institute, die Deutsche Bank und die spanische Santander, sind dabei durchgefallen.
Generell stehen die europäischen Stresstests in der Kritik, weil sie stets die Krisenszenarien der Vergangenheit zu prüfen scheinen. Beispielsweise werden in diesem Jahr erstmals die Rechtsrisiken berücksichtig – und das zu einem Zeitpunkt, an dem der Höhepunkt der milliardenschweren Geldstrafen Analysten zufolge bei vielen Instituten überschritten ist.
Im Gegensatz dazu wurden die gravierenden Folgen der negativen Zinsen in der Eurozone für die Gewinne nicht in die Szenarien eingebaut, obwohl dies vielen Bankern derzeit als die größte Bedrohung gilt.
Die Ergebnisse der 51 getesteten Banken
Land | Bank | Kernkapitalquote | nach | nach adversem | Differenz 2015 |
AT | Erste Group Bank AG | 12.25% | 13.55% | 8.02% | -423 |
AT | Raiffeisen Landesbanken Holding GmbH | 10.20% | 12.33% | 6.12% | -408 |
BE | Belfius Banque SA | 14.65% | 17.60% | 11.41% | -323 |
BE | KBC Group NV | 14.88% | 16.18% | 11.27% | -361 |
DE | Bayerische Landesbank | 11.99% | 12.41% | 8.34% | -365 |
DE | Commerzbank AG | 12.13% | 13.13% | 7.42% | -471 |
DE | DekaBank - Deutsche Girozentrale | 13.50% | 14.17% | 9.53% | -397 |
DE | Deutsche Bank AG | 11.11% | 12.08% | 7.80% | -332 |
DE | Landesbank Baden-Württemberg | 15.98% | 15.58% | 9.40% | -658 |
DE | Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale | 13.11% | 14.42% | 10.10% | -301 |
DE | Norddeutsche Landesbank Girozentrale | 12.09% | 13.16% | 8.62% | -347 |
DE | NRW.BANK | 42.54% | 39.44% | 35.40% | -714 |
DE | Volkswagen Financial Services AG | 11.67% | 12.90% | 9.55% | -211 |
DK | Danske Bank | 15.48% | 17.66% | 14.02% | -147 |
DK | Jyske Bank | 16.00% | 19.84% | 13.99% | -201 |
DK | Nykredit Realkredit | 19.19% | 22.03% | 13.86% | -533 |
ES | Banco Bilbao Vizcaya Argentaria S.A. | 10.27% | 12.03% | 8.19% | -208 |
ES | Banco de Sabadell S.A. | 11.72% | 12.81% | 8.04% | -369 |
ES | Banco Popular Español S.A. | 10.20% | 13.45% | 6.62% | -358 |
ES | Banco Santander S.A. | 10.19% | 13.17% | 8.20% | -199 |
ES | BFA Tenedora de Acciones S.A.U. | 13.74% | 14.42% | 9.58% | -417 |
ES | Criteria Caixa, S.A.U. | 9.65% | 10.97% | 7.81% | -184 |
FI | OP Financial Group | 19.16% | 20.92% | 14.61% | -455 |
FR | BNP Paribas | 10.87% | 12.09% | 8.51% | -236 |
FR | Groupe BPCE | 12.78% | 14.36% | 9.47% | -331 |
FR | Groupe Crédit Mutuel | 15.55% | 16.62% | 13.38% | -216 |
FR | Groupe Crédit Agricole | 13.68% | 14.81% | 10.49% | -319 |
FR | La Banque Postale | 14.51% | 14.95% | 9.82% | -470 |
FR | Société Générale S.A. | 10.91% | 11.61% | 7.50% | -341 |
HU | OTP Bank Nyrt. | 12.94% | 14.56% | 9.22% | -372 |
IE | Allied Irish Banks plc | 13.11% | 13.90% | 4.31% | -880 |
IE | The Governor and Company of the Bank of Ireland | 11.28% | 15.03% | 6.15% | -513 |
IT | Banca Monte die Paschi di Siena S.p.A. | 12.07% | 12.24% | ?2.44% | -1451 |
IT | Banco Popolare - Società Cooperativa | 12.39% | 14.61% | 9.00% | -339 |
IT | Intesa Sanpaolo S.p.A. | 12.47% | 12.80% | 10.21% | -226 |
IT | Unicredit S.p.A. | 10.38% | 11.47% | 7.10% | -329 |
IT | Unione Di Banche Italiane Società Per Azioni | 11.62% | 13.01% | 8.85% | -277 |
NL | ABN Amro Group N.V. | 15.44% | 16.20% | 9.53% | -591 |
NL | Coöperatieve Rabobank U.A. | 11.97% | 13.33% | 8.10% | -387 |
NL | ING Groep N.V. | 12.70% | 12.50% | 8.98% | -371 |
NL | N.V. Bank Nederlands Gemeenten | 26.17% | 28.05% | 17.62% | -855 |
NO | DNB Bank Group | 14.31% | 16.56% | 14.30% | -1 |
PL | Powszechna Kasa Oszczędności Bank Polski SA | 13.42% | 14.73% | 11.44% | -198 |
SE | Nordea Bank - group | 16.45% | 18.60% | 14.09% | -236 |
SE | Skandinaviska Enskilda Banken - group | 18.85% | 21.55% | 16.60% | -225 |
SE | Svenska Handelsbanken - group | 21.25% | 23.09% | 18.55% | -270 |
SE | Swedbank - group | 25.08% | 27.47% | 23.05% | -203 |
UK | Barclays Plc | 11.35% | 12.48% | 7.30% | -405 |
UK | HSBC Holdings | 11.87% | 12.41% | 8.76% | -312 |
UK | Lloyds Banking Group Plc | 13.05% | 16.44% | 10.14% | -291 |
UK | The Royal Bank of Scotland Group Plc | 15.53% | 15.89% | 8.08% | -745 |
AT=Österreich, BE=Belgien, DE=Deutschland, DK=Dänemark, ES=Spanien, FI=Finnland, FR=Frankreich, HU=Ungarn, IE=Irland, IT=Italien, NL=Niederlande, NO=Norwegen, PL=Polen, SE=Schweden, UK=Großbritannien | |||||
Quelle: European Banking Authority |
KONTEXT
So haben deutsche Banken beim Stresstest 2016 abgeschnitten
EZB-Bankenstresstest - die Szenarien
Die Europäische Bankenaufsicht (EBA) hat 51 große Banken aus 15 europäischen Ländern unter die Lupe genommen. Sie prüfte mit der Europäischen Zentralbank eine ganze Reihe von Kennzahlen und testeten wie sich diese in verschiedenen Szenarien bis 2018 entwickeln dürften.
Zum einen spielte die EBA durch, wie es den Banken gehen wird, falls die Vorhersagen der Europäischen Kommission zur Konjunktur in den nächsten Jahren eintreten (Basisszenario). Zum anderen testeten sie die Institute auch im Szenario einer sehr viel schlechteren wirtschaftlichen Entwicklung (Adverses Szenario).
So haben die neun geprüften deutschen Banken abgeschnitten:
Bayerische Landesbank
Kernkapitalquote (2015): 11,99 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 12,41 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 8,34 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -365
Commerzbank
Kernkapitalquote (2015): 12,13 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 13,13 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 7,42 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -471
Dekabank
Kernkapitalquote (2015): 13,50 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 14,17 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 9,53 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -397
Deutsche Bank
Kernkapitalquote (2015): 11,11 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 12,08 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 7,80 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -332
Landesbank Baden-Württemberg
Kernkapitalquote (2015): 15,98 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 15,58 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 9,40 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -658
Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale
Kernkapitalquote (2015): 13,11 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 14,42 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 10,10 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -301
Norddeutsche Landesbank
Kernkapitalquote (2015): 12,09 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 13,16 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 8,62 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -347
NRW.Bank
Kernkapitalquote (2015): 42,54 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 39,44 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 35,40 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -714
Volkswagen Financial Services AG
Kernkapitalquote (2015): 11,67 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 12,90 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 9,55 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -211